Die Milliarden-Verschwender - wie Beamte, Bürokraten und Behörden unsere Steuergelder zum Fenster hinauswerfen
einfach, weil Zahlen relativ sind und 200 000 Euro im Jahr 2012 nicht dasselbe wie 200 000 Mark im Jahr 1991. Doch liegt es in der Natur geldmarktpolitischer Entwicklungen, dass die 200 000 Mark 1991 einen höheren Wert darstellten als die 200 000 Euro heute. Wenn also die Stadt Stuttgart 1991 ihrem Oberbürgermeister und ihren acht Bürgermeistern einen Dienstwagen plus Chauffeur für jeweils fast 200 000 Mark, insgesamt 1,75 Millionen Mark im Jahr, zur Verfügung stellte, dann ist das eine stattliche Summe. Und manchmal sind solche Vergleichszahlen hilfreich, um sich die Verhältnismäßigkeit von Sachausgaben vor Augen zu führen. Offenbar waren die Stuttgarter damals so reich, dass sie es sich leisten konnten, jedem einzelnen Stadtteilbürgermeister allein für den Unterhalt des Dienstfahrzeugs ein Budget zur Verfügung zu stellen, das sich mit dem Jahresgehalt eines Bundespräsidenten messen kann. Indessen beschränkte sich die Mobilität der städtischen Beamten nicht auf teure Dienstwagen. In den Jahren 1987 bis 1991 unternahmen Angestellte der Stadt Stuttgart Dienstreisen in die USA, nach Kanada, Mexiko, Israel, Frankreich, England, Dänemark, Luxemburg, Österreich, Italien, Schweden, Russland und die Schweiz. Der Landesrechnungshof, der die damit verbundenen Ausgaben überprüfte, stellte anschließend freundlich fest: »Insgesamt entsteht der Eindruck, als sei man davon ausgegangen, einen erwarteten Tätigkeitsnachweis durch großzügiges Ausgabeverhalten erbringen zu müssen.« Klar, Reisen bildet ja immerhin, und da die Stuttgarter bekanntermaßen »alles außer Hochdeutsch« können, hofften sie vielleicht, wenigstens in Sachen Fremdsprachen etwas nachholen zu können? Dann ist da noch die Sache mit dem Bahnhof. Der wird nun, nach langer Auseinandersetzung, gebaut, und wir können uns darauf verlassen: teuer wird’s. Und natürlich teurer als geplant. Irgendwann wird all dies Geschichte sein. Es würde sich also zur Dokumentation im »Haus der Geschichte« eignen. Das Planungskonzept für diese Einrichtung hatte den Steuerzahler bereits 16 Millionen Mark gekostet, als man sich 1993 zunächst entschied, das Projekt aus Finanzgründen aufzugeben. Schließlich einigte man sich doch für einen Neubau, in dem seit 2002 die Geschichte Baden-Württembergs thematisiert wird. Und tatsächlich gab es dort von Dezember 2011 bis April 2012 die erste Ausstellung über die Auseinandersetzung um den Stuttgarter Bahnhof.
Vergangene Zeiten (1985)
Manche Dinge, die in den 1980er-Jahren passiert sind, können wir uns heute kaum mehr vorstellen. Der BRD ging es gut, das vom Marshallplan angestoßene Wirtschaftswunder hatte uns jahrzehntelangen Wohlstand beschert, und so hatte man sich auch im öffentlichen Dienst eine große Sorglosigkeit angewöhnt. Eine Sorglosigkeit, die sich in der Es-ist-mein-Geld-Haltung ebenso ausdrückt wie in der Es-ist-ja-nicht-mein-Geld-Mentalität. Diese waren damals noch viel stärker verbreitet. Gewohnheiten aber, das wissen wir, ändern sich nicht so schnell. So gab es damals kaum einen Politiker oder Beamten, der am Umfang, den Kosten und der Scheindienstlichkeit vieler Reisen Anstoß nehmen wollte. Beispielsweise besichtigten Angehörige des Unterausschusses »Justizvollzug« im Hessischen Landtag schwedische und norwegische Haftanstalten. Wo eine fünfköpfige Delegation ausgereicht hätte, zeigte man sich großzügig und nahm gleich 27 Personen mit, die meisten von ihnen Parlamentarier. 100 000 Mark wurden für diese Reise ausgegeben, und dies, obwohl einschlägige Studien bereits ergeben hatten, dass sich die skandinavischen Verhältnisse leider nicht auf Hessen übertragen ließen. Oder man gab für einen mehrtägigen Aufenthalt in Bangkok, den sich Mitarbeiter der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte auf einer Südostasienreise leisteten, folgenden Grund an: »Beratung auf Wunsch des deutschen Generalkonsuls«. Wer hätte da so kleinlich sein wollen und darauf hinweisen, dass es in Bangkok keinen deutschen Generalkonsul gab? Auch versteht es sich von selbst, wie der Streit ausging, den die Grünen mit der CDU in Heidelberg um die Besuche von Partnerstädten führten: Zunächst hieß es, ausschließlich Ehepartner dürften in der Gemeindedelegation mitfahren, deren Reise aus öffentlichen Mitteln finanziert wurde. Die Grünen sahen in dieser Regelung eine Benachteiligung von nichtehelichen Lebensgemeinschaften und einen Ausdruck rückständiger Moral. Doch nein, nicht die
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