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Die Menschenleserin

Die Menschenleserin

Titel: Die Menschenleserin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffery Deaver
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Vorgehensweise gegeben und – was noch wichtiger war – einen Hinweis auf sein Ziel geliefert, sich irgendwo auf einen »Berggipfel« zurückzuziehen; im Zuge der weiteren Ermittlungen würde es der Polizei vielleicht gelingen, den genauen Ort herauszufinden. Dennoch wollte Dance, dass die drei bleiben würden, bis sie Theresa Croyton befragt hatte, in der Hoffnung, die Aussage des Mädchens könne dem Gedächtnis der Frauen eventuell auf die Sprünge helfen. Allerdings hielt sie sich an ihre Absprache mit der Tante und erwähnte den bevorstehenden Besuch nicht. Die Frauen willigten widerstrebend ein, sich noch einige Stunden zu gedulden.
    Als Dance ging, begleitete Rebecca sie nach draußen. Auf der Veranda blieben sie stehen. Kathryn hob eine Augenbraue. Sie fragte sich, ob die Frau ihr nun abermals einen Vortrag über ihre angebliche Inkompetenz halten würde.
    Doch Rebecca wollte etwas anderes.
    »Es mag offensichtlich sein, aber ich dachte, ich sollte trotzdem etwas erwähnen. Sam begreift nicht, wie gefährlich Pell ist, und Linda hält ihn für ein armes, missverstandenes Produkt seiner Kindheit.«
    »Fahren Sie fort.«
    »Was wir Ihnen gestern über ihn erzählt haben – all das psychologische Zeug -, nun ja, das stimmt. Aber ich habe jahrelange Therapieerfahrung und weiß, dass man sich leicht in Fachbegriffen und der Theorie verliert und dabei die Person dahinter vergisst. Es ist Ihnen gelungen, Pell mehrmals zu stören, und Sie haben ihn sogar fast erwischt. Kennt er Ihren Namen?«
    Sie nickte. »Aber glauben Sie, er würde seine Zeit damit verschwenden, Jagd auf mich zu machen?«
    »Sind Sie gegen ihn immun?«, fragte Rebecca und sah sie durchdringend an.
    Und damit war die Frage auch schon beantwortet. Ja, er konnte sie nicht kontrollieren. Und daher stellte sie für ihn ein Risiko dar.
    Bedrohungen müssen ausgeschaltet werden ...
    »Ich befürchte, er ist Ihretwegen beunruhigt. Sie sind eine echte Gefahr für ihn, und er will Sie aufhalten. Und wenn er jemanden kriegen will, versucht er es über dessen Familie.«
    »Muster«, sagte Dance.
    Rebecca nickte. »Vermute ich recht, dass Sie Angehörige in der Gegend haben?«
    »Meine Eltern und meine Kinder.«
    »Sind die Kinder bei Ihrem Mann?«
    »Ich bin verwitwet.«
    »Oh, das tut mir leid.«
    »Aber die beiden sind im Augenblick nicht zu Hause. Und ein Deputy bewacht sie.«
    »Gut, aber passen Sie auch auf sich selbst auf.«
    »Danke.« Dance deutete auf das Haus. »Ist zwischen Ihnen gestern Abend etwas vorgefallen?«
    Sie lachte. »Ich glaube, wir haben tiefer in der Vergangenheit geschwelgt, als uns bekommen ist. Wir haben schmutzige Wäsche gewaschen. Das war schon seit Jahren überfällig. Aber ich bin mir nicht sicher, ob die anderen das auch so sehen.«
    Rebecca ging wieder hinein und schloss die Tür ab. Dance spähte durch einen Spalt im Vorhang. Linda las in der Bibel, und Samantha betrachtete ihr Mobiltelefon, während sie sich zweifellos eine Lüge ausdachte, die sie ihrem Mann über die vermeintliche Verlagskonferenz auftischen konnte. Rebecca nahm ihren Skizzenblock und fing an, mit langen, wütenden Strichen etwas zu zeichnen.
    Das Vermächtnis Daniel Pells und seiner Familie.

...Fünfundvierzig

    Kathryn Dance war etwa eine halbe Stunde weg, als einer der Deputys in dem kleinen Haus anrief, um sich nach den Frauen zu erkundigen.
    »Es ist alles in Ordnung«, erwiderte Sam – abgesehen von der fast unerträglichen Anspannung im Raum.
    Er bat sie, zu überprüfen, ob die Fenster und Türen verriegelt waren. Sie sah nach und bestätigte, dass alles gesichert sei.
    Sie hockten hier richtig schön aufeinander. Samantha verspürte schlagartig Wut auf Daniel Pell, weil sie es allein ihm zu verdanken hatten, dass sie eingesperrt waren und in dieser Hütte festsaßen.
    »Allmählich krieg ich einen Knastkoller«, verkündete Rebecca. »Ich muss hier raus.«
    »Oh, das solltest du lieber nicht.« Linda hob den Kopf. Sam bemerkte, dass die abgenutzte Bibel an der aufgeschlagenen Stelle mit zahlreichen Fingerabdrücken übersät war, und fragte sich, welche Passagen der Frau wohl so viel Trost gespendet hatten. Sie wünschte, auch für sie gäbe es eine so schnelle und einfache Möglichkeit, sich Seelenfrieden zu verschaffen.
    Rebecca zuckte die Achseln. »Ich will bloß einen kleinen Spaziergang machen.« Sie zeigte in Richtung des Point Lobos State Park.
    »Wirklich, das solltest du lieber sein lassen.« Lindas Stimme klang gereizt.
    »Ich

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