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Die Memoiren des Barry Lyndon - aus dem Königreich Irland, samt einem Bericht über seine ungewöhnlichen Abenteuer, Unglücksfälle, Leiden im Dienste Seiner Majestät des Königs von Preußen, seine Besuche an vielen europäischen Höfen, seine Heirat und ...

Die Memoiren des Barry Lyndon - aus dem Königreich Irland, samt einem Bericht über seine ungewöhnlichen Abenteuer, Unglücksfälle, Leiden im Dienste Seiner Majestät des Königs von Preußen, seine Besuche an vielen europäischen Höfen, seine Heirat und ...

Titel: Die Memoiren des Barry Lyndon - aus dem Königreich Irland, samt einem Bericht über seine ungewöhnlichen Abenteuer, Unglücksfälle, Leiden im Dienste Seiner Majestät des Königs von Preußen, seine Besuche an vielen europäischen Höfen, seine Heirat und ... Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manesse-Verlag
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Widerwillen und Abscheu geschildert habe, der hinsichtlich Lady Lyndons mein Herz erfüllte, und wiewohl ich mich nicht sonderlich bemüht habe (ich bin ja ganz freimütig und offen), meine Gefühle generell zu verhehlen, war sie doch so würdelos, mich trotz meiner Gleichgültigkeit mit ihrer Zuneigung zu verfolgen und beim geringsten freundlichen Wort von mir neu zu entbrennen. Tatsache ist – dies zwischen meinem geschätzten Leser und mir –, dass ich damals einer der bestaussehenden und schneidigsten
jungen Männer Englands und meine Frau heftig in mich verliebt war. Und obwohl es von mir kommt, der ich so etwas nicht sagen sollte, war meine Gattin nicht die einzige hochrangige Dame in London, die eine günstige Meinung über den bescheidenen irischen Abenteurer hegte. Wie rätselhaft die Frauen doch sind, habe ich oft gedacht! Ich habe die elegantesten Geschöpfe in St. James in wilder Liebe zu den gröbsten und vulgärsten Männern entflammen, die klügsten Frauen die ungebildetsten unseres Geschlechts leidenschaftlich bewundern sehen, und so weiter. Die Widersprüchlichkeit dieser törichten Wesen ist endlos, und wenn ich auch nicht andeuten will, ich sei vulgär und ungebildet wie die oben erwähnten Personen (ich würde jedem die Kehle durchschneiden, der es wagte, ein Wort gegen meine Geburt oder meine Erziehung zu wispern), habe ich wohl doch gezeigt, dass Lady Lyndon, hätte sie dies gewollt, vielerlei Gründe gehabt hätte, mich zu verschmähen. Aber wie der Rest ihres albernen Geschlechts wurde sie von Vernarrtheit, nicht von Vernunft geleitet, und bis zum letzten Tag unseres Beisammenseins war sie bereit, sich mit mir zu versöhnen und mich zu liebkosen, sobald ich nur ein liebes Wort an sie richtete.

    «Ach», sagte sie dann in solchen Momenten der Zärtlichkeit, «ach, Redmond, wenn du doch immer so wärst!» Bei diesen Anflügen von Liebe war sie das am leichtesten zu überredende Geschöpf der Welt und hätte ihren gesamten Besitz fortgegeben, wenn dies möglich gewesen wäre. Und ich muss gestehen, es bedurfte nur sehr geringer Aufmerksamkeiten meinerseits, um sie in gute Stimmung zu versetzen. Es genügte, mit ihr über die Mall oder durch Ranelagh zu gehen, sie in St. James zur Kirche zu begleiten, ein kleines Geschenk oder irgendeinen Tand für sie zu kaufen, um sie zu etwas zu bewegen. So ist die weibliche Wankelmütigkeit! Am nächsten Tag nannte sie mich dann wahrscheinlich «Mr Barry»und bejammerte ihr elendes Los, sich je mit solch einem Ungeheuer verbunden zu haben. So gefiel es ihr einen der glänzendsten Männer in den drei Königreichen Seiner Majestät zu nennen; und ich kann versichern, dass andere Damen eine weit schmeichelhaftere Meinung von mir hatten.
    Dann wieder drohte sie, mich zu verlassen, aber ich hatte ein gutes Druckmittel gegen sie in Gestalt ihres Sohnes, den sie innig liebte, ohne dass ich wüsste warum, denn ihren älteren Sohn, Bullingdon, hatte sie immer vernachlässigt
und verwandte nie einen Gedanken auf seine Gesundheit, sein Wohlergehen oder seine Erziehung.
    Es war daher unser kleiner Junge, der das wichtigste Band zwischen mir und Mylady darstellte, und ich konnte keinen noch so ehrgeizigen Plan zugunsten des armen Jungen vorschlagen, dem sie nicht sofort zustimmte, und sie übernahm eifrig alle Kosten, wenn sich irgendwie erweisen ließ, dass sie ihm zum Vorteil gereichten. Ich kann Ihnen versichern, dass Bestechungsgelder gezahlt wurden, sogar an den höchsten Stellen – in solcher Nähe zur königlichen Person Seiner Majestät, dass Sie staunen würden, welche großen Persönlichkeiten sich erniedrigten, von uns Darlehen anzunehmen. Ich ließ mir von den englischen und irischen Heroldsämtern eine Beschreibung und einen detaillierten Stammbaum der Baronie von Ballyogue anfertigen und ersuchte respektvoll darum, mich wieder in die Titel meiner Ahnen einzusetzen und mich zum Lohn ferner zum Viscount Ballybarry zu erheben. «Dieses Haupt würde eine Adelskrone zieren», sagte Mylady manchmal in ihren liebevollen Momenten, wobei sie mir über den Schopf streichelte; und es gibt wahrlich unter den Lords des Oberhauses
manchen jämmerlichen Knirps, der weder über mein Auftreten noch meine Courage, mein Geblüt oder eines meiner sonstigen Verdienste verfügt.
    Dieses Streben nach der Peerage 419 halte ich für eines der unseligsten unter all meinen unseligen Geschäften in dieser Zeit. Um dieses Ziels willen brachte ich unerhörte Opfer. Ich

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