Die Memoiren des Barry Lyndon - aus dem Königreich Irland, samt einem Bericht über seine ungewöhnlichen Abenteuer, Unglücksfälle, Leiden im Dienste Seiner Majestät des Königs von Preußen, seine Besuche an vielen europäischen Höfen, seine Heirat und ...
wusste, dass die Prinzessin mich hasste, aber was kümmerte es mich? Sie wusste, dass ich alles wusste, und ich glaube, ihre Abneigung gegen mich war so stark, dass sie mich für einen gemeinen Schurken hielt, der imstande wäre, eine Dame zu verraten, was mir abscheulich vorkäme; daher zitterte sie vor mir wie ein Kind vor dem Schulmeister. An ihren Empfangstagen trieb sie allerdings nach Frauenart auch allerlei Scherz und Spott mit mir, erkundigte sich nach meinem Palast in Irland und nach den Königen, meinen Vorfahren, und ob meine königlichen
Verwandten Schritte zu meiner Rettung unternommen hätten, als ich Gemeiner in Bülows Infanterie war, und ob der Rohrstock dort wohl gründlich Verwendung fände – alles, um mich zu demütigen. Aber, beim Himmel, ich kann anderen gegenüber sehr nachsichtig sein und habe ihr immer ins Gesicht gelacht. Während sie weiter höhnte und stichelte, machte ich mir das Vergnügen, den armen Magny anzuschauen und zu beobachten, wie er es ertrug. Der arme Teufel zitterte, dass ich unter den Sarkasmen der Prinzessin bersten und alles erzählen könnte; ich rächte mich jedoch, indem ich, wenn die Prinzessin mich angriff, etwas Bitteres zu ihm sagte – ich gab es sozusagen weiter, wie Schuljungen es tun. Und das war die beste Methode, Ihre Hoheit zu treffen. Attackierte ich Magny, zuckte sie ganz so zusammen, als hätte ich etwas Grobes zu ihr gesagt. Und wenn sie mich auch hasste, bat sie mich doch oft unter vier Augen um Vergebung; zwar übermannte sie häufig ihr Stolz, doch bewog ihre Klugheit diese erlauchte Prinzessin dazu, sich vor dem jungen irischen Habenichts zu erniedrigen.
Sobald Magny förmlich von seiner Werbung um Komtesse Ida zurückgetreten war, schenkte die Prinzessin der jungen Dame wieder ihre
Gunst und gab vor, sie sehr zu mögen. Um ihnen gegenüber gerecht zu sein – ich weiß nicht, welche von beiden mich am meisten verabscheute, die Prinzessin, die ganz Eifer und Feuer und Koketterie war, oder die Komtesse, ganz Würde und Glanz. Besonders Letztere tat, als empfände sie für mich nur Widerwillen; und dabei habe ich Besseren als ihr gefallen, war einmal einer der schönsten Männer Europas und vermochte mich jederzeit mit jedem Heiducken 262 des Hofes an Brustumfang und Körperbau zu messen; ich kümmerte mich auch nicht um ihre törichten Vorurteile und war entschlossen, sie trotz allem zu gewinnen und zu besitzen. Lag dies etwa an ihren persönlichen Reizen oder Eigenschaften? Nein. Sie war ganz blass, mager, kurzsichtig, groß und unbeholfen, das völlige Gegenteil meines Geschmacks; und was ihren Geist angeht… kein Wunder, dass ein armes Geschöpf, das sich nach einem mittellosen, lumpigen Fähnrich verzehrte, mich niemals zu schätzen wusste. Ihr Besitz war es, dem ich den Hof machte; und was sie selbst betrifft, so würfe es ein schlechtes Licht auf mich als Mann von Eleganz und auf meinen Geschmack, wenn ich behauptete, ich hätte sie gemocht.
KAPITEL 11
Das Glück wendet sich gegen Barry
Meine Hoffnungen, die Hand einer der reichsten Erbinnen Deutschlands zu erlangen, schienen sich nun nach aller menschlichen Voraussicht und soweit eigene Verdienste und Klugheit mein Glück sicherstellen konnten, zu erfüllen. Sooft ich mich bei den Gemächern der Prinzessin präsentierte, wurde ich vorgelassen, und hatte, sooft ich nur wünschte, die Gelegenheit, dort Komtesse Ida zu sehen. Ich kann nicht behaupten, dass sie mich besonders freundlich empfangen hätte; die Neigungen des törichten jungen Geschöpfs richteten sich wie gesagt auf ein anderes und unwürdiges Ziel; und wie betörend meine Person und Manieren auch gewesen sein mögen, war doch nicht damit zu rechnen, dass sie ihren Liebhaber plötzlich über einem jungen irischen Gentleman vergaß, der ihr den Hof machte. Aber die kleinen Zurückweisungen, die ich erfuhr, konnten mich nicht entmutigen. Ich hatte mächtige Freunde, die mir bei meinem Unterfangen helfen sollten, und ich wusste, früher oder später musste der Sieg mein sein. Eigentlich wartete ich nur auf den richtigen Zeitpunkt, meinen Antrag mit Nachdruck
vorzutragen. Wer konnte denn den furchtbaren Schicksalsschlag vorhersehen, der meiner erlauchten Gönnerin drohte und zum Teil auch mich in ihren Untergang verwickeln sollte?
Eine Weile schien sich alles meinen Wünschen förderlich zu gestalten; und trotz der Abneigung Komtesse Idas war es viel einfacher, sie zur Vernunft zu bringen, als dies vielleicht in einem Land mit
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