Die Messermacher (German Edition)
plötzlich recht blass geworden und ihr fast schon panischer Blick bestärkte Noras Einschätzung, dass irgendwas nicht stimmte. Ihre Tante nahm ihr aber gleich nach dem ersten Zögern den Zettel resolut aus der Hand und winkte ab.
„Ach das … das ist nur eine Erinnerung an mich, dass ich meinem neuen Bekannten den Rest von dem Geld mitbringen soll, das er mir mal geliehen hat.“
„Seit wann musst du dir Geld leihen?“, fragte ihr Bruder Jakob natürlich sofort und auch Tobias schaute sie erstaunt an.
„Das war mal beim Tanzen im Tanzcafè ,Eichenhof‘, da hatte ich ein enges Schlauchkleid an und keine Handtasche dabei. Die hatte ich im Auto vergessen und Mike wollte nicht, dass ich sie extra holen musste und so hat er mir was geliehen. Das hab ich dann aber vergessen und letztens hat er mir diesen Zettel zugesteckt und den hab ich am Freitag in meiner Hosentasche gefunden und zur Erinnerung auf meinen Arbeitsplatz gelegt“, versuchte sie umständlich zu erklären, doch dann fügte sie noch gereizt hinzu:
„Das geht euch doch eigentlich gar nichts an!“ Nora sah ihr mit äußerst gemischten Gefühlen nach, als ihre Tante hastig die Werkstatt verließ. Schon wieder arbeitete es in ihr und die Gedanken drehten sich im Kreis.
Was war hier los?
23
Langsam wurde es dunkel und ich spürte inzwischen gar nichts mehr – weder die völlig entkräfteten Arme, noch den schmerzenden Rücken – alles war taub und ich war völlig am Ende. Aber die Grube war schon mindestens einen halben Meter tief. Erschöpft hatte ich mich an den Rand gesetzt, um zu verschnaufen. Dabei fiel mir ein, dass ich doch einen Knochen etwas tiefer vergraben könnte, damit mir der Hund beim Graben behilflich sein würde. Welche Ironie – ein Hund buddelt das Grab für sein Herrchen! Bei diesem Gedanken musste ich lachen, doch ich hielt mir sofort den Mund zu. Ich durfte keinen Mucks von mir geben, doch jetzt noch weitermachen konnte ich auch nicht mehr. Ich war total platt, ich konnte ja nicht mal mehr die Schaufel halten! Die Idee mit dem Hund war ja auch idiotisch und wer wusste schon, ob der alte Knabe überhaupt noch bereit war, zu buddeln. Mir blieb also nichts anderes übrig, als morgen weiterzumachen und zu hoffen, dass ich mit dem Hund irgendwie klar kam. Dabei fiel mir ein, dass ich überhaupt nichts da hatte, was dem Köter schmecken könnte. Kein Fleisch, keine Wurst, nichts für Hunde war im Haus. Aber der Moritz würde sicher bald richtig Kohldampf kriegen und darauf musste ich vorbereitet sein. Also blieb mir nichts anderes übrig, als mich ins Auto zu setzen und zum Einkaufen zu fahren. Doch in unserem kleinen Ort kannte mich jeder und man würde sicher dumme Fragen stellen, wenn ich Hundefutter einkaufte. Da fiel mir ein, dass ich beim Aufräumen letztens im Keller eine alte Perücke meiner Mutter gefunden hatte, das war so ein schwarzes Afro-Locken-Ding und das würde ich mir aufsetzen und mit Renos Wagen zum Einkaufen fahren. Da würde mich sicher niemand erkennen!
Mühsam rappelte ich mich also hoch und schlurfte wie ein alter Mann ins Haus. Mein Gott! Wie viele Muskeln hatte so ein Körper eigentlich? Nach einem Blick in den Besenschrank stellte ich fest, dass Moritz immer noch friedlich schnarchte und so ließ ich die Türe einen Spalt offen, damit er raus konnte, falls er aufwachte. So hoffte ich, dass er nicht gleich ein Bellkonzert veranstalten würde, wenn er aufwachte.
Nachdem ich im Keller dann doch eine Weile suchen musste, fand ich endlich diese nach Mottenkugeln riechende Perücke und setzte sie mir auf. Ich schaute erst gar nicht in den Spiegel, denn bestimmt sah ich damit total bescheuert aus. Eine Sonnenbrille nahm ich sicherheitshalber auch noch mit und so verkleidet wollte ich dann los. Doch Reno hatte den Wagenschlüssel nicht stecken lassen und auch in seiner Tasche fand ich nichts. Wahrscheinlich hatte er den Schlüssel in der Hosentasche und da kam ich jetzt nicht ran, weil der Köter ja so gemütlich auf Renos Schoß schlummerte. Schöner Mist! Ich traute mich einfach nicht, den Hund auf die Seite zu schieben, ganz sicher würde er dadurch wach und vielleicht vor Schreck um sich beißen? Wer konnte das wissen? Also nicht mit dem Auto fahren … aber laufen? Dazu hatte ich auch keinen Bock. Doch dann fiel mir das alte Klapprad ein, das Reno mal hier vergessen hatte. Er hatte es beim Segeln auf seinem Boot dabei gehabt, damit er auf der Insel mit dem Rad fahren konnte
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