Die Memoiren des Barry Lyndon - aus dem Königreich Irland, samt einem Bericht über seine ungewöhnlichen Abenteuer, Unglücksfälle, Leiden im Dienste Seiner Majestät des Königs von Preußen, seine Besuche an vielen europäischen Höfen, seine Heirat und ...
einer so törichten Verfassung wie England möglich wäre, wo die Leute nicht in jenem gesunden Empfinden für Gehorsam gegenüber Fürsten erzogen werden, wie dies in meinen jungen Jahren in Europa gepflegt wurde.
Ich habe bereits geschildert, wie mir durch Magny die Prinzessin gewissermaßen in die Hände fiel. Ihre Hoheit musste die Verbindung nur noch beim alten Herzog durchsetzen, auf den sie unbeschränkten Einfluss hatte, und die Einwilligung der Gräfin von Liliengarten sichern (dies war der romantische Titel der morganatischen Gemahlin Seiner Hoheit), dann würde der gutmütige alte Herr den Befehl zur Heirat erteilen, dem sein Mündel zu gehorchen hätte. Auch Madame de Liliengarten war ihrer Stellung wegen sehr darauf bedacht, Prinzessin Olivia zu Gefallen zu sein, da diese jederzeit
auf den Thron berufen werden konnte. Der alte Herzog war gebrechlich, apoplektisch und üppigem Leben allzu ergeben. Sobald er starb, würde seine Hinterbliebene den Schutz der Herzogin Olivia dringend benötigen. Es bestand daher ein gutes Einvernehmen zwischen den beiden Damen, und am Hofe wurde erzählt, die Erbprinzessin sei der Favoritin bereits für Hilfe bei etlichen Anlässen zu Dank verpflichtet. Durch die Komtesse hatte Ihre Hoheit verschiedentlich größere Darlehen zur Begleichung ihrer zahlreichen Schulden erhalten; und nun war sie so freundlich, ihren Einfluss auf Madame de Liliengarten zu nutzen, damit ich das meinem Herzen so nahe Ziel erreichte.
Es versteht sich von selbst, dass Magny der Erfüllung meiner Wünsche beharrlich Unwillen und Ablehnung entgegensetzte, doch betrieb ich mein Anliegen entschlossen und hatte ja die Mittel in der Hand, die Widerborstigkeit dieses schwachen jungen Gentlemans zu überwinden. Auch darf ich ohne Eitelkeit erwähnen, dass zwar die erhabene und mächtige Prinzessin mich verachtete, die Gräfin dagegen (obgleich sie, wie gesagt, von sehr niederer Herkunft war) besseren Geschmack besaß und mich bewunderte. Häufig erwies sie uns die Ehre, sich an
einer unserer Pharaobanken zu beteiligen, und sie erklärte, ich sei der bestaussehende Mann im Herzogtum. Ich hatte nur noch den Nachweis meines Adels zu erbringen, und so verschaffte ich mir in Wien einen Stammbaum, der auch die Anspruchsvollsten befriedigen musste. Was hatte denn einer, der von den Barrys und Bradys abstammte, auch durch irgendeinen«von» aus Deutschland zu befürchten? Um doppelt sicherzugehen, versprach ich Madame de Liliengarten für den Tag meiner Heirat zehntausend Louis; sie wusste, dass ich als Spieler nie mein Wort gebrochen hatte, und ich schwöre, ich hätte das Geld aufgetrieben, und wenn ich fünfzig Prozent dafür hätte zahlen müssen.
Bedenkt man, dass ich ein armer Geächteter ohne Gönner war, hatte ich durch meine Talente, Ehrlichkeit und Scharfsinn doch sehr mächtige Protektoren errungen. Selbst Seine Hoheit Herzog Viktor war mir freundlich gesinnt, denn ich hatte, als sein Lieblingspferd an Schwindel litt, diesem eine Arznei zusammengestellt, wie sie mein Onkel Brady zu verabreichen pflegte, und das Pferd geheilt; danach geruhte Seine Hoheit, mich häufig zu bemerken. Er lud mich zu seinen Jagden und seinen Schießgesellschaften ein, wo ich mich als guter
Sportsmann erwies, und ein- oder zweimal ließ er sich dazu herab, mit mir über meine Aussichten im Leben zu plaudern, wobei er bedauerte, dass ich dem Spiel verfallen sei, statt mich ziemlicherer Mittel des Aufstiegs zu bedienen. «Hoheit», sagte ich, «wenn Sie mir gestatten mögen, freimütig zu sprechen, so ist für mich das Spiel nur Mittel zum Zweck. Wo wäre ich denn ohne es? Immer noch als Gemeiner bei König Friedrichs Grenadieren. Ich entstamme einem Geschlecht, das meinem Land Fürsten geschenkt hat; aber Nachstellungen haben sie ihrer weitläufigen Besitzungen beraubt. Meines Onkels Treue zu seinem alten Glauben hat ihn aus dem Land getrieben. Auch ich war entschlossen, im Kriegsdienst den Aufstieg zu suchen; die Unverschämtheiten und Misshandlungen, die ich von den Engländern erfuhr, waren jedoch für einen hochgeborenen Edelmann unerträglich, daher bin ich aus ihrem Dienst geflohen. Das hat mich nur in eine neue und allem Anschein nach noch aussichtslosere Knechtschaft geführt, bis mein guter Stern mir einen Retter in Gestalt meines Onkels schickte, und mein Verstand und meine Tapferkeit machten es mir möglich, jene sich mir bietenden Mittel zur Flucht zu nutzen. Seither leben wir, wie ich nicht verhehlen will,
vom
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