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Die Memoiren des Barry Lyndon - aus dem Königreich Irland, samt einem Bericht über seine ungewöhnlichen Abenteuer, Unglücksfälle, Leiden im Dienste Seiner Majestät des Königs von Preußen, seine Besuche an vielen europäischen Höfen, seine Heirat und ...

Die Memoiren des Barry Lyndon - aus dem Königreich Irland, samt einem Bericht über seine ungewöhnlichen Abenteuer, Unglücksfälle, Leiden im Dienste Seiner Majestät des Königs von Preußen, seine Besuche an vielen europäischen Höfen, seine Heirat und ...

Titel: Die Memoiren des Barry Lyndon - aus dem Königreich Irland, samt einem Bericht über seine ungewöhnlichen Abenteuer, Unglücksfälle, Leiden im Dienste Seiner Majestät des Königs von Preußen, seine Besuche an vielen europäischen Höfen, seine Heirat und ... Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manesse-Verlag
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zu Herzen nehmen sollte. Aber mein kleiner Lümmel schlug und trat nach den Schienbeinen des alten Pfarrers, bis dieser seinen Küster herbeirufen musste, um ihn festzuhalten, und Bryan fluchte corbleu , morbleu , ventrebleu , 429 dass sein junger Freund Jacob nicht misshandelt werden solle. Nach dieser Szene verbot der Reverend Bryan, das Pfarrhaus zu betreten, worauf ich schwor, sein ältester Sohn, der sich auf den geistlichen Stand vorbereitete, werde niemals die Nachfolge in der
Pfründe zu Hackton antreten, die ich eigentlich für ihn vorgesehen hatte. Der Vater sagte in dieser heuchlerisch psalmodierenden Art, die ich verabscheue, dass der Wille des Himmels geschehen müsse, dass er auch um ein Bischofsamt nicht zulassen werde, dass seine Kinder ungehorsam oder verderbt würden, und schrieb mir einen pompösen, feierlichen Brief, gespickt mit lateinischen Zitaten, in dem er sich von mir und meinem Haus verabschiedete.
    «Ich tue dies mit Bedauern»,
    setzte der alte Gentleman hinzu,
    «denn ich habe von der Hackton-Familie so viele Wohltaten erfahren, dass es mir zu Herzen geht, sie zu verlassen. Meine Armen, fürchte ich, werden unter den Folgen meiner Trennung von Ihnen zu leiden haben, und hinfort werde ich nicht mehr imstande sein, Ihnen Fälle von Krankheit und Not zur Kenntnis zu bringen, die durch Ihre Großmut immer sogleich gelindert wurden, wenn Sie davon erfuhren, wie ich um der Gerechtigkeit willen feststellen möchte.»
    Daran mag etwas Wahres gewesen sein, denn der alte Gentleman hatte mich unablässig mit Petitionen behelligt, und ich weiß sehr wohl, dass er wegen seiner eigenen Mildtätigkeit oft keinen einzigen Shilling in der Tasche hatte. Ich habe jedoch den Verdacht, dass die guten Diners in Hackton einen beträchtlichen Teil zu seinem Bedauern über die Auflösung unserer Verbindung beitrugen, und ich weiß, dass seine Frau sehr betrübt war, den Umgang mit Bryans Gouvernante, Mademoiselle Louison, aufgeben zu müssen, die sich jederzeit auf die neueste französische Mode verstand, und wann immer sie ins Pfarrhaus ging, sah man am folgenden Sonntag die Mädchen der Familie in neuen Kleidern oder Mänteln erscheinen.
    Ich hatte den alten Rebellen regelmäßig bestraft, indem ich sonntags in meiner Kirchenbank bei seinen Predigten laut schnarchte. Da Bryan nun alt genug war, um der Gesellschaft und Obhut von Frauen entzogen zu werden, besorgte ich für ihn bald einen Hauslehrer, der mir auch als Kaplan diente. Sein englisches Kindermädchen verheiratete ich mit meinem Obergärtner und gab ihr eine hübsche Mitgift. Die französische Gouvernante vermachte ich meinem treuen deutschen Fritz und vergaß auch
hierbei die Mitgift nicht; sie eröffneten ein französisches Speise haus in Soho, und ich glaube, zu der Zeit, da ich dies schreibe, sind sie an weltlichen Gütern reicher als ihr großzügiger und freigebiger Herr.
    Für Bryan beschaffte ich nun also einen jungen Gentleman aus Oxford, den Reverend Edmund Lavender, der den Auftrag erhielt, ihm Latein beizubringen, wenn der Junge in der entsprechenden Laune war, und ihn die Grundbegriffe von Geschichte, Grammatik und allem anderen zu lehren, dessen ein Gentleman bedarf. Lavender war eine kostbare Bereicherung unserer Gesellschaft in Hackton. Er sorgte dort mittelbar für viel Spaß. Er war die Zielscheibe für all unsere Scherze und ertrug sie mit bewundernswerter Geduld fast wie ein Märtyrer. Er gehörte zu jener Art von Männern, die sich von einem Großen lieber treten denn übersehen lassen, und oft habe ich in Anwesenheit anderer seine Perücke ins Feuer geworfen, worüber er genauso lachte wie die übrigen. Es war eine Lust, ihn auf ein feuriges Ross zu setzen und der Meute nachzuschicken – bleich und schwitzend hielt er sich in Todesangst an Mähne und Schweifriemen fest und bat uns, um Himmels willen anzuhalten. Wie es möglich ist, dass
er dabei nicht ums Leben kam, weiß ich nicht, aber ich nehme an, der Strick des Henkers ist das Einzige, was ihm den Hals brechen kann. Bei unseren Jagdpartien erlitt er keinen einzigen erwähnenswerten Unfall; zugleich konnte man ihn zuverlässig auf seinem Platz am unteren Ende der Tafel finden, wo er den Punsch bereitete, und lange bevor der Abend vorüber war, wurde er von dort berauscht zu Bett getragen. Oft haben Bryan und ich bei diesen Gelegenheiten sein Gesicht schwarz angemalt. Wir haben ihn in ein Spukzimmer gesteckt und ihn mit Gespenstern zu Tode erschreckt; auf seinem Bett haben

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