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Die Memoiren des Barry Lyndon - aus dem Königreich Irland, samt einem Bericht über seine ungewöhnlichen Abenteuer, Unglücksfälle, Leiden im Dienste Seiner Majestät des Königs von Preußen, seine Besuche an vielen europäischen Höfen, seine Heirat und ...

Die Memoiren des Barry Lyndon - aus dem Königreich Irland, samt einem Bericht über seine ungewöhnlichen Abenteuer, Unglücksfälle, Leiden im Dienste Seiner Majestät des Königs von Preußen, seine Besuche an vielen europäischen Höfen, seine Heirat und ...

Titel: Die Memoiren des Barry Lyndon - aus dem Königreich Irland, samt einem Bericht über seine ungewöhnlichen Abenteuer, Unglücksfälle, Leiden im Dienste Seiner Majestät des Königs von Preußen, seine Besuche an vielen europäischen Höfen, seine Heirat und ... Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manesse-Verlag
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Streitigkeiten mit ihm zugeben.
    Die Mietsdroschke, die Lady Lyndons Kutsche gefolgt war, erreichte diese nun, und als der Kutscher das Unheil sah, kletterte er vom Bock und bat die Lady höflich, sie möge ihm die Ehre geben und in sein Fahrzeug umsteigen, das so sauber und elegant sei, wie eine vornehme Persönlichkeit sich dies nur wünschen könne. Nach einer Minute oder zweien wurde diese Einladung von den Insassen der Kutsche angenommen; der Droschkenfahrer versprach, sie «im Nu» nach Dublin zu bringen. Thady, der Diener, wollte seinen jungen Herrn und die junge Dame begleiten; der Kutscher, der neben sich auf dem Bock einen anscheinend betrunkenen Freund sitzen hatte, wies Thady mit einem Grinsen an, hinten aufzusteigen. Das hintere Trittbrett war jedoch zur Abwehr von Straßenjungen, die gern gratis fahren, mit Stacheln besetzt; Thadys Treue war nicht groß genug, um diesen zu trotzen, und er ließ sich überreden, bei der beschädigten Kutsche zu bleiben, für die er und der Kutscher mit einem Zweig aus
einer nahen Hecke einen neuen Achsnagel verfertigten.
    Obwohl der Mietskutscher schnell fuhr, kam den Insassen die Strecke nach Dublin doch sehr lang vor, und Miss Kiljoys Erstaunen war groß, als sie schließlich aus dem Fenster blickte und ringsumher eine öde Heide sah, ohne Anzeichen von Gebäuden oder einer Stadt. Sogleich forderte sie den Kutscher durch Schreie zum Anhalten auf, aber je lauter sie schrie, desto kräftiger peitschte der Mann die Pferde und bat die Lady um Geduld – er nehme eine Abkürzung.
    Miss Kiljoy schrie immer weiter, der Kutscher peitschte, und die Pferde galoppierten immer weiter, bis plötzlich aus einer Hecke zwei oder drei Männer auftauchten, die die Schöne um Hilfe anrief. Der junge Bullingdon öffnete den Wagenschlag, hüpfte tapfer hinaus, stürzte kopfüber zu Boden, sprang sofort wieder auf, zog seinen kleinen Degen, lief hinter der Kutsche her und rief: «Hierher, Gentlemen! Halten Sie den Schurken auf!»
    «Halt!», riefen die Männer, worauf der Kutscher mit erstaunlichem Gehorsam bremste. Runt lag die ganze Zeit betrunken im Wagen und nahm alles nur wie in einem halb bewussten Traum wahr.

    Die neu eingetroffenen Kämpen zur Errettung einer Dame aus der Not berieten sich nun, wobei sie den jungen Lord betrachteten und sich vor Lachen ausschütteten. «Sorgen Sie sich nicht», sagte ihr Anführer, der zur Wagentür kam, «einer meiner Leute wird sich neben diesen tückischen Schuft auf den Bock setzen, und mit Myladys Erlaubnis werden ich und mein Kamerad einsteigen und Sie nach Haus begleiten. Wir sind gut bewaffnet und können Sie bei Gefahr verteidigen.» Ohne weitere Umstände sprang er dann in den Wagen, und sein Kamerad wollte ihm folgen.
    «Halt dich zurück, Kerl!», rief der kleine Bullingdon empört. «Lass Lord Viscount Bullingdon den Vortritt!» Er baute sich vor dem riesigen Neuankömmling auf, der eben in die Droschke steigen wollte.
    «Weg da, Mylord», sagte der Mann mit breitem irischem Akzent und stieß ihn beiseite.
    Darauf schrie der Junge «Diebe! Diebe!», hob seinen kleinen Degen, stürzte sich auf den Mann und hätte ihn verwundet (denn ein kleiner Degen kann ebenso verletzen wie ein großer), aber sein Gegner, bewaffnet mit einem langen Stock, schlug dem Jungen die Klinge aus der Hand; sie flog über seinen Kopf hinweg,
und er stand entsetzt und gedemütigt durch seine Schlappe da.
    Dann zog der Mann den Hut, verbeugte sich tief vor Seiner Lordschaft und stieg in den Wagen, dessen Tür von dem Kameraden geschlossen wurde, der auf den Bock klettern sollte. Miss Kiljoy hätte wohl weitergeschrien, doch verging ihr das Schreien vermutlich beim Anblick einer riesigen Reiterpistole, die einer ihrer Kämpen mit den Worten hervorzog: «Wir werden Ihnen nichts tun, Ma’am, aber wenn Sie schreien, müssen wir Sie knebeln», worauf sie jäh stumm wurde wie ein Fisch.
    All dies ereignete sich innerhalb sehr kurzer Zeit, und als die drei Angreifer den Wagen in Besitz genommen hatten, stand der arme kleine Bullingdon verwirrt und verblüfft auf der Heide.
    Einer der Männer reckte den Kopf aus dem Fenster und sagte: «Mylord, auf ein Wort.»
    «Was denn?», sagte der Junge, der zu wimmern begann; er war ja erst elf Jahre alt und hatte bis dahin prächtigen Mut bewiesen.
    «Es sind nur zwei Meilen bis Marino. Geh zurück, bis du zu einem großen Stein kommst, dann geh nach rechts und immer weiter geradeaus, bis du die Straße erreichst, von da findest

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