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Die Memoiren des Barry Lyndon - aus dem Königreich Irland, samt einem Bericht über seine ungewöhnlichen Abenteuer, Unglücksfälle, Leiden im Dienste Seiner Majestät des Königs von Preußen, seine Besuche an vielen europäischen Höfen, seine Heirat und ...

Die Memoiren des Barry Lyndon - aus dem Königreich Irland, samt einem Bericht über seine ungewöhnlichen Abenteuer, Unglücksfälle, Leiden im Dienste Seiner Majestät des Königs von Preußen, seine Besuche an vielen europäischen Höfen, seine Heirat und ...

Titel: Die Memoiren des Barry Lyndon - aus dem Königreich Irland, samt einem Bericht über seine ungewöhnlichen Abenteuer, Unglücksfälle, Leiden im Dienste Seiner Majestät des Königs von Preußen, seine Besuche an vielen europäischen Höfen, seine Heirat und ... Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manesse-Verlag
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er immer bereit war.
     
    Redmond»
    Nachdem ich diese Briefe geschrieben und mit meines Vaters großem silbernen Petschaft 82 mit dem Wappen der Barrys gesiegelt hatte, ging ich zum Frühstück nach unten, wo meine Mutter natürlich schon auf mich wartete. Wir wechselten kein einziges Wort über das, was bevorstand; wir redeten im Gegenteil über alles andere  – wer am Vortag in der Kirche gewesen sei und dass ich neue Kleider brauchte, da ich so sehr gewachsen war. Sie sagte, ich müsse einen Winteranzug haben, wenn – wenn – sie diesen bezahlen könne. Bei dem «wenn» fuhr sie arg zusammen, der Himmel segne sie! Ich wusste, woran sie dachte. Und dann begann sie mir von dem schwarzen Schwein zu erzählen, das geschlachtet werden müsse, und dass sie morgens das Nest der gefleckten Henne gefunden habe, deren Eier ich so schätzte, und weitere Nebensächlichkeiten dieser Art. Einige der Eier gab es zum Frühstück, und ich verzehrte sie mit gutem Appetit; als ich aber nach dem Salz griff, stieß ich den Streuer um, worauf sie mit einem Schrei auffuhr. «Gott sei Dank» , sagte sie, «er ist zu mir hin gefallen.» Dann verließ sie den Raum, da ihr das Herz überlief. Ach! Sie haben ihre Fehler, diese Mütter, aber gibt es Frauen, die ihnen gleichkommen?

    Als sie fort war, erhob ich mich, um den Degen von der Wand zu nehmen, mit dem mein Vater den Baronet aus Hampshire besiegt hatte, und sieh da, die wackere Frau hatte ein neues Band ums Heft geschlungen, denn sie besaß wahrhaftig den vereinten Mut einer Löwin und einer Brady. Dann nahm ich die Pistolen, die immer sauber gehalten und gut geölt waren, versah die Schlösser mit neuen Feuersteinen und legte Kugeln und Pulver bereit für die Ankunft des Hauptmanns. Auf der Anrichte standen für ihn Rotwein und kaltes Geflügel, auf dem Silbertablett mit dem Wappenschmuck der Barrys außerdem eine Korbflasche mit altem Brandy und ein paar kleine Gläser.
    Jahre danach, auf dem Höhepunkt meines Glücks und Glanzes, zahlte ich dem Londoner Goldschmied, der meinem Vater dieses Tablett gefertigt hatte, fünfunddreißig Guineen und dazu fast ebenso viel an Zinsen. Ein schurkischer Pfandleiher wollte mir später nur sechzehn dafür geben; so wenig Verlass ist auf die Ehre lumpiger Geschäftsleute!
    Um elf Uhr erschien Hauptmann Fagan zu Pferde mit einem berittenen Dragoner. Dem Imbiss, den meine Mutter in ihrer Umsicht für ihn bereitgestellt hatte, erwies er gebührende
Ehre und sagte dann: «Schauen Sie, Redmond, mein Junge, das ist eine dumme Sache. Das Mädchen wird Quin heiraten, verlassen Sie sich darauf; und ebenso sicher werden Sie sie vergessen. Sie sind ja noch ein Junge. Quin ist bereit, Sie als solchen anzusehen. Dublin ist eine schöne Stadt, und wenn Sie sich dazu verstünden, dorthin zu reiten und sich den Ort einen Monat lang anzuschauen – hier sind zwanzig Guineen, über die Sie verfügen können. Entschuldigen Sie sich bei Quin und brechen Sie auf.»
    «Ein Ehrenmann stirbt, Mr Fagan», sagte ich, «aber er wird sich niemals entschuldigen. Ich will den Hauptmann hängen sehen, ehe ich mich entschuldige.»
    «Dann bleibt nur ein Treffen.»
    «Meine Stute ist gesattelt und bereit», sagte ich. «Wo findet das Treffen statt, und wer ist der Sekundant des Hauptmanns?»
    «Ihre Vettern geleiten ihn», antwortete Mr Fagan.
    «Ich werde nach dem Pferdeburschen läuten und ihn meine Stute bringen lassen», sagte ich, «sobald Sie sich ausgeruht haben.» Tim wurde entsprechend geschickt, um Nora zu holen, und ich ritt fort, ohne mich jedoch von Mrs Barry zu verabschieden. Die Vorhänge ihres Schlafgemachs
waren herabgelassen, und sie bewegten sich auch nicht, als wir aufsaßen und forttrabten … Aber zwei Stunden später hätten Sie sie sehen sollen, als sie schwankend die Treppe herunterkam, und Sie hätten den Schrei hören sollen, mit dem sie ihren Jungen ans Herz drückte, der ganz unverletzt und ohne die mindeste Schramme dastand.
    Was geschehen war, kann ich ebenso gut hier erzählen. Als wir den vereinbarten Platz erreichten, waren Ulick, Mick und der Hauptmann schon da, Quin in der leuchtend roten Regimentsuniform, groß wie nur je ein Ungeheuer, das eine Grenadierkompanie anführte. Sie lachten eben über einen Witz, den einer von ihnen gemacht hatte, und ich muss sagen, ich fand dieses Gelächter meiner Vettern, die ja möglicherweise zusammengekommen waren, um den Tod eines Verwandten zu bezeugen, höchst unpassend.
    «Ich hoffe, ich kann

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