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Die Memoiren des Barry Lyndon - aus dem Königreich Irland, samt einem Bericht über seine ungewöhnlichen Abenteuer, Unglücksfälle, Leiden im Dienste Seiner Majestät des Königs von Preußen, seine Besuche an vielen europäischen Höfen, seine Heirat und ...

Die Memoiren des Barry Lyndon - aus dem Königreich Irland, samt einem Bericht über seine ungewöhnlichen Abenteuer, Unglücksfälle, Leiden im Dienste Seiner Majestät des Königs von Preußen, seine Besuche an vielen europäischen Höfen, seine Heirat und ...

Titel: Die Memoiren des Barry Lyndon - aus dem Königreich Irland, samt einem Bericht über seine ungewöhnlichen Abenteuer, Unglücksfälle, Leiden im Dienste Seiner Majestät des Königs von Preußen, seine Besuche an vielen europäischen Höfen, seine Heirat und ... Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manesse-Verlag
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wir ganze Ladungen von Ratten losgelassen; wir haben seine Stiefel mit Wasser gefüllt und «Feuer» gerufen; wir haben die Beine an seinem Predigtstuhl durchgesägt und sein Gebetbuch mit Schnupftabak gefüllt. Der arme Lavender ertrug dies alles mit Geduld, und bei unseren Gesellschaften oder wenn wir nach London kamen, wurde ihm dies reichlich vergolten, indem er bei den Vornehmen sitzen durfte und sich selbst für einen Mann von Welt halten konnte.
    Es war schön zu hören, mit welcher Geringschätzung er über unseren Pfarrer sprach. «Er hat einen Sohn, Sir, der die anderen Studenten
bedienen muss, 430 und das auch noch in einem kleinen College», sagte er. «Wie konnten Sie, mein lieber Sir, solch ein minderwertiges Geschöpf ernsthaft für die Pfründe von Hackton in Erwägung ziehen?»
    Nun sollte ich wohl auch über meinen anderen Sohn sprechen, oder besser: den von Lady Lyndon – ich meine den Viscount Bullingdon. Einige Jahre hielt ich ihn in Irland unter der Vormundschaft meiner Mutter, die ich in Castle Lyndon untergebracht hatte. Natürlich machte sie viel von sich als Schlossherrin her; Prunk und hochmütige Haltung der lieben Seele waren wundersam. Trotz all ihrer Absonderlichkeiten war von unseren Besitzungen Castle Lyndon am besten verwaltet. Die Pachten wurden vorbildlich gezahlt, die Kosten für ihre Einziehung waren geringer, als sie unter der Aufsicht irgendeines Verwalters gewesen wären. Es war erstaunlich, welch niedrige Ausgaben die alte Witwe hatte, obwohl sie, wie sie sagte, die Würde zweier Familien hochhielt. Es gab einige Domestiken, die sich um den jungen Lord kümmerten; sie selbst fuhr immer nur in einem alten vergoldeten Sechsspänner aus; das Haus war makellos sauber gehalten, Einrichtung und Gärten sorgsam gepflegt, und bei unseren
gelegentlichen Aufenthalten in Irland fanden wir kein Haus, das wir besuchten, in so gutem Zustand wie unser eigenes vor. Es gab an die zwanzig emsige Dienstmädchen und etwa halb so viele ordentliche Männer; alles war so tadellos, wie kein Hausverwalter es hätte besser machen können. Und all das erledigte sie fast ohne Kosten für uns, denn im Park hielt sie Schafe und Rinder, aus denen sie in Ballinasloe 431 einen hübschen Gewinn zog; sie versorgte wer weiß wie viele Städte mit Butter und Speck, und das Obst und Gemüse aus den Gärten von Castle Lyndon erzielte auf dem Markt zu Dublin die höchsten Preise. Anders als in den meisten unserer irischen Häuser herrschte in der Küche keine Verschwendung, und die Weinkeller wurden nicht angetastet, denn die alte Dame trank nur Wasser und hatte kaum oder gar keine Gäste. Ihre Gesellschaft bestand aus ein paar Töchtern meiner alten Flamme Nora Brady, jetzt Mrs Quin, die mit ihrem Gatten fast das ganze Vermögen ausgegeben hatte und mich einmal in London besuchen kam – da sah sie sehr alt, fett und verkommen aus und hatte zwei schmutzige Kinder bei sich. Sie weinte sehr, als sie mich sah, nannte mich «Sir» und «Mr Lyndon», worüber ich nicht traurig war, und bat mich, ihrem Gemahl
zu helfen, was ich tat, indem ich ihm durch meinen Freund, Lord Crabs, einen Posten in der Steuereinnahme in Irland beschaffte und für ihn und seine Familie die Passage dorthin bezahlte. Ich traf ihn dreckig, verkommen, kläglich und versoffen an, und wenn ich die arme Nora betrachtete, war ich doch arg verwundert, dass ich sie einmal für eine Göttin gehalten hatte. Aber wenn ich je Zuneigung zu einer Frau empfunden habe, bleibe ich das ganze Leben lang ihr zuverlässiger Freund, und ich könnte tausend solcher Bespiele für mein großzügiges und treues Wesen anführen.
    Unter den Personen, mit denen sich meine Mutter befasste, war jedoch der junge Bullingdon beinahe der Einzige, mit dem sie nicht fertigwurde. Die Berichte über ihn, die sie mir schickte, waren zunächst so, dass sie meinem väterlichen Herzen argen Kummer bereiteten. Er verweigerte sich aller Ordnung und Autorität. Zuweilen verließ er das Haus wochenlang für sportliche oder andere Expeditionen. Daheim war er schweigsam und stur und lehnte es ab, abends mit meiner Mutter Piquet zu spielen; stattdessen vergrub er sich in alle möglichen verschimmelten alten Bücher, mit denen er sich das Hirn durcheinanderbrachte. Wenn er mit den
Dienern und Mägden im Gesinderaum lachte und plauderte, fühlte er sich wohler als mit den besseren Herrschaften im Salon; Mrs Barry gegenüber machte er immer schroffe Bemerkungen und Witze, was sie (eine eher

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