Die Milliarden-Verschwender - wie Beamte, Bürokraten und Behörden unsere Steuergelder zum Fenster hinauswerfen
Ehepartner sollten daraufhin selbst zahlen, sondern die nichtehelichen Lebenspartner wurden gleichgestellt. Sie durften nun ebenfalls auf Kosten des Steuerzahlers verreisen. Wüsste ich es nicht besser – ich wäre geneigt, nachzuschlagen, ob das Wort »Sparsamkeit« im Duden der 1980er-Jahre schon enthalten war. Denn offenbar kam jenen, die an solchen fadenscheinigen und oft teuren Reisen teilnahmen, nicht einmal der Gedanke, es könne sich hier um Steuergeldverschwendung handeln. Die Möglichkeit, dass man sie dafür zur Rechenschaft ziehen könnte, schien damals ungefähr so fernzuliegen, wie es uns heute abwegig vorkommt, anstelle von E-Mails eine Postkarte zu schreiben. Immerhin, es gab sie auch da, die berühmten Ausnahmen, die zur Bestätigung der Regel dienen. Als 33 Hessen auf Einladung der Sowjetunion nach Armenien fuhren, entzündete sich ein Streit über die horrenden Flugkosten. Eine Angehörige der FDP, Ruth Wagner, verlangte, dass sich die Reisenden an den Flugkosten privat beteiligen sollten, und blieb, nachdem der Kulturausschuss ihre Forderung ablehnte, zu Hause. Daraufhin schickten die Kollegen ihr aus der UdSSR eine Postkarte, auf der sich jeder einzelne von ihnen mit seiner Unterschrift verewigte. Keiner der Beteiligten scheute sich, die persönliche Teilnahme an der Verschwendung, die den hessischen Steuerzahler 58 000 Mark kostete, auch noch mit seiner Unterschrift zu bezeugen! Es ist ein schönes Beispiel dafür, dass sich die Haltung in einer Gesellschaft verändern kann und dass dieser Wandel bereits begonnen hat, zu dem die Veröffentlichungen des Schwarzbuches beigetragen haben. In Zeiten zunehmender Transparenz ist es meiner Ansicht nach schon deutlich schwieriger geworden, so ohne jegliches Unrechtsbewusstsein in die öffentlichen Kassen zu greifen.
Hannover (1989)
Hannover. Der Name der Stadt klingt vielversprechend für jene, die sich der investigativen Aufklärung von Skandalen widmen. In den USA wurden investigative Journalisten zu Beginn des 20. Jahrhunderts als »Muckraker« bezeichnet, was so viel heißt wie Mistaufwühler oder Nestbeschmutzer. Ein Vorwurf, den ja auch ich hin und wieder zu hören bekomme.
Die CDU-nahe Konrad-Adenauer-Stiftung veranstaltete 1989 einen Kongress mit dem Titel »Zukunftsstadt« und suchte dafür nach Geldgebern. Die Regierung von CDU und FDP hatte zunächst 470 000 Mark zur Verfügung gestellt, die der Landtag jedoch nicht mittragen wollte, sodass der Zuschuss wieder aus dem Haushalt gestrichen werden musste. Doch wo ein Wille ist, ist auch ein Weg. Der findige Sozialminister Hermann Schnipkoweit hatte aufgrund seines Amtes Zugriff auf den Landesanteil am Spielbankaufkommen. Dieser war nämlich für »außergewöhnliche Maßnahmen im sozialen Bereich« vorgesehen. Ist es nicht eine schöne Eigenschaft von Sprache, dass ihre Bedeutung der Interpretation unterliegt? Der Minister jedenfalls entnahm diesem Topf 300 000 Mark und gab sie der Adenauer-Stiftung für ihren Kongress. Warum auch nicht? Obgleich der Kongress selbst nicht unbedingt als »Maßnahme im sozialen Bereich« durchgeht, schien es doch immerhin möglich, dass es beim Thema »Zukunftsstadt« um zukünftige soziale Maßnahmen gehen sollte. Das sah die damalige SPD-Opposition anders. Ein von ihr in Auftrag gegebenes Rechtsgutachten ermittelte, dass Schnipkoweit sich wegen Untreue nach § 266 Strafgesetzbuch strafbar gemacht hatte. Der Fall wurde dann von der Staatsanwaltschaft Hildesheim verfolgt, das Verfahren aber eingestellt.
»Bimbes« (1990)
Wer aus Rheinland-Pfalz stammt und, sagen wir, spätestens Anfang der 1980er geboren wurde, dem könnte folgende Beobachtung vertraut sein: Bis 1998 reagierten Menschen außerhalb des kleinen Bundeslandes, nachdem sie die Herkunft eines echten Pfälzers erfragt hatten, mit dem Ausruf: »Ach, Sie kommen aus der Region von Helmut Kohl. Da gibt es doch diesen schrecklichen Saumagen!« Nach der Regierungsübernahme durch Gerhard Schröder verschwand dann mit dem pfälzischen Kanzler, der für das liebe Geld den Ausdruck »Bimbes« geprägt hatte, auch das Saumagen-Stereotyp aus dem Bewusstsein der Deutschen. Das heißt natürlich nicht, dass die Pfälzer nicht wüssten, wie man an Bimbes kommt. So stellte der Landesrechnungshof fest, dass die Straßenverwaltungen in großem Umfang ungerechtfertigte Fördermittel des Landes bezogen. Sie bedienten sich dabei eines einfachen Tricks: In 357 Fällen nämlich, so stellte man bei einer Prüfung fest,
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