Die Memoiren des Barry Lyndon - aus dem Königreich Irland, samt einem Bericht über seine ungewöhnlichen Abenteuer, Unglücksfälle, Leiden im Dienste Seiner Majestät des Königs von Preußen, seine Besuche an vielen europäischen Höfen, seine Heirat und ...
Verleumdungen und den Hass ins Gesicht schleudern, mit welchen sie mich später verfolgt haben.
Die wichtigste dieser liebenswerten Personen war die Marquise von Tiptoff, die Mutter des jungen Gentlemans, dessen Kühnheit ich in Dublin gestraft hatte. Diese alte Hexe suchte die Gräfin gleich nach deren Ankunft in London auf und überschüttete sie mit einem solchen Schwall von Beschimpfungen, dass sie meine Sache besser beförderte, als dies sechs Monate der Werbung oder Duelle mit einem halben Dutzend Rivalen vermocht hätten. Vergebens beteuerte die arme Lady Lyndon ihre vollkommene Unschuld und schwor, sie habe mich niemals ermutigt.«Ihn niemals ermutigt!», kreischte die alte Furie. «Hast du diesen Wicht denn nicht schon in Spa ermutigt, als Sir Charles noch lebte? Hast
du denn nicht einen deiner Schützlinge mit dem bankrotten Vetter dieses Wüstlings verheiratet? Bist du ihm, als er nach England gereist ist, etwa nicht wie eine Wahnsinnige gleich am nächsten Tag gefolgt? Hat er etwa keine Wohnung sozusagen gleich vor deiner Tür bezogen – und nennst du das vielleicht nicht Ermutigung? Schande über dich, Madam, Schande! Du hättest meinen Sohn heiraten können – meinen lieben, edlen George! Aber der hat es ja vorgezogen, sich nicht in deine schändliche Leidenschaft für diesen nichtswürdigen Emporkömmling einzumischen, den du dazu gebracht hast, George zu ermorden; und der einzige Rat, den ich dir geben kann, Mylady, ist dieser: Lass die Beziehung, die du mit diesem schamlosen Abenteurer eingegangen bist, legitimieren; mach diese Verbindung legal – so wie sie jetzt ist, verstößt sie gegen Anstand und Religion; und erspare deiner Familie und deinem Sohn die Scham ob deines derzeitigen Lebenswandels.»
Damit verließ diese alte Furie von Marquise den Raum und die in Tränen aufgelöste Lady Lyndon; ich erfuhr alle Einzelheiten der Konversation von Myladys Gesellschafterin und sah die besten Ergebnisse zu meinen Gunsten voraus.
Durch den weisen Einfluss von Mylady Tiptoff enthielten sich alle Freunde und Verwandten der Gräfin Lyndon des gesellschaftlichen Umgangs mit ihr. Selbst als Lady Lyndon den Hofbesuchte, empfing die erhabenste Dame des Reichs sie so betont kühl, dass die unglückliche Witwe heimkehrte und vor lauter Ärger das Bett hütete. Also darf ich sagen, dass die königliche Familie selbst meine Werbung förderte und dem armen irischen Glücksritter bei seinen Plänen half. So bedient sich das Schicksal großer und geringer Werkzeuge, und durch Mittel, die sich ihrer Kontrolle entziehen, werden die Geschicke von Männern und Frauen vollendet.
Das Verhalten von Mrs Bridget (Lady Lyndons Lieblingszofe) unter den damaligen Umständen werde ich immer als Meisterwerk an Geschicklichkeit betrachten. Übrigens hatte ich eine solch hohe Meinung von ihren diplomatischen Fähigkeiten, dass ich, sobald ich Herr des Lyndon-Besitzes wurde und ihr die versprochene Summe zahlte – ich bin ein Ehrenmann, und statt der Frau gegenüber mein Wort nicht zu halten, lieh ich mir lieber das Geld zu exorbitanten Zinsen bei den Juden –, sobald ich also meinen Triumph erlangt hatte, nahm ich Mrs Bridget bei der Hand und sagte:
«Madam, Sie haben in meinen Diensten solch beispiellose Treue gezeigt, dass ich Sie gern meinem Versprechen gemäß belohne; andererseits haben Sie solch außerordentliche Gerissenheit und Tücke bewiesen, dass ich es ablehnen muss, Sie weiter in Lady Lyndons Haus zu beschäftigen, und ich ersuche Sie, es noch heute zu verlassen.» Dies tat sie, lief zur Tiptoff-Partei über und hat mich seitdem immer geschmäht.
Aber ich muss noch von einer Sache berichten, bei der sie sich als besonders schlau erwies. Diese war das Einfachste der Welt, wie alle meisterlichen Züge. Als Lady Lyndon ihr Schicksal und mein – wie sie es nannte – schändliches Handeln ihr gegenüber beklagte, sagte Mrs Bridget: «Mylady, warum schreiben Sie diesem jungen Gentleman nicht, welchen Arg er Ihnen zufügt? Appellieren Sie doch an seine Gefühle (die sehr freundlich sind, wie ich gehört habe – die ganze Stadt hallt wider von Berichten über seinen Geist und seine Großzügigkeit) und bitten Sie ihn, von einer Verfolgung abzulassen, die der besten aller Damen so viel Kummer bereitet. Schreiben Sie doch, Mylady; Ihr Stil ist, wie ich weiß, so elegant, dass ich meinerseits oft in Tränen ausgebrochen bin, als ich Ihre reizenden Briefe las, und ich habe keinen Zweifel,
dass Mr Barry lieber
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