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Die Mission

Die Mission

Titel: Die Mission Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rod Rees
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UrVolkes gehören, haben sie sich schneller und weiter entwickelt als die minderwertigen Rassen der UnterWesen. Dies wiederum hat zu einer Verminderung ihrer primitiveren Instinkte geführt (zu denen auch der Sexualtrieb zählt). Der eugenischen Wissenschaft zufolge (vgl. Francis Galton, Eugenik: Die Endlösung) verkümmern während der Entwicklung einer Rasse diese primitiven Kräfte – die sich etwa am instinktiven Verhalten von Tieren beobachten lassen –, weil sie nicht länger gebraucht werden, um das Überleben der Spezies zu sichern. Das ist der Grund dafür, dass sich die UnterWesen (vor allem Shades, die als primitivste Rasse überhaupt in der Demi-Monde gelten) auf Gebieten wie Sport, Tanz, WhoDoo und in allen Angelegenheiten der Sinne hervortun. Diese Lilithianischen Fähigkeiten sind als Atavistische Animalische Talente bekannt.
    – Nathan Bedford Forrest,
Warum Shades so schnell rennen: Eine Studie über die Atavistische Anatomie
ForthRight-Publikationen
    Zwar hatte Vanka Offizier Stone erzählt, er wohne im Hotel Metropolitan, doch das entsprach nicht der Wahrheit. In Wirklichkeit hatte er zwei Zimmer von Burlesque gemietet, zu einem Preis, bei dem ihm die Tränen in die Augen schossen. Anonymität war nicht umsonst zu haben.
    Es waren zwei ziemlich schäbige Räume im Dachgeschoss eines ziemlich schäbigen Mietshauses in einer ziemlich schäbigen Gasse um die Ecke des deprimierend schäbigen Prancing Pig. Obendrein waren sie dunkel und kalt. Dunkel, weil mehrere Fensterscheiben zerbrochen und durch Sperrholzbretter ersetzt worden waren, und kalt, weil die Spachtelmasse um die restlichen Scheiben abgebröckelt war und der kalte Winterwind ungehindert hereinpfiff.
    Ella fand, dass es in den Räumen kälter war als draußen auf der Straße.
    Vanka machte keinerlei Anstalten, sich dafür zu entschuldigen. »Sie können die Couch im Wohnzimmer haben«, sagte er und zeigte auf ein durchgesessenes Sofa vor dem Kamin. »Und wenn Ihnen in der Nacht kalt wird …«
    Gleich lässt er die Katze aus dem Sack, dachte Ella, Männer sind doch alle gleich.
    Doch da hatte sie sich geirrt.
    »… können Sie den Kamin anmachen, aber die Kohle müssten Sie aus dem Keller hochschleppen.«
    Während Vanka sie weiter mit der Hausordnung vertraut machte, wusste Ella nicht so recht, ob sie erleichtert oder enttäuscht sein sollte.
    »Ihre Bettpfanne leeren Sie selbst.« Er schob einen verrosteten Nachttopf mit der Stiefelspitze in Ellas Richtung. Zumindest hoffte sie, dass es Rost war. »Und wenn die Checkya auftaucht, dann heißt es, aus dem Fenster und über die Dächer der Stadt. Unter diesem dünnen Holzfurnier steckt eine solide Stahlplatte.« Er trat heftig mit dem Fuß dagegen, und die Tür bebte nur ganz leicht. »Sie ist stabil genug, um uns einen Vorsprung von zehn Minuten zu verschaffen. Darüber hinaus kann ich Ihnen nur raten, die Räume so selten wie möglich zu verlassen. Wir wollen ja nicht, dass die Nachbarn sich darüber beschweren, dass das Viertel von Zulus heimgesucht wird und dadurch einen schlechten Ruf bekommt, nicht wahr?«
    Vanka hatte Glück, Ella spürte, dass er es bloß ironisch gemeint hatte.
    Der Rat war durchaus gut gemeint, doch nach einigen Tagen in ihrem Versteck fiel Ella buchstäblich das Dach auf den Kopf. Ihre Panik vor der Checkya wich allmählich nagenden Zweifeln, ob sie Norma Williams jemals finden würde. Sie hatte das mulmige Gefühl, dass dieses Problem wohl kaum zu lösen war, solange sie sich in zwei schäbigen Räumen eines Slumviertels verkroch.
    Die Lage war äußerst entmutigend, aber der heutige Tag, der siebte ihrer selbstgewählten Klausur, schien einen Bruch mit der üblichen Routine zu versprechen. Vanka hatte plötzlich seine Lust am Kochen entdeckt und den ganzen Morgen am Herd verbracht. Leider war das, was er da brutzelte, ziemlich ungesund.
    »Wonach riecht es hier, Vanka?«, fragte sie besorgt und war nicht ganz sicher, ob sie es wirklich wissen wollte.
    »Wo?«
    Ella wollte ihm schon scharf antworten, als ihr klar wurde, dass seine Frage durchaus berechtigt war. Es gab unzählige widerliche Gerüche, die um ihre Aufmerksamkeit buhlten. Mittlerweile hatte sie sich so sehr an das Leben in der Demi-Monde gewöhnt, dass der Gestank nach Moder, Urin, gekochtem Kohl, überfließenden Abwasserleitungen und Pferdedung, der von den Straßen zu ihnen hochstieg, kaum der Rede wert war. Nein, was ihr Sorgen machte, war dieser andere neue Geruch nach Chemie, der aus einem

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