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Die Mission des Wanderchirurgen

Die Mission des Wanderchirurgen

Titel: Die Mission des Wanderchirurgen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolf Serno
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Segen dazu haben sie, vorausgesetzt, auch du hast nichts dagegen, Cirurgicus?«
    »Wie sollte ich? Ich bin nicht ihr Anführer, allenfalls ihr Sprecher.«
    »Gut, dann sei es so. Dabei fällt mir ein, wie ich die beiden für ihre gestrige Tapferkeit belohnen kann: Sie dürfen die Kamele, auf denen sie reiten, von nun an ihr Eigen nennen.«
    Der Khabir verneigte sich zum Zeichen, dass er verstanden hatte. »Ich wünsche dir und deinen Gästen angenehme Abendstunden, Herr. Sei gewiss, eine Störung wie gestern wird sich nicht wiederholen.«
    »Das zu hören ist für mein Hirn wie eine gute Speise für den Magen.« Er wandte sich Vitus zu. »Ich denke, Cirurgicus, das war das richtige Stichwort. Eine kleine Stärkung wird uns gut tun. Die Dienerschaft hat ihre Vorbereitungen beendet, und wie ich sehe, steckt ein Lamm auf dem Spieß. Sprechen wir ihm zu und lauschen dabei den Geschichten, die uns auf die Lippen kommen. Gestern Abend wolltest du ein eigenes Erlebnis erzählen, als die leidige Sache mit dem Überfall dazwischenkam.«
    »Richtig.« Vitus nahm ein Stückchen Lamm in die Finger der Rechten und tauchte es in eine Schale mit Reis. »Als Arzt war es interessant für mich, zu hören, dass Schwären hierzulande mit einem Teig aus Mehl und zerlassener Butter behandelt werden. Ich selber pflege derlei mit saurer Molke zu bekämpfen, allerdings nur, wenn die Läsion trocken ist. Ist sie dagegen feucht, kommt eine aufsaugende Arznei zur Anwendung, getreu dem Wissen der alten Meisterärzte, nach dem Feuchtes mit Trockenem und Trockenes mit Feuchtem zu heilen ist. Neben der Molke sind Kalkpulver, Wollfett und Johannisöl die Mittel der Wahl.«
    Sîdi Moktar nickte. »Diese Medikamente sind mir allesamt bekannt. Wenn auch nicht unbedingt in diesem Anwendungsbereich.« Er griff nach einer Honignuss und legte sie wieder beiseite. Kandierte Datteln waren noch süßer. Während er genüsslich eine in den Mund schob, fragte er: »Und in welchem Zusammenhang steht das alles mit deiner Geschichte?«
    Vitus nahm einen weiteren Bissen von dem Lamm, um seinen Gastgeber noch ein wenig auf die Folter zu spannen, und sagte dann: »Vielleicht ist es ganz gut, dass Ngongo jetzt nicht da ist, denn das, was ich erzählen will, ist grausam: Es ist ›Die Geschichte von den Negersklaven aus Guinea und von Okumba, dem Anführer der Cimarrones‹. So höre denn: Es war in Habana, der Hauptstadt der großen Insel Kuba, wo ich Negersklaven traf und ihre schwärenden Wunden behandelte.«
    »Nanu«, meinte Sîdi Moktar, »was veranlasste dich denn, Sklaven zu behandeln?«
    »Die Barmherzigkeit, die sowohl Gott als auch Allah von jedermann fordern.«
    »Aha, nun ja.«
    »Es handelte sich um Menschenware, die kurz zuvor auf einem so genannten
Guineaman
, einem Sklavenschiff, aus Afrika gekommen war. Die Leute befanden sich in einem jämmerlichen Zustand, weshalb der Magister, der Zwerg und ich auch nur wenig tun konnten.«
    Enano fistelte dazwischen: »Hewitt, der Gack, hat auch mittrafacket!«
    »Richtig. Hewitt, ein Matrose, half uns ebenfalls. Was die armen Menschen durchgemacht hatten, wussten wir von Häuptling Okumba, einem Schwarzen, der ebenfalls aus Guinea stammte und zum Anführer der Cimarrones geworden war.«
    »Cimarrones?« Sîdi Moktar runzelte fragend die Brauen.
    »So werden die entflohenen Sklaven genannt. Sie bilden eigene, dorfähnliche Gemeinschaften. Okumba, seine Männer und deren Frauen und Kinder leben in Mittelamerika nahe der Stadt Nombre de Dios. Sie hassen die Spanier und die Portugiesen bis aufs Blut, denn diese sind es meist, welche die Schwarzen an den Küsten Afrikas rauben. Sie machen regelrecht Jagd auf sie, erschrecken sie zu Tode mit ihren Feuerwaffen und sammeln sie ein wie ein Pflücker die Frucht. Danach schaffen die Jäger ihren Fang zur Küste, wo er auf ein Schiff verladen wird. Manchmal sind schon mehrere Dutzend Menschen an Bord, darunter ganze Familien. Auf dem Oberdeck werden Verschläge gebaut, in die man die Männer hineinpfercht. Frauen und Kinder dürfen sich frei bewegen, allerdings nur unter strenger Bewachung. Wer von den armen Schwarzen denkt, die Reise würde nun beginnen, sieht sich getäuscht. Es vergehen in der Regel noch Wochen, bis die Anzahl Sklaven erreicht ist, die eine Überfahrt lohnend macht. Und während der ganzen Zeit, die sie in diesem elenden, menschenunwürdigen Zustand verbringen, baut der Zimmermann Zwischendecks ein. Weißt du, wie hoch so ein Zwischendeck

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