Die Memoiren des Barry Lyndon - aus dem Königreich Irland, samt einem Bericht über seine ungewöhnlichen Abenteuer, Unglücksfälle, Leiden im Dienste Seiner Majestät des Königs von Preußen, seine Besuche an vielen europäischen Höfen, seine Heirat und ...
Gesicht. Ich weiß nicht, wie er danach aussah, denn im nächsten Moment fand ich mich unter dem Tisch wieder, zu Fall gebracht von Ulick, der mir, während ich noch stürzte, eine heftige Kopfnuss versetzte; ich bemerkte das allgemeine Gekreische und Gerenne über mir kaum, so beschäftigt war ich mit den Tritten, Hieben und Flüchen, die mir Ulick verabreichte.«Du Narr!», brüllte er. «Du Riesentölpel von Störenfried – du erbärmliches dummes Balg,» (jeweils ein Faustschlag ) «halt den Mund!» Aus diesen Schlägen Ulicks machte ich mir natürlich nichts, denn er war immer mein Freund gewesen und hatte mich mein ganzes Leben lang gewohnheitsmäßig verdroschen.
Als ich unter dem Tisch hervorkroch, waren alle Damen fort, und zu meiner Befriedigung sah ich, dass die Nase des Hauptmanns ebenso
blutete wie meine – zusätzlich hatte er auf dem Nasenrücken eine Schnittwunde, und seine Schönheit war für immer dahin. Ulick schüttelte sich, setzte sich ruhig nieder, schenkte sich ein großes Glas ein und schob mir die Flasche hin. «Da, du junger Esel», sagte er, «trink das und hör auf mit deinem Iah-Gebrüll.»
«Was soll denn um Himmels willen dieser Krach bedeuten?», fragte mein Onkel. «Hat der Junge wieder Fieber?»
«Das ist alles dein Fehler», sagte Mick mürrisch.«Deiner und all derer, die ihn hierhergebracht haben.»
«Nicht ganz so lautstark, Mick!», sagte Ulick und dreht sich zu ihm um. «Rede höflich über meinen Vater und mich und pass auf, dass ich mich nicht bemüßigt fühle, dir Manieren beizubringen. »
«Es ist aber euer Fehler», wiederholte Mick. «Was hat dieser Vagabund überhaupt hier zu suchen? Wenn es nach mir ginge, würde ich ihn auspeitschen lassen und hinauswerfen.»
«Genau das sollte man tun», sagte Hauptmann Quin.
«Versuchen Sie das lieber nicht, Quin», sagte Ulick, der mich immer in Schutz nahm, und dann, an seinen Vater gewandt: «Es ist so, Sir,
dass der junge Affe hier sich in Nora verliebt hat, und als er sie und den Hauptmann heute im Garten hat schnäbeln sehen, wollte er Jack Quin ermorden.»
«Ach Gott, er fängt ja früh an», antwortete mein Onkel durchaus gut gelaunt. «Wirklich, Fagan, der Junge ist jeder Zoll ein Brady.»
«Und ich will Ihnen folgendes sagen, Mr B.», rief Quin; er fuhr auf. «Man hat mich in diesem Haus übel beleidigt. Ich bin ganz und gar nicht einverstanden damit, wie man hier mit einem umspringt. Ich bin Engländer, jawohl, und ein vermögender Mann, und ich – ich …»
«Wenn Sie sich beleidigt fühlen und Satisfaktion wollen, vergessen Sie nicht, wir sind hier zu zweit», sagte Ulick barsch. Worauf der Hauptmann begann, sich die Nase mit Wasser zu kühlen und kein Wort mehr äußerte.
«Mr Quin», sagte ich, so würdevoll ich nur konnte, «mag sich außerdem zu jeder ihm beliebenden Zeit Satisfaktion verschaffen, indem er sich an Redmond Barry, Esquire, aus Barryville wendet.»
Bei dieser Rede brach mein Onkel in Gelächter aus (wie er es bei jeder Gelegenheit tat), und sehr zu meinem Verdruss stimmte Hauptmann Fagan in dieses Gelächter ein. Ich wandte
mich ihm zu und gab ihm recht deutlich zu verstehen, dass ich zwar für meinen Vetter Ulick, der mein Leben lang mein bester Freund gewesen war, ein Junge sein und mir von ihm grobe Behandlung gefallen lassen mochte, dass ich aber von ihm eine derartige Behandlung nicht mehr hinnehmen würde und mich auch jeder anderen Person gegenüber, die sich zu derlei erkühnte, zu ihrem Nachteil als Mann erweisen würde. «Mr Quin», setzte ich hinzu, «weiß das sehr wohl; und wenn er ein Mann ist, weiß er, wo er mich finden kann.»
Mein Onkel bemerkte nun, es werde spät und meine Mutter sei meinethalben in Sorge. «Einer von euch geht wohl besser mit ihm nach Hause», sagte er, an seine Söhne gewandt, «sonst heckt der Bursche noch weitere Streiche aus.»
Aber Ulick nickte seinem Bruder zu und antwortete:«Wir reiten beide mit Quin heim.»
«Ich habe keine Angst vor Freenys Leuten» 76 , sagte der Hauptmann mit dem schwachen Versuch eines Lachens. «Mein Bursche ist bewaffnet und ich auch.»
«Sie können sehr gut mit Waffen umgehen, Quin», sagte Ulick, «und keiner wird Ihren Mut bezweifeln; aber trotzdem begleiten Mick und ich Sie nach Hause.»
«Dann seid ihr aber doch erst morgen wieder hier, Jungs. Bis Kilwangan sind es gute zehn Meilen.»
«Wir schlafen in Quins Quartier», antwortete Ulick. «Wir bleiben eine ganze Woche dort.»
«Danke schön», sagte
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