Die Messermacher (German Edition)
konterte Nora und richtete sich wieder auf. Ohne Sonne wurde es doch gleich etwas frisch.
„Komm, gehen wir rein, was essen. Hab nen Mordskohldampf!“, schlug Felix vor, aber Nora hatte zwar Hunger, jedoch überhaupt keinen Appetit.
„Geh ruhig schon voraus. Ich muss noch die Hängematte abhängen und mein Buch holen. Nimmst du die Schläger gleich mit rein?“
„Mach ich. Ich sag Mama, dass du auch bald kommst oder magst du nix essen?“
„Doch schon … ein bisschen was. Ich würde dann noch gern mit Opa essen, damit er nicht so alleine zu Hause rumsitzen muss“, meinte Nora und stapfte müde und mit ausgelaugten Muskeln den Hügel hinauf zu der Hängematte. Warum rief ihr Opa nicht an? Vielleicht hatte er ja auf ihrem Handy angerufen, während sie unten Federball gespielt hatten? Aufgeregt kramte sie es unter ihrem Sweatshirt hervor, doch das Display zeigte keinen entgangenen Anruf und auch keine SMS oder MMS an. Also nicht - gut, dann konnte sie auch kurz was mit den anderen essen und dann weiter warten. Was anderes blieb ihr ja schließlich auch nicht übrig. Mit einem seltsamen Gefühl im Bauch schlich sie mit hängendem Kopf ins Haus, wo es aus der Küche schon verführerisch nach Spiegeleiern roch. Nun bekam sie doch Appetit und freute sich auf einen „Strammen Max“, den sie sich jetzt gleich machen würde. Diesen Begriff hatte Marianne von einer Bayernreise mitgebracht - es war ein gut belegtes Brot mit Wurst und Spiegelei und Nora tat, wenn vorhanden, noch gerne ein Salatblatt unter das Ei. So auch heute und bei einem angeregten Tischgespräch, wo es um den Neubau des Ottenbacher Rathauses ging, vergaß Nora doch glatt die Zeit und schaute erst wieder um 21.30 Uhr auf die Uhr.
„Du meine Güte! Schon so spät und Opa hat immer noch nicht angerufen!“, rief sie entsetzt und lief hinauf in ihr Zimmer, um auf ihrem Handy nachzusehen. Enttäuscht kam sie mit ihrem iPhone wieder zurück ins Esszimmer.
„Keine Nachricht“, murmelte sie nur leise und setzte sich wieder hin.
„Nun mach dir mal keine Sorgen, Kind. Wahrscheinlich steckt er im Stau. Nach so einem herrlichen Wochenende gibt es doch immer starken Rückreiseverkehr durch München und auf der A8“, versuchte Delfina ihre Tochter zu trösten.
„Aber er könnte uns doch wenigstens Bescheid sagen, dass er unterwegs und alles in Ordnung ist!“, jammerte Nora, doch auch hier hatten die Erwachsenen einen Einwand:
„Während der Fahrt telefoniert Reno doch nie, das weißt du doch. Und momentan ist er auch ein bisschen durcheinander, da hat er sicher einfach vergessen anzurufen, bevor er abgefahren ist. Ich weiß ja, dass er das normalerweise immer tut. Aber zurzeit ist einfach nicht alles normal, verstehst du das nicht?“, fragte Jakob etwas genervt, denn er hatte selbst ein ungutes Gefühl wegen des Ausflugs seines Vaters. Das war wirklich nicht Reno-like, aber wie gesagt, was war in so einer Trauersituation schon normal?
„Ich kann aber nicht schlafen, wenn ich nicht weiß, ob es ihm gut geht und wo er steckt!“, maulte Nora trotzdem und verzog sich dann nach oben in ihr Zimmer. Dort warf sie sich mit ihrem Handy und mit dem schnurlosen Haustelefon aufs Bett und wartete. Sie lag einfach nur da und wartete auf eine Nachricht ihres Opas, die aber leider nicht kam. Die nie kommen würde, aber das wusste das arme Mädchen zu diesem Zeitpunkt ja noch nicht.
Irgendwann war sie dann doch eingeschlafen und wachte erst am nächsten Morgen zur gewohnten Zeit durch ihren Wecker wieder auf. Ihr erster Blick galt ihrem Handy, ob nicht doch eine Nachricht drauf war, die sie vielleicht überhört hatte, doch … nein, nichts – gar nichts! Auch das Schnurlose zeigte keine neuen Nachrichten auf dem Anrufbeantworter an, jetzt konnte es nur noch sein, dass Opa angerufen hatte und sie bereits geschlafen hatte. Hastig sprang Nora auf und lief in ihren Klamotten von gestern hinunter in die Küche. Dort hantierte ihre Mutter bereits herum und Nora bestürmte sie, ohne guten Morgen zu sagen:
„Hat Opa sich gemeldet? Ist er gut nach Hause gekommen?“
Doch Delfina antwortete nicht, sondern nahm ihre Tochter nur in die Arme und tröstete sie:
„Nein, Schatz. Opa hat noch nicht angerufen. Aber mach dir doch keine Sorgen, der liegt bestimmt von der langen Fahrt erschöpft im Bett und wollte so spät nicht mehr stören. Du weißt doch, wie anstrengend zwei Tage an der frischen Luft sein können.“
„Aber dann
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