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Die Mission des Wanderchirurgen

Die Mission des Wanderchirurgen

Titel: Die Mission des Wanderchirurgen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolf Serno
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Tudors. Welche Farben könnten besser zu ihren roten Haaren passen! Das weiße, golddurchwirkte Haarnetz scheint mir neu zu sein. Vielleicht ein Geschenk von Robert Dudley, dem Mann ihres Herzens, den sie zum Earl of Leicester gemacht hat.
    »Was starrt Ihr mich so an, Sir Francis?« Elisabeth hatte ihr Spiel beendet und lächelte ihn an.
    Walsingham riss sich zusammen und setzte ein dienstliches Gesicht auf. »Verzeiht, Majestät, nun, es ist nur, weil Ihr heute wieder wundervoll ausseht.«
    Elisabeths Lächeln verstärkte sich, allerdings nur bis zu einem gewissen Grad, denn sie hatte, wie er wusste, in letzter Zeit einige Zähne verloren. »Das sagt Ihr an jedem Tag, den Gott werden lässt, stimmt’s Kate?«
    Die alte Erzieherin nickte wortlos.
    »Was gibt es, Sir Francis?«
    »Ich muss einige Dinge mit Euch besprechen, Majestät, entschuldigt, dass ich so unangemeldet hereinplatze.«
    »Das bin ich ja gewöhnt. William Cecil hält es ganz genauso.«
    »Jawohl, Majestät.« Walsingham wusste natürlich, dass seine Herrscherin auch mit anderen Staatssekretären einen für königliche Verhältnisse eher zwanglosen Umgang pflegte. »Ich wollte Euch einige von mir vorbereitete Dokumente zeigen, dazu ein Buch, das gewiss Eurer Aufmerksamkeit wert ist.«
    »Ein Buch?«
    »Jawohl, ein Werk von einiger Brisanz, wenn man den Inhalt richtig liest.«
    »Ich verstehe.« Elisabeth erhob sich und ging zu einem zierlichen Schreibtisch hinüber. »Kate, sei so gut und richte der Kammerzofe aus, sie möge mir für heute Nachmittag das karmesinrote Kleid mit dem Perlenbesatz herauslegen. Und nimm die Mädchen gleich mit.«
    Als alle hinausgegangen waren, sagte Elisabeth: »Ihr macht es spannend, Francis.«
    Walsingham durchströmte jedes Mal ein warmes Gefühl, wenn seine Königin ihn nur beim Vornamen nannte. Leider tat sie das nur, wenn beide allein waren. »Majestät, ich wollte Euch bitten, Einsicht in diese Dokumente zu nehmen. Ihr werdet sehen, dass die Mittel, die für geheimdienstliche Tätigkeiten zur Verfügung stehen, schon jetzt zur Jahresmitte nahezu erschöpft sind, und das, obwohl ich sie sogar aus meinem eigenen Vermögen bezuschusst habe.«
    Elisabeth überflog die Papiere. »Und dasselbe erwartet Ihr jetzt von mir. Ich soll Euren Spionageapparat aus meiner Privatschatulle unterstützen.«
    Walsingham sagte darauf nichts. Es war klar, dass er es wollte.
    Elisabeth runzelte die Stirn. »Nehmt Platz, Francis. Euer Geheimdienst ist finanziell ein Fass ohne Boden.«
    »Aber sehr nützlich, wenn nicht gar unabdingbar. Bedenkt nur, was meine Männer schon alles für Euch herausgefunden haben.«
    »Ihr meint, für England.«
    Walsingham hätte fast geantwortet: Ihr seid England, Majestät!, aber er unterließ es. Elisabeth hatte ein feines Gehör für Schmeicheleien, die zu dick ausfielen. Also schwieg er.
    »Ich weiß, Francis, ich weiß. Sprechen wir es ruhig aus: Ihr lasst für England bespitzeln, bestechen, betrügen – und manchmal auch foltern. Einzelheiten interessieren mich nicht. Wenn dieser Apparat nur nicht solche Unsummen kosten würde!«
    Walsingham schwieg noch immer. Ihm lag auf der Zunge, dass allein das jährlich wiederkehrende Fest der Thronbesteigung Summen verschlang, die um ein Vielfaches höher lagen. Doch selbstverständlich war eine solche Bemerkung undenkbar. Wenn er sich recht erinnerte, waren beim letzten Mal an die fünfhundert Ochsen, dreitausend Schafe, fünfhundert Lämmer, zweihundert Schweine und fünfzehntausend Hühner verzehrt worden, von dem Wild gar nicht zu reden. Gewiss, die Weihnachtstage waren wie immer hinzugekommen, und der Hofstaat umfasste nicht weniger als eintausendfünfhundert hungrige Mäuler … Trotzdem: Was da stattfand, war die wirkliche Verschwendung. Dies alles wiederum stand im Gegensatz zu Elisabeths sonstiger Sparsamkeit. Der Kakao als exotischer Trank, der in manchen Londoner Häusern Einzug gehalten hatte, war ihr zu teuer. Sie trank lieber gewürztes Bier und aß saure Heringe. Und das schon morgens. Aber auch dafür liebte er seine Herrscherin.
    »Ich werde Eurem Spionageapparat mit, sagen wir, achthundert Pfund unter die Arme greifen. Mehr kann ich Euch im Moment nicht geben.«
    Walsingham fiel ein Stein vom Herzen. »Ich danke Euch, Majestät.«
    »Ich hoffe, Cecil reißt mir dafür nicht den Kopf ab. Er liegt mir seit einiger Zeit in den Ohren, wir müssten alles daransetzen, unsere Flotte zu vergrößern. Jeder Penny müsse dafür ausgegeben werden.

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