Die Mondscheinbaeckerin
»SchlieÃlich bist du mein Zielkunde.«
»Gute Ausrede.«
»Danke.«
Sein Blick wanderte über ihre Schulter. Er war noch nie in ihrer Wohnung gewesen, und sie würde ihn auch jetzt nicht hereinbitten. Sie stammte, anders als Sawyer, nicht aus einer wohlhabenden Familie. Trotzdem waren ihre Sachen in Baltimore auf unkonventionelle Weise hübsch, ihrer jetzigen Persönlichkeit entsprechend. Deshalb wollte sie nicht, dass er ihre Bleibe in Mullaby sah.
»Riecht gut hier oben«, bemerkte er. »Am liebsten würd ich mich in deiner Küche einnisten.«
»Da ist nicht genug Platz. AuÃerdem backe ich nur am Donnerstag.«
»Ich weiÃ. Das hat Stella mir gesagt, als du hier eingezogen bist. Warum, meinst du, komme ich immer donnerstags?«
Das überraschte sie. »Ich habe Besuch. Viel Spaà dir und Stella.« Sie schloss die Tür, lehnte sich dagegen, stieà einen tiefen Seufzer aus und lauschte. War er noch da? Endlich vernahm sie leise Schritte.
Sie kehrte ins Wohnzimmer zurück. »Entschuldigung.«
»Ich kann auch später wiederkommen«, sagte Emily.
»So ein Quatsch.«
»Meine Mom war also beliebt?«
Bevor Julia antworten konnte, klopfte es wieder an der Tür. »Du musst mich noch mal entschuldigen.«
»Wen hast du da drin versteckt?«, fragte Stella, als Julia die Tür öffnete. Stella hatte ein breites, exotisches Gesicht mit Mandelaugen und geraden dunklen Brauen. Sie trug einen Morgenmantel im Kimonostil und die dunklen Haare zu einem Knoten gefasst. Ein paar Strähnen klebten, feucht vom Bad, an ihrem Nacken. »Sawyer sagt, du hast Besuch. Ein Rendezvous? Warum hast du mir nichts davon erzählt? Wer ist der Glückliche?«
»Das geht dich nichts an«, antwortete Julia, immer noch verärgert darüber, dass sie Sawyer die Sache mit den Kuchen verraten hatte. AuÃerdem fand Julia Stellas Interesse ziemlich unverfroren, nachdem sie drei Jahre zuvor mit Sawyer geschlafen hatte, ohne ihr davon zu erzählen.
Sie schloss die Tür, doch das Klopfen begann sofort wieder â und hörte nicht mehr auf. Wenn Stella sich etwas in den Kopf gesetzt hatte, war sie nur noch schwer davon abzubringen.
»Sie gibt keine Ruhe, bis sie dich kennenlernt«, erklärte Julia Emily. »Ist das okay für dich?«
Emily nickte und folgte ihr in den Flur.
Als Julia die Tür öffnete, sagte Stella gerade: »Ich gehe erst, wenn â¦Â« Da fiel Stellas Blick auf Emily, und sie verstummte.
»Das ist Vance Shelbys Enkelin«, stellte Julia Emily vor. »Emily, das ist Stella Ferris.«
Stella verschlug es die Sprache.
»Emily wollte von mir wissen, wie ihre Mutter früher war.«
Stella erholte sich rasch von ihrer Verblüffung. »Schön, dich kennenzulernen, Emily! Sawyer und ich waren mit deiner Mutter befreundet. Komm doch mit runter, Pizza essen. Dann zeige ich dir meine Jahrbücher.«
Emily hüpfte die Treppe hinunter und wirkte plötzlich trotz ihres Erwachsenengesichts und -körpers wie ein kleines Mädchen.
Bevor Stella ihr folgen konnte, packte Julia sie am Ãrmel ihres Morgenmantels. »Erwähn nichts von der Geschichte mit ihrer Mutter.«
Stella sah sie fast ein wenig beleidigt an. »Wofür hältst du mich? Ich bin doch kein Unmensch.«
Emily erwartete sie unten. Stella übernahm die Führung und marschierte mit wehendem Morgenmantel in die Küche.
Sawyer schaute, die Hände in den Taschen, aus dem Küchenfenster. Als er sie eintreten hörte, drehte er sich um und runzelte beim Anblick von Emily die Stirn. »Hallo, wer ist denn diese ausgesprochen hübsche junge Dame?«
»Der Besuch von Julia. Das ist Emily, Dulcie Shelbys Tochter «, fügte Stella mit einem vielsagenden Blick hinzu.
»Schön, dich kennenzulernen.« Sawyer streckte Emily die Hand hin. »Lasst uns die Pizza essen, bevor sie kalt wird. Julia?« Sawyer trat an den Küchentisch und zog einen Stuhl für sie heraus, so dass ihr keine andere Wahl blieb, als sich zu setzen.
Stella deckte den Tisch mit Gläsern und Papierservietten. Sie verzehrten die vegetarische Pizza aus der Pappschachtel. Julia versuchte, ihren Teil schnell zu essen, damit sie bald wieder gehen konnte. Sawyer schmunzelte wissend, und Stella schien sich in dem Morgenmantel genauso wohlzufühlen wie in einem Kostüm von Dior. Emily betrachtete die drei
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