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Die Merle-Trilogie 03 - Das Gläserne Wort

Die Merle-Trilogie 03 - Das Gläserne Wort

Titel: Die Merle-Trilogie 03 - Das Gläserne Wort Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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blickte besorgt auf sie hinab.
    Serafin hielt es nicht länger aus. „Ich geh zu ihnen."
    Ein letztes Mal blickte er zum Eisernen Auge empor, das sich wie eine graue Wand vor ihnen erhob, ein unfassbar hohes Ungetüm. Man hätte es für einen Berg halten können, wäre es nicht so glatt und unvermittelt aus der Eisebene aufgeragt. Das Dämmerlicht tat ein Übriges, die wahre Natur der Festung zu verschleiern.
    Irgendwo hinter den Schneewolken ging die Sonne unter. Zumindest vor den Barken mussten sie sich bald nicht mehr fürchten. Aber es gab gewiss andere Wächter hier draußen, am Fuß des Eisernen Auges. Wächter, die auch in der Nacht noch schnell und tödlich waren.
    Dario murmelte etwas, als Serafin losstiefelte, machte aber keine Anstalten, ihm zu folgen. Serafin war das ganz recht so. Er wollte allein mit Unke und der Sphinx sprechen.
    Doch als er schließlich über Lalapejas Schulter blickte und sah, was sie tat, blieben ihm die Worte in der Kehle stecken.
    Im Eis am Ufer klaffte ein Loch. Es sah aus, als hätte ein Raubtier es mit seinen Krallen gegraben. So nah beim Eisernen Auge war die Eisdecke viel dünner als dort, wo sich das Boot festgefahren hatte.
    Dreißig Zentimeter, schätzte Serafin, höchstens. Das musste an der Wärme liegen, die die Festung ausstrahlte. Pech, dass sie selbst kaum etwas davon spürten. Sicher, es war wärmer geworden, aber die Temperaturen lagen noch immer weit unter dem Gefrierpunkt.
    Lalapeja hockte im Schnee, hatte sich vorgebeugt und tauchte einen Arm bis zum Ellbogen ins Wasser. Ihre Hand ragte bewegungslos in die eiskalten Fluten. Die Sphinx hatte den Ärmel ihres Fellmantels zurückgeschoben, ihr bloßer Unterarm färbte sich allmählich blau. Trotzdem machte sie keine Anstalten, die Hand zurückzuziehen. Jetzt erst bemerkte Serafin, dass sie etwas vor sich hin flüsterte. Zu leise. Er konnte nicht verstehen, was sie sagte.
    Verstört sah er Unke an, die neben ihn getreten war. „Was tut sie da?" „Sie spricht mit jemandem."
    „Ihre Hand wird erfrieren."
    „Das ist sie vermutlich schon."

    „Aber -"
    „Sie weiß, was sie tut."
    „Nein", sagte er zornig, „offenbar weiß sie das nicht! Wir können es uns nicht leisten, sie halb erfroren mit in die Festung zu schleppen." Er streckte seine Hand aus, um Lalapeja an der Schulter zurückzureißen, fort vom Wasser.
    Doch Unke hielt ihn auf, und das Zischen, das mit einem Mal aus ihrem Haifischmaul drang, ließ ihn zusammenfahren. „Es ist wichtig. Wirklich wichtig."
    Serafin stolperte einen Schritt zurück. „Sie ist verrückt. Ihr beide seid verrückt geworden." Er wol te sich abwenden und zu den anderen gehen. Doch abermals hielt Unke ihn zurück.
    „Serafin", sagte die Meerjungfrau beschwörend, „sie spricht mit Merle."
    Er starrte sie entgeistert an. „Wie meinst du das?"
    „Das Wasser hilft ihr dabei." Unke winkte Serafin einige Schritte weiter, und dort - am Ufer des zugefrorenen Nils - erfuhr Serafin nun, was es mit Merles Wasserspiegel für eine Bewandtnis hatte.
    Er schlug die Arme vor die Brust und rubbelte seine Oberarme unter dem Fell, eher aus Nervosität als vor Kälte. „Das ist die Wahrheit, oder?", fragte er mit gerunzelter Stirn. „Ich meine, das ist wirklich dein Ernst?"
    Unke nickte.
    Serafin senkte seine Stimme. „Aber was hat Merle mit Lalapeja zu tun?"
    Die Meerjungfrau zeigte die Zähne: ein Lächeln. „Kannst du dir das nicht denken?"
    „Nein, verdammt!"
    „Sie ist ihre Mutter, Serafin. Lalapeja ist Merles Mutter." Ihr fürchterliches Grinsen wurde noch breiter, nur die Augen blieben menschlich und wunderschön. „Deine Freundin ist die Tochter einer Sphinx."
    Merle horchte konzentriert auf die Worte des Schemen, während sie sich zugleich alle Mühe gab, ihre zitternden Finger nicht zu tief in das Spiegelwasser zu tauchen. Sie durfte die Verbindung zu ihm jetzt nicht abreißen lassen, musste hören, was die Sphinx - ihre Mutter - ihr zu sagen hatte.
    „Sie sagt, du musst zu Börbritsch gehen", gab der Schemen weiter.
    „Burbridge?", fragte Merle.
    „Du sollst zu ihm gehen, nur dort bist du sicher. Sicherer jedenfalls als im Eisernen Auge."
    „Aber wir sind gerade erst vor Burbridge aus der Höl e geflohen! Sag ihr das."
    Eine Weile verging, dann überbrachte der Schemen die Antwort: „Sie lässt dir ausrichten, dass ihr ihn in seinem Spiegelkabinett treffen sollt. Du und deine Freundin. Sie soll dich dorthin führen."
    „Junipa soll mich in ein Spiegelkabinett

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