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Die Moralisten

Titel: Die Moralisten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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mein Junge?«
    »Nein, Mutter, alles in Ordnung.«
    Sie ging um den Sessel herum und sah ihn an. »Du bist so früh nach Hause gekommen. Ist etwas passiert?«
    Er blickte zu ihr auf. Sorge spiegelte sich auf ihrem Gesicht.
    »Es ist nichts passiert, Mutter.«
    »Du siehst aber schlecht aus«, erklärte sie. »Ich mache dir einen Tee.«
    Gereiztheit klang in seiner Stimme an, als er schroff erwiderte: »Laß mich in Ruhe, Mutter. Mir fehlt nichts.«
    Er bemerkte den Schmerz in ihren Augen und griff nach ihrer Hand. »Entschuldige, Mutter«, rief er, »ich wollte dich nicht verletzen.« »Schon gut, mein Junge«, sagte sie. »Ich verstehe.«
    »Nein, Mutter«, entgegnete er. Es gab niemanden, der es wirklich verstand. Er allein wußte, wie ihm zumute war.
    Zögernd stand die alte Frau vor ihm: »Ich kenne diesen Ausdruck deines Gesichtes, mein Sohn.«
    »Was für einen Ausdruck, Mutter?« fragte er zerstreut und blickte wieder zum Fenster hinaus.
    »Es ist dieses Mädchen«, sagte sie. »Sie ist zurück. Das sehe ich
    deinen Augen an.«
    Überrascht sah er zu ihr auf, sagte aber nichts.
    »Es ist das gleiche Gesicht wie damals, als du zur Anstalt hinausfuhrst, um sie mit nach Hause zu nehmen, und sie dann nicht mitkam.« Die Stimme seiner Mutter war vom Schmerz um ihn erfüllt. »Du kannst sie nicht vergessen, nicht wahr?«
    Er ließ ihre Hand los. »Ich habe es versucht. Aber ich weiß nicht, was es ist. Sie ist wie ein Teil von mir.«
    »Bist du mit ihr zusammengewesen?«
    Er schüttelte den Kopf. »Nein.«
    »Was ist denn der Grund?«
    »Die Polizei ist in diesem Augenblick unterwegs, um sie zu verhaften. Ich habe ein Verfahren gegen sie eingeleitet, das sie ins Gefängnis bringen wird.«
    Eine Weile sagte sie kein Wort. »Es ist deine Pflicht«, erklärte sie schließlich.
    »Sag mir nur das nicht«, rief er in einem Anflug von Zorn. Millersen hatte es ebenfalls gesagt. Nun war Millersen tot.
    »Ich habe dir vor langer Zeit schon gesagt, daß sie nichts für dich ist«, erwiderte sie und ging zur Tür. »Vielleicht glaubst du es mir jetzt.«
    »Aber was soll ein Mensch denn tun, wenn er weiß, daß es niemanden anders für ihn gibt?« fragte er gequält.
    Maryann blickte von ihrem Schreibtisch auf. Tom stand vor ihr und lächelte. »Das Taxi wartet unten, Miß Maryann«, sagte er. »Wir haben noch genau eine Stunde Zeit, um auf den Flugplatz zu kommen.«
    Sie erwiderte sein Lächeln. »Nur noch ein paar Minuten, Tom.« »Ich bin unten«, erklärte er. »Ich kann es einfach nicht mehr erwarten, unsere Kleine wiederzusehen.«
    »Ich auch nicht.«
    Tom ging aus dem Büro, und die Tür schloß sich hinter ihm. Sie betrachtete einen Augenblick Michelles Bild auf ihrem Schreibtisch, griff dann zu einigen Papieren und überflog sie: Rechnungen, die warten konnten, bis sie in zwei Wochen zurückkam. Sie legte sie in eine Mappe. Dann schloß sie die Schublade ab und erhob sich.
    Sie nahm ihren Mantel von einem Stuhl und blickte sich noch einmal im Zimmer um. Das Telefon klingelte. Sie zögerte, verzog das Gesicht und ging zur Tür. Wenn es Joker war, so sollte er morgen feststellen, daß sie nicht mehr da war. Zum Teufel mit ihm! Dieses Mal würde sie Michelle gegenüber ihr Versprechen einhalten.
    Als sie die Hand auf die Türfalle legte, öffnete sich die Tür, und ein großer Mann stand vor ihr. Automatisch musterte sie seine Füße. Polizei!
    »Haben Sie jemals gehört, daß man anklopft, bevor man ein Zimmer betritt?« fragte sie kühl.
    Er trat ins Büro, und sie sah, daß mehrere Männer hinter ihm standen.
    Der Große lächelte. »Wollen Sie verreisen, Baby?« fragte er. »Das geht Sie nichts an!«
    Ein untersetzter, dunkelhaariger Mann drängte sich durch die Gruppe. »Sparen Sie sich gefälligst Ihre Witze, George!« rief er scharf und wandte sich an sie. »Sind Sie Maryann Flood?«
    Sie nickte.
    »Ich bin Joel Rader von der Staatsanwaltschaft. Wir möchten Sie bitten, uns zu begleiten.«
    Sie trat an ihren Schreibtisch. »Handelt es sich hier um eine Festnahme?«
    »Und ob, Baby!« rief der große Mann rauh. Sie beachtete ihn nicht und sagte zu dem untersetzten, dunkelhaarigen Mann: »Mit welcher Begründung, Mr. Rader?«
    »Die Gründe sind im Haftbefehl aufgeführt, Miß Flood«, erklärte Rader und reichte ihr ein zusammengefaltetes Schriftstück.
    Sie nahm es entgegen und überflog es rasch. Als sie wieder aufblickte, war ihr Gesicht unergründlich. »Darf ich meinen Anwalt anrufen?« fragte sie ruhig.
    Joel

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