Die Mönche vom Sirius
schon gesagt, Bruder Patrick«, war eine dritte Stimme zu hören.
Dr. Jennings war aus einem Nebenraum hereingekommen.
Bruder Patrick wandte sich an den Schiffsarzt der STERNENFAUST.
»Haben Sie einen Moment Zeit?«
»Zeit ist im Augenblick mehr als genug da – aber wir haben natürlich Gefechtsbereitschaft und ich fürchte, dass wir bald mehr zu tun bekommen. Nun, solange das noch nicht der Fall ist, kann ich mich gerne um Sie kümmern.«
»Danke, Doktor Jennings.«
»Wo drückt denn der Schuh?«
»Ich hatte in der letzten Phase des Bergstrom-Flugs eine Art … Erscheinung …«
»Nichts für ungut, Bruder Patrick, aber ehrlich gesagt bin ich dafür vielleicht nicht der richtige Ansprechpartner«, sage Jennings.
»Nennen Sie es eine Halluzination, dann passt es wahrscheinlich besser in Ihr Weltbild. Ich könnte auch sagen, es war ein ungewöhnlich intensiver Tagtraum …«
»Aber Sie sind sich sicher, dass es nicht real war?«, forschte Jennings.
»Da würde ich gerne sichergehen. Ich möchte, dass Sie einen neurologischen Scan durchführen.«
»Jetzt? Nun mal halblang, Bruder Patrick, das ist jetzt nicht unbedingt ein guter Moment dafür. Außerdem, was erhoffen Sie sich davon?«
»Es könnte sich um einen Fall von Bergstrom-Fata Morgana handeln.«
»Wie kommen Sie denn auf diesen Gedanken? Soweit ich weiß ist so etwas seit mehr als zwanzig Jahren nicht mehr vorgekommen, weil die modernen Bergstrom-Aggregate das verhindern.«
»Aber wie ist es dann möglich, dass Lieutenant Rajiv und ich exakt von derselben Halluzination heimgesucht wurden?«, entgegnete Bruder Patrick.
Miles Jennings runzelte die Stirn. »Erzählen Sie mir mehr darüber!«, verlangte er. »Und weshalb haben Sie Rajiv nicht auch gleich zu mir geschickt?«
»Weil seine Schicht gleich danach begann und er ohnehin schon zu spät dran war.«
Bruder Patrick nahm in einem der Schalensitze Platz, die sich im Raum von Dr. Jennings befanden. »Ich war mit Lieutenant Rajiv in Aufenthaltsraum C, als es geschah«, berichtete er. »Rajiv nahm noch einen koffeinhaltigen Syntho-Drink zu sich und wir sprachen darüber, wie ungesund der Konsum dieser Syntho-Drinks mit angeblich belebenden Zusatzstoffen ist, aber in diesem Punkt hatten wir wohl einfach unterschiedliche Auffassungen. Plötzlich sehe ich ein krakenähnliches Geschöpf, das versuchte seine Tentakel um den Hals des Lieutenants zu legen! Rajiv sah dasselbe, schreckte zurück und versuchte dieses Krakenwesen loszuwerden. Aber er griff hindurch. Wenig später war diese Kreatur plötzlich verschwunden.«
»Ihnen ist schon klar, dass es hier im Braden-System einen Planeten namens Meerwelt gibt, der von krakenähnlichen Geschöpfen bevölkert wird?«, fragte Jennings.
Ein mattes Lächeln flog über Bruder Patricks Gesicht. Seine Gesichtszüge waren ansonsten zumeist ausgeglichen und ruhig – eine Art Spiegelbild seiner inneren Harmonie. Im Moment wirkten seine Züge allerdings sehr aufgewühlt.
»Sie denken, dass ich mir alles nur eingebildet habe!«, stellte Bruder Patrick fest.
Dr. Jennings verschränkte die Arme vor der Brust.
»Ganz von der Hand weisen lässt sich diese Möglichkeit doch nicht. Sie haben sich, wie ich annehme, während der Bergstrom-Flugphase intensiv mit der Fauna und Flora des Braden-Systems beschäftigt und daher nehme ich an, dass Sie dieselben Bilddateien angesehen haben wie ich …«
»Das erklärt aber nicht die Tatsache, dass Rajiv es auch gesehen hat«, gab Patrick zu bedenken.
»Gut, überredet – ich mache einen neurologischen Scan. Dann werden wir weitersehen.«
Die Bergstrom-Fata Morgana war vor allem bei den ersten Christophorer-Expeditionen ein immer wiederkehrendes Problem gewesen, das besonders nach sehr langen Flugphasen im Zwischenraum aufgetreten war. Bruder Patrick hatte davon während seiner Ausbildung erfahren.
Glücklicherweise galt dieses Problem inzwischen als gelöst, sodass der Einsatz des Bergstrom-Antriebs heute als völlig unbedenklich und nebenwirkungsfrei galt.
Was die äußerst heftigen Halluzinationen damals in der Frühphase des Bergstrom-Flugs ausgelöst hatte, war bis heute nicht wirklich von der irdischen Wissenschaft verstanden worden – genauso wenig wie man wusste, was diese Fata Morganen eigentlich waren.
Man glaubte, diese Erscheinungen als eine Art Spiegelung von sehr fernen Ereignissen erklären zu können. Bewiesen war diese Theorie nur mathematisch, während der empirische Nachweis dafür
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