Die Memoiren des Barry Lyndon - aus dem Königreich Irland, samt einem Bericht über seine ungewöhnlichen Abenteuer, Unglücksfälle, Leiden im Dienste Seiner Majestät des Königs von Preußen, seine Besuche an vielen europäischen Höfen, seine Heirat und ...
ich, und dabei deutete ich auf eine elegante silberbesetzte Waffe, die unter dem Bildnis meines Vaters, Harry Barry, in einem weißen Futteral aus Chagrinleder 77 an der Wand hing.
«Mit diesem Degen, Sir, hat mein Vater anno 1740 in Dublin Mohawk O’Driscol zur Ader gelassen; mit diesem Degen, Sir, ist er gegen Sir Huddlestone Fuddlestone angetreten, den Baronet aus Hampshire, und hat ihm den Hals durchbohrt. Sie haben sich zu Pferd, bewaffnet mit Degen und Pistole, auf der Heide von Hounslow 78 getroffen, wie Sie bestimmt gehört haben, und das sind die Pistolen,» (sie hingen rechts und links des Bildes) «die der kühne Barry benutzt hat. Er war gänzlich im Unrecht; er hat nämlich bei einer Gesellschaft in Brentford 79 im Trunk Lady Fuddlestone beleidigt. Aber als echter Gentleman mochte er sich keinesfalls entschuldigen, und noch ehe sie zum Degen griffen, flog Sir Huddlestone eine Kugel durch den Hut. Ich bin Harry Barrys Sohn, Sir, und ich werde handeln, wie es meinem Namen und Stand entspricht.»
«Geben Sie mir einen Kuss, mein lieber Junge», sagte Fagan mit Tränen in den Augen. «Sie sind ein Bursche nach meinem Herzen. Solange Jack Fagan lebt, wird es Ihnen nie an einem Freund oder Sekundanten fehlen.»
Armer Kerl! Nur sechs Monate später wurde er bei Minden 80 erschossen, als er Lord George Sackville 81 Befehle überbrachte, und so verlor
ich einen lieben Freund. Aber auch wir wissen ja nicht, was uns erwartet, und auf jeden Fall war dies eine fröhliche Nacht. Wir leerten eine zweite Flasche und eine dritte (jedes Mal konnte ich meine arme Mutter deswegen in den Keller steigen hören, sie kam jedoch nie selbst in den Salon, sondern ließ die Flasche vom Butler, Mr Tim, hereinbringen); und schließlich trennten wir uns, wobei er versprach, noch in derselben Nacht die nötigen Vereinbarungen mit Mr Quins Sekundant zu besprechen und mir am Morgen mitzuteilen, wo das Treffen stattfinden sollte. Seither habe ich oft darüber nachgesonnen, wie anders mein Schicksal hätte verlaufen können, wenn ich mich nicht in so jungen Jahren in Miss Nora verliebt, wenn ich Quin nicht den Wein ins Gesicht geschüttet und damit das Duell herbeigeführt hätte! Unter anderen Umständen hätte ich mich vielleicht in Irland niedergelassen (denn kaum zwanzig Meilen von uns entfernt lebte Miss Quinlan, eine Erbin, und auch Peter Burke aus Kilwangan hinterließ seiner Tochter Judy siebenhundert Pfund im Jahr, und wenn ich ein paar Jahre gewartet hätte, hätte ich eine von beiden haben können). Aber es war mein Los, ein Wanderer zu werden, und dieser Kampf mit Quin schickte
mich, wie Sie gleich hören werden, in jungen Jahren auf die Reise.
Nie im Leben habe ich besser geschlafen, wiewohl ich ein wenig früher als gewöhnlich erwachte, und selbstverständlich galt mein erster Gedanke dem, was sich an diesem Tag ereignen sollte und worauf ich bestens vorbereitet war. In meinem Zimmer gab es Tinte und Feder – hatte ich armer verliebter Narr denn nicht erst am Vortag diese Verse an Nora geschrieben? Und nun setzte ich mich nieder und schrieb noch ein paar Briefe; vielleicht, dachte ich, wären es die letzten meines Lebens. Der erste war an meine Mutter gerichtet.
«Verehrte gnädige Frau»,
schrieb ich,
«dies wird Ihnen nur ausgehändigt, wenn ich durch die Hand von Hauptmann Quin falle, dem ich heute mit Degen und Pistole auf dem Feld der Ehre entgegentrete. Sollte ich sterben, dann als guter Christ und Gentleman – wie denn auch anders, da ich doch von Ihnen, meiner Mutter, erzogen wurde? Ich vergebe all meinen Feinden – ich erbitte Ihren Segen
als pflichtbewusster Sohn. Ich wünsche, dass meine Stute Nora, die mein Onkel mir schenkte und die ich nach der treulosesten Person ihres Geschlechts benannt habe, nach Castle Brady zurückgebracht werde, und ich bitte Sie, meinen kleinen Degen mit dem silbernen Heft dem Jagdheger Phil Purcell zu geben. Empfehlen Sie mich meinem Onkel und Ulick und allen Mädchen dort, die auf meiner Seite stehen. Und ich verbleibe Ihr gehorsamer Sohn
Redmond Barry»
An Nora schrieb ich:
«Diesen Brief wird man mit dem Unterpfand, das Du mir gegeben hast, an meinem Busen finden. Es wird durchtränkt sein von meinem Blut (es sei denn, es gelänge mir, das von Hauptmann Quin fließen zu lassen, den ich hasse, dem ich aber vergebe) und sollte Dir an Deinem Hochzeitstag zur Zier gereichen. Trage es und denke an den armen Jungen, dem Du es gabst und der Deinetwegen gestorben ist, wozu
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