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Die Moralisten

Titel: Die Moralisten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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wieder auf meine Tasse.
    Marty wollte etwas sagen, schwieg aber. Wir saßen eine Weile da, ohne miteinander zu reden. Dann sagte ich: »Es ist wirklich sehr nett von euch beiden, daß ihr gekommen seid.«
    »Es war meine Idee«, sagte Marty. »Ich wollte dich wiedersehen. Es ist eine so lange Zeit her, und ich war neugierig. Und Ruth...«
    »Was ist mit Ruth?« fragte ich.
    Ruth antwortete an seiner Stelle. »Ich wollte, daß er mit dir redete. Er ist dein Freund. Er hat nichts zu gewinnen oder zu verlieren durch das, was er dir sagt.«
    Ich stand auf und trat ans Fenster. »Ich möchte Freunde haben«, sagte ich, »aber keinen Rat.«
    Ruth folgte mir zum Fenster und ergriff meine Hand.
    »Freunde sind mehr als Menschen, die dir nur zuhören und zu allem ja und amen sagen. Manchmal müssen sie dir in deinem eigenen Interesse Dinge sagen, die du nicht hören willst. Bitte, höre dir an, was wir dir zu sagen haben.«
    Ich legte meine Arme um sie. Es kümmerte mich nicht, daß Marty im Zimmer war. »Baby«, sagte ich, »wenn du mich liebst, warum läßt du es nicht dabei? Warum rennst du immer wieder mit dem Kopf gegen die Wand und versuchst, mir Dinge einzureden, die ich nicht will?«
    Für einen Augenblick schmiegte sie sich an mich. »Das ist es ja gerade, Frankie«, flüsterte sie. »Wenn ich dich nicht liebte,
    wäre es mir völlig gleichgültig, was mit dir passiert.«
    Marty betrachtete uns. »Dann war das also wirklich dein Ernst, was du mir gesagt hast«, sagte er zu Ruth.
    Sie blickte ihm fest in die Augen. »Ja«, sagte sie.
    Er grinste mich an. »Dann kannst du am besten gleich die Waffen strecken, Frankie. Die junge Dame ist schon vor langer Zeit zu diesem Schluß gekommen, und da kannst du nicht gewinnen.«
    Ich blickte von einem zum anderen. Sie lächelten beide, weil sie offenbar an dasselbe dachten. »Zum Kuckuck, wovon redet ihr denn eigentlich?« fragte ich.
    »Soll ich's ihm sagen?« fragte Marty immer noch grinsend seine Schwester.
    »Nein«, sagte sie und war plötzlich wieder ernst, »das ist etwas, was er selbst herausfinden muß.« Sie zog mich vom Fenster wieder ins Zimmer zurück. Wir setzten uns auf die Couch. Ich legte meinen Arm um ihre Schulter. Sie lehnte ihren Kopf behaglich an mich und blickte zu mir auf.
    Marty stellte sich vor mich. »Hör zu, Frankie«, sagte er, »der Mann auf der Straße ist gegen dich. Und wenn er will, daß du verschwinden sollst, dann mußt du verschwinden.«
    Ich konnte nur darüber lachen. Überall, wohin ich kam, krochen mir die Leute in den Hintern. Wenn sie so sehr gegen mich waren, warum merkte man es nicht? Und das sagte ich Marty auch.
    »Sie haben Angst vor dir«, erwiderte er. »Dein Name ist ein Symbol des Schreckens geworden - ein Symbol für Mord und Gemeinheit. Ob du solche Handlungen begangen hast oder nicht, spielt keine Rolle mehr. Es genügt, daß sie glauben, du hättest sie begangen.«
    Ich lachte. »Das leuchtet mir nicht ein. Ich möchte doch nur in Ruhe gelassen werden. Wenn keiner mich belästigt, belästige
    ich auch keinen.«
    Er schüttelte den Kopf. »Die Angst hat sich schon in blinde Panik verwandelt.«
    »Das ist nicht meine Schuld«, sagte ich.
    Ruth blickte zu mir auf. »Du kannst aber aufhören, ehe es zu spät ist.«
    »Ich habe mir eure Argumente angehört«, sagte ich, »nun müßt ihr auch meine hören.« Ich drückte eine Zigarette im Aschenbecher aus und zündete mir eine andere an. »Jahrelang habe ich mich bemüht, mir auf sogenannte ehrliche Art und Weise einen notdürftigen Lebensunterhalt zu schaffen. Für wenig Geld und für wenig Sicherheit habe ich schwer geschuftet. Und wohin hat mich das geführt? Das brauche ich euch nicht zu schildern. Jedenfalls war es ein Leben, wie ich es nicht mehr wollte. Ich wollte das Leben genießen und schöne Dinge haben: Geld in der Tasche, einen Wagen, eine hübsche Wohnung, die Dinge, die zählen - die Dinge die man in der Hand halten und fühlen und essen kann.
    Und dies war für mich der einzige Weg, um das alles zu bekommen - der einzige Weg, der mir offenstand.«
    Ich stand auf und ging etwas von ihnen fort. Dann drehte ich mich um und stellte mich vor die beiden hin. »Ich verstehe euch ebensowenig wie ihr mich«, sagte ich in aller Ruhe.
    Ruth sprang von der Couch auf und trat dicht an mich heran. »Liebster«, sagte sie ernst, während sie mich fest anblickte, »wir verstehen sehr wohl, was du uns sagst, aber es geht einfach nicht so, wie du dir das denkst.«
    Ich

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