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Die Mission des Wanderchirurgen

Die Mission des Wanderchirurgen

Titel: Die Mission des Wanderchirurgen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolf Serno
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stelzte er auch schon los, und Vitus und der Magister mussten sich eilen, um hinterherzukommen.
    Sie schritten kräftig aus. Der Tag war schön, es wehte ein frisches Lüftchen, das sie nicht allzu sehr in Schweiß geraten ließ. Am Rande des Weges tauchten Wiesen und Weiden auf und immer wieder Felder, auf denen Weizen, Gerste und Rüben schon abgeerntet waren. Ab und zu begegneten sie ein paar Bauersfrauen, die Schafe oder Rinder vor sich hertrieben, und hier und da tauchte ein Wald vor ihnen auf, der größtenteils aus Weiden und Steineichen bestand, und ein- oder zweimal versuchte der Magister sein Glück, indem er aufs Geratewohl nach Trüffeln grub. Doch wie nicht anders zu erwarten, fand er nichts, und sie setzten ihre Reise fort.
    Am frühen Nachmittag überquerten sie die Etsch, wobei sie ein paar Benediktinermönche kennen lernten, die ebenfalls nach Genua wollten, um von dort per Schiff weiter nach der Hafenstadt Barcelona zu reisen. Dann sollte es zu Fuß weitergehen, den Jakobsweg entlang bis nach Santiago de Compostela, dem uralten Wallfahrtsort in Galizien. »Ach, Galizien, du meine Heimat«, seufzte der Magister, »wann werde ich dich je wiedersehen?«
    Einige Tage später, sie hatten sich gerade von den Mönchen getrennt, denn diese gingen ihnen zu langsam, setzten sie über den Po, dessen Ufer an dieser Stelle von zahllosen Pappeln gesäumt wurden. In der Lombardei angekommen, riss der Magister unvermittelt die Arme hoch und rief. »Endlich zu Hause! Wenn alles auch ein wenig fremd anmutet!«
    »Wui, du Gack, wiewo? Ich denk, Galizien is dein Mutterboden?«
    Auch Vitus blickte fragend, und der kleine Gelehrte bequemte sich zu einer Anwort: »Ja, wisst ihr es denn nicht? Die Lombardei wurde anno 1535 zu einem spanischen Reichslehen. Und das ist sie auch heute noch! Vielleicht habe ich in guter spanischer Erde mehr Glück?«
    Er steuerte auf eine Ansammlung stattlicher Pappeln zu und begann wahllos unter einer zu graben – mehr schlecht als recht, denn in Ermangelung einer Schaufel bediente er sich eines Stockes. Natürlich schlug auch dieser Versuch fehl, was ihn zu dem Ausruf veranlasste: »Man müsste Schwein sein, dann wäre man klüger!« Unter dem Gelächter seiner beiden Begleiter warf er den Stock fort und schloss sich ihnen wieder an.
    Nach einiger Zeit, eine Stunde mochte wohl vergangen sein, krähte der voranmarschierende Zwerg plötzlich: »Zapperlot un schwere Not! Was spähen meine Sehlinge?«
    Der Magister blickte zu ihm auf. »Ich weiß es nicht, aber du wirst es mir gewiss gleich sagen, mein kleiner Riese. Schließlich hast du den besseren Überblick und … alle Wetter! Das ist aber mal eine Überraschung!«
    Auch Vitus riss die Augen auf. Hinter einer Wegbiegung war eine Kolonne von zerlumpten Männern aufgetaucht, traurige Gestalten, die in Zweierreihen vor ihnen hermarschierten und Fahnen mit Kreuzen und Fischen und Tauben schwangen. Im Einklang mit ihrem schweren Schritt sangen sie ein Lied. Es waren Geißler, wohl über zweihundert Mann, und wie es aussah, hatten sie nur einen einzigen Zugmeister: Arnulf von Hohe.
    Und dieser hatte sie ebenfalls erblickt. Er gab seinen Männern das Zeichen zum Halt und schritt würdevoll auf die Freunde zu. Kurz vor ihnen blieb er stehen und musterte besonders den zum Riesen gewandelten Zwerg. Er wollte etwas sagen, doch Enano kam ihm zuvor und krähte von oben herab: »Glatten Schein un kronig Jamm, Kuttengeier! Nu, wie strömt’s da unten?«
    Arnulf beschloss, nicht darauf einzugehen, und schob die Hände in die Ärmel seiner Kutte. »Gott zum Gruße, Ihr Herren. Ich stelle fest, unser Mitbruder Massimo befindet sich nicht unter Euch. Wo ist er?«
    »Er ist nicht hier«, antwortete Vitus.
    »Das sehe ich, Cirurgicus. Glaubt nicht, dass Ihr mich für dumm verkaufen könnt, so wie es Euch schon einmal vor der Herberge gelungen ist. Massimo hat mir den Treueid geschworen, und wenn ich ihn treffe, werde ich diesen einfordern. Sagt ihm das ruhig, wenn Ihr ihn das nächste Mal seht.«
    »Das wird kaum möglich sein. Ich wäre Euch dankbar, wenn Ihr uns nicht weiter aufhalten würdet.«
    Arnulf zog die Hände aus seinen Ärmeln und begann mit dem rechten Zeigefinger zu fuchteln. Offenbar übermannte ihn jetzt doch der Ärger. »Ihr mit Eurer hochnäsigen Art! Glaubt, etwas Besseres zu sein, wie? Aber ich sage Euch, auch Euer Stündlein wird noch kommen, wenn Ihr erst jammernd und flennend zu Kreuze kriecht, aus Angst vor der großen Schlange

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