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Die Memoiren des Barry Lyndon - aus dem Königreich Irland, samt einem Bericht über seine ungewöhnlichen Abenteuer, Unglücksfälle, Leiden im Dienste Seiner Majestät des Königs von Preußen, seine Besuche an vielen europäischen Höfen, seine Heirat und ...

Die Memoiren des Barry Lyndon - aus dem Königreich Irland, samt einem Bericht über seine ungewöhnlichen Abenteuer, Unglücksfälle, Leiden im Dienste Seiner Majestät des Königs von Preußen, seine Besuche an vielen europäischen Höfen, seine Heirat und ...

Titel: Die Memoiren des Barry Lyndon - aus dem Königreich Irland, samt einem Bericht über seine ungewöhnlichen Abenteuer, Unglücksfälle, Leiden im Dienste Seiner Majestät des Königs von Preußen, seine Besuche an vielen europäischen Höfen, seine Heirat und ... Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manesse-Verlag
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was die zweihunderttausend Gulden auf drei Monate betrifft. Wir hatten keinen Kredit, kein Geld außer
dem auf unserem Tisch, und wir wären zur Flucht gezwungen gewesen, falls Seine Hoheit gewonnen und unsere Wechsel akzeptiert hätte. Manchmal traf es uns auch sehr hart. Eine Bank ist sicher, beinahe , aber hin und wieder hat man eben einen schlechten Tag; und Männer, die den Mut zum Glück besitzen, müssen Unglück wenigstens mit Haltung ertragen; Ersteres, glauben Sie mir, ist das Schwerere von beiden.
    Einer dieser Fälle von Unglück ereilte uns auf dem Gebiet des Herzogs von Baden, in Mannheim. Pippi, der immer nach Geschäften Ausschau hielt, wollte in dem Gasthaus, in dem wir abgestiegen waren und in dem die Offiziere der herzoglichen Kürassiere zu Abend aßen, eine Bank auflegen; demgemäß fand ein kleines Spiel statt, und ein paar armselige Kronen und Louis wechselten den Besitzer – eher, glaube ich, zugunsten dieser armen Gentlemen von der Armee, die gewiss die ärmsten Teufel unter der Sonne sind.
    Aber wie das Pech es wollte, wurden einige junge Studenten der nahen Universität Heidelberg, die wegen ihrer Quartalswechsel nach Mannheim gekommen waren und deshalb zusammen über ein paar hundert Taler verfügten, am Tisch eingeführt, und da sie nie zuvor gespielt
hatten, begannen sie zu gewinnen, wie das immer so ist. Wie das Pech es ferner wollte, waren sie angetrunken, und ich habe oft festgestellt, dass gegen Trunkenheit selbst die besten Spielkalkulationen vollkommen versagen. Ihre Spielweise war völlig wahnsinnig, und dennoch gewannen sie immer. Jede Karte, auf die sie setzten, wurde zu ihren Gunsten aufgedeckt. Innerhalb von zehn Minuten hatten sie von uns hundert Louis gewonnen. Da ich sah, dass Pippi ärgerlich wurde und das Glück gegen uns war, wollte ich die Bank für den Abend schließen und sagte, wir spielten ja nur zum Scherz und hätten nun genug davon.
    Aber Pippi, der sich an diesem Tag mit mir gestritten hatte, wollte unbedingt weiterspielen, und so kam es, dass die Studenten spielten und noch mehr gewannen; dann liehen sie den Offizieren Geld, und auch diese begannen zu gewinnen; und in einem von dichtem Tabaksqualm gefüllten Schankraum, an einem mit Bier und Schnaps besudelten Spieltisch verloren auf derart schändliche Weise drei der geschicktesten und berühmtesten Spieler Europas siebzehnhundert Louis an einen Haufen hungriger Unteroffiziere und ein paar bartlose Studenten. Noch heute erröte ich, wenn ich daran
denke. Als wären Karl XII. 228 oder Richard Löwenherz 229 vor einer unwichtigen Festung von unbekannter Hand gefallen (wie mein Freund Mr Johnson 230 schrieb) – wahrlich eine überaus schmachvolle Niederlage.
    Und es war auch nicht die einzige. Als unsere armen Bezwinger gegangen waren, ganz verwirrt ob der Schätze, die Fortuna ihnen vergönnt hatte (einer dieser Studenten nannte sich Baron de Clootz 231 und war vielleicht jener, der später in Paris den Kopf verlor), nahm Pippi die Streiterei vom Vormittag wieder auf, und zwischen uns wurden einige sehr heftige Worte gewechselt. Ich erinnere mich unter anderem daran, dass ich ihn mit einem Schemel niederschlug und aus dem Fenster werfen wollte; aber mein Onkel, der ganz ruhig blieb und wie üblich feierlich gefastet hatte, trat zwischen uns, es kam zu einer Versöhnung, Pippi entschuldigte sich und gab zu, im Unrecht gewesen zu sein.
    Ich hätte jedoch meine Zweifel an der Ehrlichkeit des treulosen Italieners haben sollen; eigentlich hatte ich ihm nie zuvor im Leben ein einziges Wort geglaubt und weiß nicht, warum ich diesmal so töricht war, ihm zu trauen, zu Bett zu gehen und ihm die Schlüssel zu unserer Geldkassette zu überlassen. Nach unserem Verlust
an die Kürassiere enthielt sie an Wechseln und Geld noch beinahe achttausend Pfund Sterling. Pippi bestand darauf, unsere Versöhnung mit einer Schüssel Glühwein zu besiegeln, und ich zweifle nicht daran, dass er ein Schlafmittel in den Trank goss, denn mein Onkel und ich schliefen beide bis spät in den Morgen und erwachten mit heftigen Kopfschmerzen und Fieber. Erst gegen Mittag verließen wir das Bett. Er war seit zwölf Stunden fort und hatte unsere Kassette leer zurückgelassen; uns blieb nur eine Art Rechnung, mit der er nachzuweisen suchte, dass dies genau sein Anteil an den Gewinnen und jeglicher Verlust ohne seine Zustimmung erfolgt sei.
    So mussten wir nach achtzehn Monaten unsere Welt wieder neu erschaffen. Aber war ich etwa niedergeschlagen?

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