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Die Memoiren des Barry Lyndon - aus dem Königreich Irland, samt einem Bericht über seine ungewöhnlichen Abenteuer, Unglücksfälle, Leiden im Dienste Seiner Majestät des Königs von Preußen, seine Besuche an vielen europäischen Höfen, seine Heirat und ...

Die Memoiren des Barry Lyndon - aus dem Königreich Irland, samt einem Bericht über seine ungewöhnlichen Abenteuer, Unglücksfälle, Leiden im Dienste Seiner Majestät des Königs von Preußen, seine Besuche an vielen europäischen Höfen, seine Heirat und ...

Titel: Die Memoiren des Barry Lyndon - aus dem Königreich Irland, samt einem Bericht über seine ungewöhnlichen Abenteuer, Unglücksfälle, Leiden im Dienste Seiner Majestät des Königs von Preußen, seine Besuche an vielen europäischen Höfen, seine Heirat und ... Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manesse-Verlag
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Tapferkeit? Vier gekrönte Häupter sahen bei diesem Spiel zu, und als ich das Herzass aufdeckte und Paroli bot, brach eine kaiserliche Prinzessin in Tränen aus. Damals nahm auf dem europäischen Kontinent niemand eine höhere Stellung ein als Redmond Barry; und als der Herzog von Kurland verlor, gefiel es ihm zu sagen, wir hätten wie Edelleute gewonnen – dies hatten wir wirklich, und was wir gewonnen hatten, gaben wir wie Edelleute aus.
    Mein Onkel, der regelmäßig jeden Tag die Messe besuchte, steckte zu dieser Zeit immer zehn Gulden in den Klingelbeutel. Wohin wir auch reisten, entboten die Schankwirte uns ein freundlicheres Willkommen als Fürsten. Die Reste unseres Mittags- und Abendmahls gaben wir gewöhnlich Dutzenden Bettlern, die uns dafür segneten. Wer mein Pferd hielt oder mir die Stiefel putzte, bekam einen Dukaten für seine Mühe. Ich darf wohl sagen, ich war der Urheber unseres gemeinsamen Glücks, indem ich unser Spiel um Kühnheit ergänzte. Pippi
war ein Hasenherz und immer ängstlich, wenn er zu gewinnen begann. Mein Onkel (von dem ich mit Hochachtung spreche) war dem Spiel zu sehr ergeben und zu pedantisch, um je einen großartigen Sieg zu erringen. Moralische Courage war ihm nicht abzusprechen, aber er war nicht kühn genug. Diese beiden Älteren sahen in mir bald den Anführer – daher der glänzende Stil, den ich beschrieben habe.
    Ich habe Ihre Kaiserliche Hoheit Prinzessin Friederike Amalie erwähnt, die von meinem Erfolg so gerührt war, und immer werde ich dankbar der Protektion gedenken, die von dieser erhabenen Dame zu erfahren ich die Ehre hatte. Sie liebte das Spiel leidenschaftlich – wie übrigens die Damen fast aller europäischen Höfe in jenen Tagen, und daraus ergaben sich für uns oft keineswegs geringe Schwierigkeiten; es muss nämlich wahrheitsgemäß berichtet werden, dass Ladys zwar gern spielen, aber nicht gern zahlen . Für die Frage der Ehre hat das schönere Geschlecht kein Empfinden.
    Im Verlauf unserer Reisen zu den verschiedenen Fürstenhöfen im Norden Europas gelang es uns nur unter großen Schwierigkeiten, sie vom Spieltisch fernzuhalten oder, wenn sie verloren, an ihr Geld zu kommen oder, wenn
sie denn bezahlten, die wüstesten und außerordentlichsten Formen der Vergeltung abzuwenden. In diesen großen Tagen unseres Glücks haben wir nach meiner Berechnung nicht weniger als vierzehntausend Louis durch solche Zahlungsausfälle verloren. Eine Prinzessin aus herzoglichem Hause übereignete uns feierlich Strass statt Diamanten; eine andere sorgte dafür, dass die Kronjuwelen gestohlen wurden, und hätte uns den Diebstahl angehängt, wenn nicht Pippi in seiner Umsicht einen Wechsel, von Ihrer Durchlaucht unterzeichnet, zurückgehalten und diesen seinem Botschafter geschickt hätte – eine Vorkehrung, die uns wohl den Kopf gerettet hat. Eine dritte Dame hohen (wiewohl nicht fürstlichen) Ranges, von der ich eine beträchtliche Summe in Diamanten und Perlen gewonnen hatte, schickte ihren Liebhaber samt einer Gruppe von Halsabschneidern los, die mir auflauern sollten, und nur durch außerordentlichen Mut, Geschicklichkeit und Glück entkam ich diesen Schurken; ich wurde zwar verwundet, ließ aber den Anführer der Wegelagerer tot zurück. Mein Degen drang ihm ins Auge und brach dort ab, und die übrigen Schandbuben flohen, als sie ihren Anführer fallen sahen. Sie hätten mir sonst wohl ein Ende
bereitet, denn ich hatte keine Waffe mehr, mich zu wehren.
    So mag man erkennen, dass unser Leben bei allem Glanz überaus gefahrvoll und schwierig war und zum Erfolg große Talente und Mut erforderte. Oft endete eine üppige Glückssträhne jäh, sei es durch den seltsamen Einfall eines regierenden Fürsten, die Intrige einer enttäuschten Maitresse oder eine Meinungsverschiedenheit mit dem Polizeiminister. Falls Letzterer nicht bestochen oder sonst wie gewonnen werden konnte, erhielten wir gewöhnlich einen jähen Ausweisungsbefehl und führten daher notgedrungen ein unstetes Wanderleben.
    Wie ich dargelegt habe, sind die bei solchem Leben erzielten Gewinne sehr hoch, die Ausgaben jedoch ungeheuerlich. Unsere Ausstattung und unser Gefolge waren zu glanzvoll für Pippis engen Geist; er jammerte immer über meine Extravaganz, wiewohl er zugeben musste, dass seine schäbige Knauserei niemals die großen Triumphe errungen hätte, die dank meiner Großzügigkeit gelangen. Jene Erklärung gegenüber dem Herzog von Kurland zum Beispiel war nichts als pure Großsprecherei,

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