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Die Merle-Trilogie 01 - Die Fließende Königin

Die Merle-Trilogie 01 - Die Fließende Königin

Titel: Die Merle-Trilogie 01 - Die Fließende Königin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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Tropfen noch im Fall.
    »Wir wollen«, sagte er und verbeugte sich mit einem verschlagenen Grinsen, »von nun an eure Freunde sein.«
    Etwas erschütterte die Welt.
    Gerade noch hatte der Schwarm der Meerjungfrauen still im Wasser geschwebt, wenige Meter unter der Oberfläche. Dann war ein ohrenbetäubendes Krachen ertönt, und eine Druckwelle packte sie, wirbelte sie durcheinander, als hätte ein zorniger Gott mit der Faust ins Meer geschlagen. Merle sah, wie über ihnen die Gondeln durcheinander geworfen wurden wie Papierboote; einige verkeilten sich ineinander, andere zerbarsten. Gleich darauf wurde sie von unsichtbaren Gewalten den beiden Meerjungfrauen entrissen, die sie eben noch an den Händen gehalten hatten, erst tiefer nach unten gesaugt und dann wieder emporgespült, einem dichten Gewirr aus Gondelteilen entgegen. Sie riss die Augen weit auf, sah die scharfen Kiele auf sich zurasen wie mächtige schwarze Schwertklingen, wollte schreien -
    Der Kugelhelm aus gehärtetem Wasser fing den Aufprall ab. Ein harter Ruck ging durch Merles Körper, aber der Schmerz blieb erträglich. Das Wasser war so aufgewühlt, als tobe an der Oberfläche ein Orkan. Plötzlich packten sie die Hände einer Meerjungfrau von hinten an der Taille und manövrierten sie blitzschnell unter den Gondeln hindurch zu den Pfählen einer nahen Bootsanlegestelle, nur wenige Meter entfernt. Der Blick der Meerjungfrau war angespannt. Es kostete sie alle Kraft, dem abwechselnden Spiel aus Druck und Sog zu widerstehen. Sie erreichten den Steg, und ehe Merle reagieren konnte, wurde sie durch die Oberfläche katapultiert, und die Fließende Königin schrie in ihren Gedanken: »Halt dich fest!«
    Sie riss die Arme auseinander und klammerte sich an einen glitschigen Pfahl der Anlegestelle, rutschte ein Stück daran hinab, bis ihre um sich tretenden Füße Halt fanden. In Windeseile kletterte sie an der Konstruktion empor, sank oben auf dem Steg zusammen und erbrach Salzwasser.
    Die Wasseroberfläche rund um die Anlegestelle tobte noch immer, schien aber allmählich ruhiger zu werden. Merle nahm den Helm ab, erblickte eine Hand, die sich ihr zum Abschied aus den Wogen entgegenstreckte, und warf die Kugel ins Wasser. Zarte Finger schlossen sich um den Rand der Halsöffnung und zogen den Helm in die Tiefe. Merle sah einen Schwarm heller Leiber unter Wasser davonschießen.
    »Ich fühle etwas …«, begann die Königin langsam, verstummte aber gleich wieder.
    Merle drehte sich um und blickte zwischen triefnassen Haarsträhnen zur Piazza hinüber.
    Erst sah sie nur das Feuer.
    Dann die Gestalt. Sah sie so deutlich, als hätte sich jede Einzelheit, jedes noch so scheußliche Detail innerhalb einer Sekunde in ihre Netzhaut gebrannt.
    »…Freunde sein«, hörte sie das Geschöpf noch sagen.
    Sie rappelte sich auf und lief an Land. Dort blieb sie abermals stehen. Sie zögerte. Gardisten scharten sich widerwillig um das schwebende Wesen, weit außerhalb seiner Reichweite, und doch nah genug, um es mit ihren Kugeln zu erreichen.
    Der Höllenbote schenkte den Soldaten keine Beachtung, sondern wandte das Wort an sein Publikum hinter den Säulen der Arkaden und am Rande des Platzes.
    »Gemeines Volk von Venedig, die Hölle bietet euch einen Pakt.« Genüsslich ließ er die Worte nachhallen. Das Echo verzerrte seine Kinderstimme zu einem grotesken Quieken. »Eure Herren, die Räte dieser Stadt, haben unser Angebot abgelehnt. Doch hört selbst, und trefft eure eigene Entscheidung.« Wieder machte er eine Pause, durchbrochen von den Befehlen des Gardehauptmanns. Ein zweiter, dann ein dritter Trupp eilten zur Unterstützung heran, begleitet von einem Dutzend Reiter auf steinernen Löwen.
    »Ihr fürchtet den Zorn des Pharaonenreiches«, fuhr der Bote fort. »Und das zu Recht. Mehr als dreißig Jahre lang habt ihr das Imperium abgewehrt. Doch schon bald werden die Mumienarmeen des Pharaos zum großen Schlag ausholen und euch vom Antlitz der Erde fegen. Es sei denn… ja, es sei denn, ihr habt mächtige Verbündete auf eurer Seite. Verbündete wie meine Meister!« Ein Schnaufen drang über die fleischigen Lippen. »Die Heerscharen unseres Reiches können es mit denen des Imperiums aufnehmen. Wir könnten euch beschützen. Ja, das könnten wir tun.«
    Merle war wie gebannt vom widerwärtigen Anblick der Feuergestalt. Immer mehr Menschen strömten aus allen Richtungen an den Rändern der Piazza zusammen, angelockt von den Flammen, dem Lärm und der Aussicht auf ein

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