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Die Mission

Die Mission

Titel: Die Mission Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rod Rees
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leise. »Alle Bühnenmagier – das heißt, alle Magier, die man aus der Nähe betrachtet – haben geschickte Hände. Wenn man nichts in seinem Ärmel verschwinden lassen kann, darf man sich auch nicht Magier nennen.« Er sah Ella an, und sein Gesicht wurde ernst. »Und jetzt sind Sie dran, ich bin gespannt.«
    »Ich habe eine besondere Gabe, Vanka. Ich weiß bestimmte Dinge über Menschen.«
    »Wie bitte? Wollen Sie mir etwa weismachen, dass Sie eine echte Hellseherin sind?«
    »Ja, genau. Fragen Sie mich bitte nicht, wieso, aber ich habe ein instinktives Wissen über jeden, den ich in der Demi-Monde antreffe. Offensichtlich wächst dieses Wissen, je näher ich ihnen bin, und wenn ich sie berühre …«
    »Papperlapapp! Erzählen Sie mir keinen Schwachsinn, junge Dame. Sie können mich nicht täuschen. Sie kannten diesen Offizier Stone, stimmt’s? Vielleicht hat er Sie schon einmal befragt. Vielleicht hatten Sie seinen Namen zuvor auf seiner Uniform gesehen.«
    »Und wieso wusste ich dann über Arthur Bescheid?«
    »Das war Glück. Sie haben geraten. Arthur ist ein ziemlich gewöhnlicher Name. Vielleicht war der Name auf seiner Uhrkette eingraviert.«
    »Tut mir leid, wenn ich Sie enttäuschen muss, Vanka. Es war weder ein Glückstreffer noch eine Uhrkette, es war eine Erleuchtung.«
    »Kokolores. Passen Sie auf, Miss Thomas. Ich bin schon zu lange in der Demi-Monde, um an diesen Blödsinn zu glauben. Mag sein, dass Crowley und die seinen wirklich die Magier sind, als die sie sich ausgeben, aber was mich angeht, so habe ich in der Demi-Monde noch nie etwas Magisches gesehen.«
    »Sind Sie denn nicht staatlich anerkanntes Medium und Okkultist? Dann müssen Sie doch selbst irgendwelche Zauberkräfte haben.«
    Vanka sah sich im Café um und vergewisserte sich, dass niemand ihrer Unterhaltung lauschte, dann beugte er sich vor. »Wie Sie bereits ganz richtig bemerkt haben, ist der Spiritualismus reiner Humbug. Ein mieser Taschenspielertrick der Partei, damit die Menschen einen Sinn darin sehen, das beschwerliche Leben hier im ForthRight zu ertragen. Der Spiritualismus vermittelt den armen Leichtgläubigen die Überzeugung, dass ihr schreckliches, banales und schmerzliches Leben nicht umsonst ist, dass die menschliche Existenz einen Sinn hat, dass sie nach dem Tod ein besseres Leben erwartet. Erzählen Sie mir also nicht, dass Sie ein Medium oder eine Hellseherin oder auch bloß verdammt sensibel sind, Miss Thomas, weil ich Ihnen nicht glauben kann und nicht glauben werde.«
    »Was Sie glauben oder nicht, tut nichts zur Sache, Vanka. Tatsache ist, dass ich über derartige Fähigkeiten verfüge.«
    »Na schön, dann sagen Sie mir etwas über mich. Erzählen Sie mir etwas über mich, das nur ich wissen kann.«
    Ella schüttelte den Kopf. »Kann ich nicht. Ich weiß nicht warum, aber in Ihnen kann ich nichts erkennen. Sie sind mir ein Rätsel.«
    »Ha! Hab ich mir gedacht!«
    »Fragen Sie mich etwas anderes. Fragen Sie mich nach Burlesque Bandstand. Als ich ihm die Hand gab, erfuhr ich alles über ihn, und wenn ich ehrlich sein soll, war es ziemlich ekelhaft. Der Kerl ist ein hinterhältiges, korruptes Schwein.«
    »Na gut. Burlesque Bandstand hatte kurz vor dem Winter ein Techtelmechtel. Er hat es extrem geheim gehalten. Mit wem?«
    »Na, das ist einfach. Burlesque Bandstand und Julie the Jug Juggler waren fast zwei Wochen zusammen. Burlesque war ziemlich verrückt nach ihr, das heißt nach ihren Möpsen.«
    Vankas Gesichtsausdruck glich dem einer Katze, der man eine große Schale Milch hinstellt. »Hm, das ist erstaunlich. Ich dachte, ich wäre der Einzige, der von Julie wusste.« Er verstummte, dann steckte er sich eine der stinkenden französischen Zigaretten an, die er so mochte. Ella wollte protestieren, doch dann bemerkte sie, dass praktisch alle Männer im Lokal rauchten. Vanka zog genüsslich an seiner Zigarette und musterte Ella eingehend. »Vielleicht kann ich Ihnen doch etwas mehr als drei Guineen pro Vorstellung anbieten, Miss Thomas.«

18
    Demi-Monde:
47. Tag im Winter des Jahres 1004
    Im zweijährigen Bürgerkrieg (den sogenannten »Unruhen«), der von 1000 bis 1002 Rodina und die Rookeries erschütterte, besiegten die revolutionären Kräfte des UnFunDaMentalismus – unter der Führung des visionären Genies Reinhard Heydrich – die royalistische Fraktion, die Heinrich VII. und Iwan den Schrecklichen unterstützte. Mit der Gründung des ForthRight am 40. Tag im Winter des Jahres 1002 wurden alle

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