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Die Moralisten

Titel: Die Moralisten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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das Tempo, die Gefahr, die Erregung. Da spürt man, daß man lebt.«
    »Genauso ist es«, sagte Cesare rasch, und seine Stimme verriet einen beinahe knabenhaften Eifer. »Ich hätte nicht geglaubt, daß es noch jemanden gibt, der genauso empfindet wie ich. Man meint alles zu besitzen, was man sich von der Welt wünscht, Geld, Macht, Frauen.»
    Sie wurde verlegen. Über den Tisch hinweg legte er seine
    Hände auf die ihren. Sein hageres Gesicht war aufs äußerste gespannt, seine Augen glühten.
    Plötzlich bekam sie Angst. Nicht vor ihm, sondern vor sich selbst. Schnell entzog sie ihm ihre Hände. »Wir wollen nur als Geschäftspartner miteinander sprechen«, sagte sie so kühl, wie sie es vermochte. »Wir wissen beide, daß wir nicht siegen können.«
    Er fragte leise: »Warum, Luke? Wir sind hier, sind zusammen. Weshalb müssen wir nur geschäftlich miteinander umgehen?«
    Seine Augen waren wie unergründliche Magnete, und ihr schien, als wirbelte sie hilflos in ihren Tiefen. Ach, sie kannte das, dieses Ausgeliefertsein. Und so vermochte sie die Bitterkeit in ihrer Stimme nicht zu verbergen. »Weil ich bei Ihnen sonst die Verlierende wäre. Ich kenne Männer Ihrer Art. Es ist stets dasselbe. Zuerst glaubt man, den Himmel auf Erden zu haben, und dann - geht’s so!« Sie schnippte mit den Fingern.
    »Muß es denn immer so sein?«
    Sie hielt seinen Blick unbewegt aus. »Immer«, sagte sie.
    »Und Sie sind zufrieden, so durchs Leben zu gehen, nur weil Sie Angst haben, die Verlierende zu sein?«
    Sie war zornig, weil er ihr Problem ohne Umweg und Schonung anschnitt. »Was wollen Sie eigentlich von mir? Sie sind doch in Gesellschaft einer Frau hergekommen. Genügt Ihnen das nicht?« Sie erhob sich rasch. »Bleiben wir also beim reinen Geschäft!« sagte sie erbittert. »Auf Wiedersehen morgen an der Startlinie.« Sie drehte sich um und eilte zum Ausgang. Um ein Haar wäre sie mit Ileana zusammengestoßen.
    Ileana blickte ihr erstaunt nach, dann ging sie an Cesares Tisch und setzte sich auf den freien Platz.
    »Wer war das?«
    »Mein Mechaniker.«
    »Oh! Wie interessant! Dein Mechaniker!«
    »Sehr richtig«, sagte er brüsk.
    Sie lächelte ironisch. »Trotz deines reizenden Mechanikers werde ich dich nicht in Cuernavaca erwarten, wie wir es vorhatten, sondern hier, in Mexico City. Dann hast du genügend Zeit, deinen Mechaniker kennenzulernen. Da ich nicht Amerikanerin bin, habe ich viel Verständnis für so etwas.«
    Ihr Lächeln vertiefte sich.
    Achtzehntes Kapitel
    Nach dem Halbdunkel in der Bar tat der grelle Sonnenschein ihren Augen weh. Luke Nichols setzte ihre dunkle Brille auf und ging schnell weiter. Sie war wütend auf sich selbst. Immer mußte sie in solche Situationen geraten. Warum? Was hatte sie nur an sich? Woher kam dieses merkwürdige Fieber, das in ihr brannte, sobald sie merkte, daß ein Mann sich für sie interessierte?
    Sie betrat die Garage. Angenehm kühl war es dort nach der sengenden Hitze draußen. Es war kurz vor Feierabend, und fast alle Männer waren fort.
    Sie ging die Rampe hinab.
    Esteban kam aus seinem Büro und rief ihr nach: »Hola, Señorita Nichols!«
    Sie wandte sich lächelnd zu ihm um. »Hallo.«
    Er kam im Eilschritt zu ihr. »Haben Sie mit dem Grafen gesprochen? Ist er zufrieden?«
    »Ja. Ich schulde Ihnen viel Dank, Señor Esteban.«
    »Keine Ursache.« Er zwinkerte ihr zu. »Ein interessanter Mensch, dieser Graf Cardinali, nicht wahr?«
    »Ja, sehr. Ist er auch ein guter Rennfahrer?«
    »Er könnte der beste sein. Aber etwas fehlt ihm dazu.«
    Sie gingen zusammen über die Rampe. »Und was ist das, Ihrer Ansicht nach?« fragte sie.
    »Angst«, sagte er. »Rennfahrer gleichen den Matadoren, das heißt, sie werden erst wirkliche Könner, wenn sie die Furcht kennengelernt haben. Dann machen sie keine unnötigen
    Mätzchen mehr, sondern fahren nur noch, um zu siegen.«
    Sie waren bei dem langen weißen Ferrari angekommen. »Also ist es ihm einerlei, ob er gewinnt oder nicht?« Sie trat neben den Wagen und legte eine Hand auf die Haube.
    »Ein herrlicher Wagen«, sagte Esteban ausweichend.
    Sie strich über den Kotflügel. »Der schönste von allen hier.«
    Er nickte. »Ich glaube, diesmal wette ich meine zehn Pesos doch auf den Grafen.« Er machte kehrt. »Viel Glück, Señorita.«
    Sie sah ihm nach, bis er verschwunden war. Dann öffnete sie die Wagentür und stieg ein. Der herbe Geruch von Öl, Benzin und dem abgeschabten Leder der Polsterung drang ihr in die Nase. Sie glitt

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