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Die Memoiren des Barry Lyndon - aus dem Königreich Irland, samt einem Bericht über seine ungewöhnlichen Abenteuer, Unglücksfälle, Leiden im Dienste Seiner Majestät des Königs von Preußen, seine Besuche an vielen europäischen Höfen, seine Heirat und ...

Die Memoiren des Barry Lyndon - aus dem Königreich Irland, samt einem Bericht über seine ungewöhnlichen Abenteuer, Unglücksfälle, Leiden im Dienste Seiner Majestät des Königs von Preußen, seine Besuche an vielen europäischen Höfen, seine Heirat und ...

Titel: Die Memoiren des Barry Lyndon - aus dem Königreich Irland, samt einem Bericht über seine ungewöhnlichen Abenteuer, Unglücksfälle, Leiden im Dienste Seiner Majestät des Königs von Preußen, seine Besuche an vielen europäischen Höfen, seine Heirat und ... Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manesse-Verlag
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den Park nachgeritten» oder «mein Fatum hat mich in die Kirche verfolgt»und «mein unvermeidlicher Verehrer hat mir beim Seidenhändler aus der Sänfte geholfen»und noch anderes mehr. Ich wollte dieses
Gefühl von Furcht in ihrem Herzen bestärken und sie zu der Überzeugung bringen, dass sie mir unmöglich entrinnen könne.
    Zu diesem Zweck bestach ich eine Wahrsagerin, die sie wie viele überaus törichte und vornehme Bewohner Dublins in jenen Tagen konsultierte; zwar begab sich Mylady wie eine ihrer Zofen gekleidet dorthin, aber die Wahrsagerin erkannte ihren wahren Rang und beschrieb ihr den beharrlichen Verehrer Redmond Barry, Esquire, als künftigen Gatten. Dieser Vorfall beunruhigte sie sehr.
    Hierüber schrieb sie in Begriffen größten Erstaunens und Entsetzens an ihre Briefpartnerinnen.«Kann dieses Ungeheuer», schrieb sie, «denn tatsächlich, wie er prahlerisch behauptet, dem Schicksal seinen Willen aufzwingen? Kann er mich, wiewohl ich ihn von Herzen verabscheue, dazu bringen, ihn zu heiraten und wie eine Sklavin zu seinen Füßen zu kauern? Der grässliche Blick seiner schwarzen Schlangenaugen fasziniert und erschreckt mich, scheint mich allenthalben zu verfolgen, und selbst wenn ich die Augen schließe, durchdringt sein furchtbares Starren meine Lider und ruht noch immer auf mir.»
    Sobald eine Frau so über einen Mann zu sprechen
beginnt, müsste er ein Esel sein, sie nicht zu gewinnen; und was mich angeht, so folgte ich ihr überallhin, zeigte mich ihr so, dass sie mich nicht übersehen konnte und faszinierte sie mit meinem Blick, wie sie emsig schrieb. Lord George Poynings, ihr früherer Verehrer, hütete in dieser Zeit mit seiner Wunde das Bett und schien entschlossen, allen Ansprüchen auf ihre Gunst zu entsagen, denn er verweigerte ihr den Zutritt, wenn sie ihn aufsuchte, beantwortete keinen ihrer zahlreichen Briefe und begnügte sich ganz allgemein mit der Auskunft, der Arzt habe ihm verboten, Besucher zu empfangen oder Briefe zu erwidern. Während er in den Hintergrund rückte, trat ich vor und sorgte dafür, dass sich kein weiterer Rivale mit auch nur der geringsten Aussicht auf Erfolg einstellte; denn sobald ich von einem erfuhr, verwickelte ich ihn in einen Zwist und verwundete so nach meinem ersten Opfer, Lord George, zwei weitere Männer. Ich fand immer einen anderen Vorwand zum Streit als den wahren (Aufmerksamkeiten gegenüber Lady Lyndon), sodass daraus kein Streit erwuchs und Myladys Gefühle nicht verletzt wurden. Sie wusste jedoch sehr wohl, was diese Duelle zu bedeuten hatten, und indem sie zwei und zwei zusammenzählten, begannen
auch die jungen Männer Dublins zu begreifen, dass ein gewisser Drache die reiche Erbin bewachte und dass man den Drachen zur Strecke bringen müsste, um zu der Dame zu gelangen. Ich kann versichern, dass sich nach den ersten dreien nicht mehr viele Kämpen fanden, die der Dame huldigten, und oft habe ich mir ins Fäustchen gelacht, wenn ich die vielen jungen Schönlinge Dublins, die neben ihrem Wagen einherritten, fortgaloppieren sah, sobald meine braune Stute und die grüne Livree meiner Diener sich zeigten.
    Ich wollte sie mit einem großen und furchtbaren Beweis meiner Macht beeindrucken; hierzu hatte ich beschlossen, meinem wackeren Vetter Ulick eine große Wohltat zu erweisen und das schöne Objekt seiner Neigungen, Miss Kiljoy, zu entführen, und zwar unter den Augen ihrer vormundschaftlichen Freundin, Lady Lyndon, und den Brüdern der jungen Dame zum Trotz, die die Saison in Dublin verbrachten und ob der zehntausend irischen Pfund ihrer Schwester so viel prahlten und Aufhebens machten, als besäße sie ein Riesenvermögen. Das Mädchen war Mr Brady durchaus nicht abgeneigt; und dass er nie daran gedacht hatte, mit ihr durchzubrennen, wie ich dies kühn und ohne Umschweife tat,
zeigt nur, wie wenig Mumm manche Männer haben und wie leicht ein überlegenes Genie Schwierigkeiten bewältigen kann, die gewöhnlichen Geistern unüberwindlich scheinen. Miss Kiljoy war nach Recht und Gesetz ein Mündel gewesen, bis sie volljährig wurde (vorher wäre es für mich ein gefährliches Unterfangen gewesen, den Plan auszuführen, den ich ihrethalben geschmiedet hatte), aber obgleich es ihr nun zustand, zu heiraten, wen sie wollte, war die junge Dame doch von schüchtener Veranlagung und empfand solche Furcht vor ihren Brüdern und Verwandten, als wäre sie noch immer von ihnen abhängig. Sie hatten für die junge Dame einen ihrer Freunde ausersehen und den

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