Die Mondspielerin: Roman (German Edition)
so liebten.
»Einen Cidre?«, fragte Simon, bevor Jeanremy auf seine Maschine steigen konnte. Der Koch lehnte ab. »Würdest du der Liebhaber sein wollen von der Frau, die du liebst?«, fragte Simon lauernd hinterher.
Jeanremy sah von Paul zu Simon. »Ihr spinnt. Liebhaber kann man nur sein, wenn man die Frau nicht liebt. Sonst geht man kaputt.«
»Das, junger Freund, ist ein Gerücht. Komm mal in mein Alter. Dann wirst du merken, dass ein Mann alles kann, wenn er will.«
»Aha. Kenavo «, antwortete Jeanremy und startete die Triumph.
Paul und Simon kamen rechtzeitig zu den Nachmittagsnachrichten im Ar Mor an. In Ermangelung touristischer Montagsgäste hatte Madame Geneviève Ecollier es erlaubt, einen Fernseher auf die Terrasse zu stellen. Jeanremy war noch nicht zurück; Geneviève schätzte, er würde noch über die Märkte streifen.
»Seid doch mal still!«, mahnte Simon.
»Es wird Zeit, dass du dir einen eigenen Fernseher anschaffst, mein Freund«, sagte Paul. »Die Dinger gibt es schon seit sechzig Jahren, du kannst ihnen vertrauen.«
»Sag mal, ist das nicht Mariann?« Sidonie deutete auf den Schirm. Simon griff nach der Fernbedienung und drehte den Ton lauter. Madame Ecollier hörte auf, die Gläser zu polieren, und Laurine kam mit dem Besen näher.
Marieclaude, Colette, Sidonie, Paul, Simon, Laurine und Madame Ecollier hörten nun, was der Sprecher sagte: »Gesucht wird Marianne Messmann aus Deutschland. Die Sechzigjährige ist geistig verwirrt und bedarf ärztlicher Hilfe. Ihr Mann Lothar Messmann hat sie zuletzt in einem Pariser Krankenhaus gesehen, aus dem sie nach zwei vergeblichen Suizidversuchen vermutlich geflohen ist.«
Dann wurde Lothar Messmann eingeblendet, der etwas auf Deutsch sagte. Danach fuhr der Sprecher fort: »Hinweise an jede Polizeidienststelle oder unter der Telefonnummer …«
Madame Geneviève Ecollier nahm Simon die Fernbedienung aus der Hand und drückte entschlossen den Aus-Knopf.
»Wir brauchen diese Nummer nicht«, entschied Geneviève.
»Sie hat einen Mann?«, fragte Sidonie.
»Und so einen attraktiven!«, murmelte Marieclaude.
»Also, verrückt kam sie mir nie vor«, sagte Simon. »Nur ein bisschen. Aber nicht verrückt-verrückt. Eher so … normal.«
»Es kommt nicht in Frage, dass wir sie der Polizei übergeben«, sagte Paul bestimmt. »Sie wird ihre Gründe haben.«
»Auch dass sie ihren Namen geändert hat? Sie hat sich als Marianne Lance vorgestellt!«, stellte Marieclaude fest.
»Ihr Mädchenname«, sagte Colette ruhig. »Sie hat ihn angenommen und ist vor ihrem Mann davongelaufen.«
Für einen Augenblick herrschte Stille. Dann sprach jeder gleichzeitig: »Erinnert ihr euch noch, wie sie hier ankam?«
»Sie hatte nichts bei sich, nur die Handtasche.«
»Und keine Kleidung.«
»Kein Geld. Ob er sie geschlagen hat?«
»Und sie war traurig«, warf Laurine ein.
»Was machen wir denn nun?«, fragte Sidonie.
»Das Beste ist, wir rufen bei dem Sender an, und …«
»Habt ihr vergessen, dass ihr Bretonen seid?«, unterbrach Geneviève Ecollier Marieclaude.
Augenblicklich spuckten Paul und Simon auf den Boden.
»Alors, c’est tout! Dann brauchen wir ja nicht weiter über Polizei oder Telefonnummern zu reden.«
Alle nickten.
Marianne war in der Tür des Badezimmers wie betäubt stehengeblieben, als sie Lothars Stimme aus ihrem Zimmer gehört hatte.
»Ich liebe dich, Marianne. Bitte gib mir ein Zeichen. Egal, was du getan hast, wir finden eine Lösung. Und falls du das nicht hörst, mein Engel – dann lass dir helfen. Bitte, liebe Franzosen, helfen Sie mir, meine geliebte Frau zu finden. Sie ist verwirrt, aber sie gehört zu mir wie ich zu ihr.«
Danach hatte der Sprecher den Aufruf übersetzt.
Geistig verwirrt. Ärztliche Hilfe. O Gott. Die Karte! Die Karte, die sie an Grete geschickt hatte! Hatte sie sich damit verraten?
Und was Lothar da von sich gegeben hatte. Es hörte sich so echt an. Aber inzwischen wusste Marianne, echte Töne von falschen zu unterscheiden. Die bretonische Sprache hatte es sie gelehrt. Marianne verstand die Worte nicht, aber immer das Gefühl dahinter.
Und bei Lothar war nichts dahinter gewesen. Ich liebe dich. Das hatte er noch nie gesagt. Und als er es eben getan hatte, klang es wie die schäbige Kopie eines Gefühls, wie eine gefälschte Dior-Handtasche.
Als sie zurück in ihr Zimmer hastete, das Haar noch nass vom Duschen, sah sie Yann mit leerem Gesicht auf dem Bett sitzen.
»Du hast einen Mann.«
Marianne
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