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Die Moralisten

Titel: Die Moralisten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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ich konnte den oberen Rand nicht erreichen. Auch entdeckte ich nirgendwo eine Tür. In glatter, ununterbrochener Fläche erstreckte sich die Wand bis zum Gebäude auf der anderen Seite der Gasse. Ich kehrte also um und ging auf der gegenüberliegenden Seite zurück, wobei ich immer noch die Wände abtastete. Als ich die halbe Strecke bis zur Straße zurückgelegt hatte, fand ich eine Tür. Meine Augen hatten sich inzwischen an die Dunkelheit gewöhnt, und ich konnte jetzt besser sehen.
    Ich versuchte die Tür zu öffnen. Sie war verschlossen. Ich sah mir das Schlüsselloch näher an. Es sah aus, als ob ein altmodischer Schlüssel passen würde. Ich hatte einen an meinem Schlüsselring, holte ihn hervor, steckte ihn ins Schloß und drehte. Er quietschte ein wenig, ließ sich aber ganz umdrehen. Die Tür war offen.
    Ich betrat das dunkle Gebäude und schloß die Tür hinter mir wieder ab. Dann holte ich meine Taschenlampe hervor und knipste sie an. Ich war in einem Lagerhaus. Große Holzkisten standen rings um mich herum. Ich richtete den Strahl meiner Taschenlampe auf den Boden, damit kein Licht durch ein Fenster nach draußen drang, falls es überhaupt Fenster gab. An der Hinterwand des Gebäudes entdeckte ich eine Tür. Ich öffnete sie und stand auf einer Art Landerampe an einem Nebengleis. Mehrere Güterwagen waren dort abgestellt.
    Ich blickte zur Garage hinüber. Das Nebengleis führte auf der anderen Seite eines Zaunes an der Garage vorbei, und die Güterwagen standen unmittelbar neben dem Zaun. Ich kletterte auf den Güterwagen, der der Rampe am nächsten stand, und stieg über das Dach des Wagens hinweg, bis ich direkt hinter der Garage war. Dann kletterte ich auf den Trittsprossen des Güterwagens bis zum Zaun hinunter und sah mir die Rückwand der Garage näher an.
    Die Garage hatte zwei schwarzübermalte Fenster, aber ein Lichtschein drang durch die Kratzer auf den Scheiben. Auch gab es eine Tür. Ich ließ die Sprossen los und glitt vorsichtig über den Zaun zu Boden. Dann sprang ich auf die Füße und ging auf die Tür zu. Ein paar riesige Öltrommeln lagerten draußen an der Garagenwand. Ich ging darum herum, legte eine Hand auf die Klinke und drückte sie leise nieder. Die Tür ging auf.
    Unmittelbar an der Tür war es dunkel, aber von der linken Seite her kam aus einem kleinen Büro ein Lichtschimmer. Drei Männer saßen an einem Tisch und spielten Karten. In einem von ihnen erkannte ich Moishe. Wer die anderen waren, konnte ich nicht sehen, weil sie mir den Rücken zukehrten. Ich betrachtete prüfend den freien Platz zwischen mir und dem Büro. Wenn ich ihn überquerte, hörten sie mich vielleicht und drehten sich um, oder Moishe könnte mich sehen und mich durch seinen Blick verraten.
    So schlich ich an der Wand entlang und hatte auf diese Weise nur eine kurze offene Strecke zurückzulegen. Das Risiko mußte ich auf mich nehmen.
    Moishe sah mich zuerst. Er ließ sich nichts anmerken, sondern warf drei Karten auf den Tisch und sagte: »Ich nehme drei andere.«
    Einer der anderen Männer sagte: »Hast du Worte für das unverschämte Glück, das dieser Kerl hat? Jedesmal geht er bis zum Äußersten und gewinnt. Ich bin schon fast pleite.«
    »Was macht das schon?« knurrte der andere. »Wo der hingeht, braucht er keine Moneten. Wir kriegen das Geld sowieso.«
    Der erste Mann lachte. »Du hast recht, Flix. Daran hatte ich gar nicht gedacht.«
    Moishe nahm seine drei Karten vom Tisch und betrachtete sie. Mittlerweile stand ich in der Tür.
    Ich sprach leise, die Hände in den Taschen. »Ich spiele für Sie zu Ende, Moishe«, sagte ich.
    Moishe blickte auf und lächelte. Die beiden anderen drehten sich plötzlich um. Ich erkannte einen von ihnen: den Mann, der Flix genannt wurde. Es war der Mann, der mich im Auftrage von Silk vor kurzem in die Stadt gebracht hatte. Rasch streckte er die Hand nach dem Revolver aus, der auf dem Tisch lag.
    Aber Moishe war schneller. Er nahm den Revolver an sich. Ich sah Flix unverwandt an und nahm meine Hände leer aus den Taschen. Meine Stimme war immer noch sanft. »Geben Sie ihm sein Schießeisen wieder, Moishe. Dieses Baby hält sich für einen ganz tollen Burschen.«
    Moishe sah mich an, als sei ich verrückt geworden. Dann reichte er Flix, der inzwischen zu einer Statue erstarrt war und mich anglotzte, den Revolver.
    »Nehmen Sie ihn nur, Flix«, drängte ich sanft. »Nehmen Sie ihn. Nur keine Schüchternheit.«
    Er riß seinen Blick von mir los und zog seine Hände

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