Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Mission

Die Mission

Titel: Die Mission Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rod Rees
Vom Netzwerk:
die Frauen, die normalerweise im Pig verkehrten, ungewöhnlich. Sogar der Reifrock war unauffällig. Alles in allem eine Kluft, in der sich selbst ihre biedersten und konservativsten Geschlechtsgenossinnen höchstens tot zeigen würden. In dieser Art von Kleidung wurden Frauen normalerweise bestattet.
    Doch so anständig und konservativ ihr Kleid auch war, es konnte nicht verbergen, dass die Kleine eine sehr aufregende Figur hatte.
    Burlesque war weniger beeindruckt. »Hmm, das Kleid is’n bisschen trostlos, und Sie ’n bisschen zu dürr, um singen zu könn’. Die Leute, die herkommen, um ’ne Sängerin zu sehn, wolln was mit Fleisch dran. Andererseits haben Sie durchaus pralle Möpse.«
    »Möpse?«, fragte Ella verdutzt.
    »Titten«, erklärte Burlesque lobenswert schnell. »Ja, Sie ham ’nen orntlichen Vorbau. Meine Kunden sehn es übrigens gern, wenn die Sängerinnen ein bisschen damit rumwackeln, wenn Sie wissen, was ich mein.« Er zwinkerte ihr zu, doch wie durch ein Wunder ging sie nicht darauf ein. »Sie müssen beim Singen zeigen, was Sie ham.« Plötzlich verstummte er und warf dem Mädchen einen misstrauischen Blick zu. »Sie sind doch nich etwa ’ne Suff-Ra-Gette, oder? Von denen krieg ich in letzter Zeit nämlich ganz komische Briefe.«
    »Ich bin ganz bestimmt keine, Mr. Bandstand. Und was meine … Möpse angeht, so bin ich hergekommen, um vorzusingen, nicht um zu strippen.«
    Feuer unterm Arsch, das gefiel Vanka. Er beschloss, ihr zu Hilfe zu kommen. »Sagten Sie nicht, Sie würden ein vornehmes Lokal aus dem Pig machen wollen, Burlesque? Das Image des Bumslokals abschütteln? Miss Thomas macht gewiss einen sehr vornehmen Eindruck.«
    »Na schön«, erwiderte Burlesque mit einem resignierten Seufzer. »Mal sehn, wasse können. Sprechen’Se mit Arthur.« Er zeigte mit dem Kinn auf die Bühne. »Der Kerl da am Klavier. Ham’Se Ihr Büchlein dabei?«
    Hatte sie. Mit einem Selbstvertrauen, das ihre Jugend Lügen strafte, nickte sie Burlesque entschlossen zu und ging auf die Bühne zu.
    Vanka kannte den Song nicht, ein kurzes freches Stück mit dem Titel »Falling in Love Again«. Allem Anschein nach hatte auch die Band das Stück noch nie gehört, denn am Anfang waren die Musiker von dem eigenartigen Walzerrhythmus überrascht. Doch schließlich fanden sie in das hinein, was die Kleine als Groove bezeichnete. Für Vankas ungeschulte Ohren war ihr Auftritt bemerkenswert. Bemerkenswert und höchst ungewöhnlich.
    Sie hatte keine schwere Schlampenstimme wie die meisten Sängerinnen, die in Burlesques Kaschemme auftraten: Ihre war subtiler und viel nuancierter. Plötzlich war es im ganzen Raum mucksmäuschenstill, selbst die geschwätzigen Tratschtanten an ihrem Tisch verstummten. Ella war eine verblüffend andere Art von Sängerin. Das Problem bestand darin, dass Burlesque nicht wusste, was er von diesem »anders« halten sollte.
    Als die Schlussnoten des Songs verhallt waren, saß er reglos und unentschlossen da. »Ich weiß nich«, sagte er schließlich. »Die Leute, die ins Pig komm’, mögen die Sängerinnen ’n bisschen praller. Was mein’Se, Wanker? Soll ich ihr ’ne Chance geben?«
    Vanka schüttelte ungläubig den Kopf. »Sie ist die erstaunlichste Sängerin, die ich je gehört habe, Burlesque. Natürlich müssen Sie ihr eine Chance geben. Warten Sie ein paar Wochen ab, und das Pig ist rappelvoll.«
    Burlesque war nicht überzeugt. »Ich weiß nich …«, murmelte er, doch dann hatte er offenbar eine Eingebung. Sein Gesicht erhellte sich; er grinste. »Ich sag Ihnen was, Süße«, rief er Ella zu, die immer noch ziemlich verlegen auf der Bühne stand, »schließlich treten Sie hier in einer Varieté-Vorstellung auf, wie wär’s, wenn Sie die Möpse ’n bisschen mehr raushängen ließen? Ich könnt Sie als Naked Nightingale oder so ähnlich ankündigen.«
    Vanka vergrub das Gesicht in den Händen. Offensichtlich verstand Burlesque etwas ganz anderes unter einem vornehmen Lokal als er.
    »Kommt nicht in Frage.« Ihre Stimme klang eisig.
    Burlesques Gesicht verfinsterte sich. »Wieso nich? Der Laden wär gerammelt voll.«
    »Das ist mir egal. Es ist erniedrigend. Das ist kein Jad, sondern Pornografie.«
    Burlesque war es nicht gewohnt, von einer Frau einen Korb zu bekommen. Wie die meisten Männer in den Rookeries erwartete er, dass Frauen taten, was man ihnen sagte, verdammt, vor allem, wenn sie einen Job bei ihm haben wollten.
    »Jetzt machen’Se mal bloß nich auf Zicke. Es is nich

Weitere Kostenlose Bücher