Die Messermacher (German Edition)
„Leuchte doch mal hier rum. Vielleicht gibt es irgendwo einen Eingang durch dieses Dickicht. Moritz muss doch auch einen Durchgang gefunden haben“, bekräftigte Nora und schnappte sich kurzerhand die Taschenlampe. Joska ließ sie gewähren und half mit, eine Lücke zu suchen, durch die sie einigermaßen unbeschadet kriechen konnten. Endlich hatte Nora etwas entdeckt und war plötzlich wie vom Erdboden verschluckt. War sie in eine Höhle gefallen oder in eine Grube gestürzt? Doch bevor Joska in Panik nach ihr rufen konnte, hörte er sie bereits nach ihm rufen und ein feiner Lichtstrahl erhellte vom Innern des Dickichts einen kleinen Spalt, durch den der aufgeregte junge Polizist schlüpfen konnte.
Der Hund hatte sich inzwischen beruhigt und Joska sah Nora neben ihrem Moritz knien und ihn beruhigend streicheln.
„Was hast du denn entdeckt, mein Guter? Hast du einen Dachsbau oder so was gefunden?“, fragte Nora und schaute auf die Mulde, die ihr Hund gegraben hatte. Geistesabwesend kraulte sie den alten Schäferhund, doch plötzlich fing dieser wieder an zu graben und Nora sah Joska erschrocken an.
„Der lässt sich nicht davon abbringen, hier zu graben. Das ist schon seltsam …“, murmelte sie mehr zu sich selbst. Doch in Joska hatte sich bereits eine grausige Idee festgesetzt und er stieß ein entsetztes: „Oh Gott!“ aus.
„Was ist?“, fragte Nora und geriet augenblicklich wieder in Panik. Wenn man nachts an so abgeschiedener Stelle mit einem aufgeregt buddelnden Hund, schaurig pfeifendem Wind und einen Polizisten neben sich hatte, der entsetzt die Augen aufgerissen hatte, konnte das nichts Gutes bedeuten. Langsam fing Nora an, die Zusammenhänge zu kapieren und sie ließ sich nach Luft ringend auf den Boden fallen.
„Mein Gott, Nora! Was ist mit dir?“, fragte Joska panisch, denn er hatte sie nicht mehr auffangen können. Zu sehr war er mit seinen eigenen Gedanken beschäftigt gewesen.
„Ob er da drin liegt?“, wisperte Nora und schmiegte sich haltsuchend an ihren Begleiter.
„Wen meinst du?“, fragte Joska und drückte Nora fest an sich. Er wusste, was sie gleich sagen würde, doch er wollte es aus ihrem Mund hören.
„Mein Opa … meinst du, dass er da vergraben ist?“
„Ich weiß es natürlich auch nicht, aber alles spricht dafür, dass dein Opa zumindest hier war. Vielleicht hat dieser Rüdiger auch nur etwas von deinem Großvater hier vergraben – warum auch immer – und Moritz riecht das?“, antwortete Joska mit fester Stimme, obwohl er sich fast sicher war, dass nicht nur etwas, das nach Herrn Angerer roch, hier verbuddelt war. Doch irgendwie wollte er Nora nicht die letzte Hoffnung nehmen, dass ihr Opa noch leben könnte. Aber dann stieß Nora einen spitzen Schrei aus, als ihr Hund einen Arm freigelegt hatte. Angewidert drehte sie ihr Gesicht zur Seite und Joska hatte große Mühe, die haltlos zitternde und schluchzende Nora zu beruhigen.
„Nun beruhige dich doch, Nora. Wir wissen doch noch gar nicht, wer das ist. Moritz muss sofort hier weg, sonst zerstört er alle Spuren! Komm! Steh auf! Das ist jetzt nicht mehr unsere Sache. Wir müssen die örtliche Kripo einschalten. Komm jetzt!“, forderte er seine Freundin eindringlich auf und zog sie in die Höhe. Er schnappte Moritz am Halsband und zerrte ihn durchs Dickicht zurück zum Haus. Die immer noch völlig aufgelöste Nora setzte er auf die Veranda und für Moritz holte er einen Strick aus der Garage und band ihn dann neben Nora an eine Strebe der Balustrade. Dann erst zückte er sein Handy und wählte die Nummer des Notrufs. Den Zettel mit der Telefonnummer von Herrn Wagner konnte er so schnell nicht finden und so ließ er sich von der Zentrale mit ihm verbinden. Erstaunlich schnell nahm dieser ab. Anscheinend hatte er doch noch nicht Feierabend gemacht.
„Sie müssen nochmal zum Haus von dem Haupt kommen. Unser Hund hat eine Leiche entdeckt.“
„Was?“, rief Herr Wagner entsetzt. „Sind Sie sicher?“, fragte er dümmlich hinterher, da in seinem Bezirk äußerst selten ein Mord passierte und er in seiner gesamten Laufbahn erst zwei Morde gemeldet bekommen hatte. Zuständig dafür waren dann allerdings seine Kollegen von der Kripo gewesen.
„Natürlich bin ich sicher, was denken Sie denn? Schon vergessen, dass ich von der Kripo bin?“, fragte Joska verärgert und veranlasste Herrn Wagner mit autoritärer Stimme, dass dieser ihn mit der zuständigen Kriminalstelle
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