Die Mission
Puh-Nografie, sondern Show-Business. Und alles, was ich von Ihn’ will, is, dasse Ihre Titten zeigen.«
»Nein«, sagte Ella noch bestimmter als vorher.
Ihre Unnachgiebigkeit verdutzte Burlesque. »Sind’Se sicher, dasse keine Suff-Ra-Gette sind?« Vanka wusste, warum Burlesque so verwirrt war. Die meisten Mädchen, die in seiner Spelunke auftreten durften, hätten sonst was angestellt, um sich auszuziehen … und mehr.
»Ja, das versichere ich Ihnen, Mr. Bandstand …«
Die Sturheit der Kleinen schien Burlesque von der Richtigkeit seines Verdachts überzeugt zu haben. »Wetten, dasse doch eine sind, die bloß hergekommen is, um mich alle zu machen?«
»Ich bitte Sie, Mr. Bandstand.«
»Wetten, dass Sie es warn, die mir die giftigen Briefe geschickt hat?«
Vanka spürte, wie Burlesques Aggression rapide zunahm. Wahrscheinlich hatte er den ganzen Tag getrunken, um die Angst vor seiner Ermordung abzuschütteln, und jetzt kam sie mit einem Mal wieder hoch. Ein gefährlicher Augenblick. Burlesques plumpe, leicht komische äußere Erscheinung ließ seine Umgebung manchmal vergessen, wie brutal und hinterhältig er sein konnte. Im Kneipengeschäft des East End hätte keiner eine so mächtige Stellung wie er, wenn er ein Weichei wäre.
»Jetzt hörn’Se mal gut zu, Miss Etepetete. Wenn’Se keine Lust ham, Ihre Klamotten auszuziehn, oder ’ne Suff-Ra-Gette sind, dann solln’Se wissen, mit wem Sie’s hier zu tun ham, ich bin nich irgendwer. Wenn Sie und ihre Kumpaninnen herkommen, um Burlesque Bandstand kaltzumachen, wern’Se schon sehn, was fürn heißen Empfang wir Ihnen machen.« Um seinen Worten Nachdruck zu verleihen, zog er jetzt auch noch einen überdimensionalen Webley-Revolver unter dem Mantel hervor und legte ihn entschieden auf den Tisch.
Überall ringsum scharrten Stühle, während die Kunden eilig versuchten, sich aus der Schusslinie zu entfernen, denn sie wussten nur allzu gut, was das bedeutete: Sie würden eine andere Kneipe aufsuchen müssen, die mindestens eine halbe Meile entfernt lag – so mies schoss Burlesque, wenn er blau war.
»Tut mir leid«, stotterte die junge Frau auf der Bühne und starrte entsetzt auf die Waffe. »Ich habe keine Ahnung, wovon Sie reden.«
Was Vanka am meisten erstaunte, war ihre aufrichtige Verwirrung. Diese junge Frau war das naivste Geschöpf, das ihm je über den Weg gelaufen war.
Mit einem Wort, sie war perfekt.
16
Demi-Monde:
40. Tag im Winter des Jahres 1004
Das Siebte nuGebot: Du sollst meiden diejenigen, die in ABBAS Augen minderwertig sind. Du sollst schmähen und verachten diejenigen, die dazu verdammt sind, UnterWesen zu sein, im Bewusstsein, dass alle UnterWesen – egal ob nuJus, Shades, Polacken oder Schlitzaugen – in ABBAS Augen Tiere sind. Du sollst mit UnterWesen keinen fleischlichen Kontakt haben. Es gibt keine größere Sünde als die der Rassenmischung, die von dem Dämon Lilith propagiert wird.
– Das Gebetbuch des UnFunDaMentalismus – (1004. Auflage)
Mist!
Niemand hatte sie darüber aufgeklärt, was für ein Reinfall die Sache mit Burlesque Bandstand sein könnte. Nicht mal PINC , was komisch war, denn PINC schien alles über jeden in der Demi-Monde zu wissen.
Ella sah sich in der schmalen Gasse, in der das Prancing Pig lag, nach rechts und links um. Jetzt war es stockdunkel, und alles wirkte erheblich bedrohlicher als ein paar Stunden zuvor. Wer weiß, welche Ungeheuer in den dunklen Ecken lauerten, um sie zu überfallen?
Der Kerl hatte wirklich Nerven … sie aufzufordern, topless zu singen!
Ella kniff die Augen zusammen, um über die Dunkelheit hinter den Lichtkegeln der Gaslampen hinaus etwas erkennen zu können. Nicht gerade eine Gegend, in der sie nachts gern spazieren gegangen wäre. Sie war in eine Art Dickens’sches Tollhaus geraten. Wohin sie auch blickte, überall sah sie nur Elend, Schmutz und Verfall, eine einzige armselige, vom Gestank nach Pferdemist und faulendem Müll geschwängerte Schweinerei. Und sie hatte das unheimliche Gefühl, dass hier bei Nacht nicht nur Ratten der vierbeinigen Art aus ihren Löchern kamen.
Sie fröstelte, als der Schnee um sie herumwirbelte.
Im gleichen Augenblick bemerkte sie voller Schrecken, dass sie ihren Mantel im Pub vergessen hatte, als sie aus dem Lokal gestürmt war. In den Manteltaschen steckten ihr ganzes Geld, ihre Hausschlüssel, ihre Ausweise und die Derringer. Sie konnte selbst nicht fassen, wie sie so dämlich hatte sein können. Und wegen dieser Blödheit war
Weitere Kostenlose Bücher