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Die Morgengabe

Die Morgengabe

Titel: Die Morgengabe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Ibbotson
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Monate im Rückstand ist?»
    «O ja. Er hat gesagt, daß seine Frau
Asthma hat, außerdem erwartet sie ein Kind, und der Arzt hat gesagt, keine
behaarten Tiere!»
    «Ich muß sagen, ich finde das sehr
sonderbar. Früher hätten solche Leute von Asthma nicht einmal gehört gehabt.
Man muß sich wirklich fragen, ob die allgemeine Schulbildung so vorteilhaft
ist.» Sie bückte sich nach ihrer kleinen Gartenschaufel. «Und wo ist er jetzt?»
    «Er hat mir angeboten, ihn zu
erschießen», berichtete Martha. «Er hat gesagt, er würde überhaupt nichts
spüren. Vorstellen kann ich's mir; er hat ja in seiner Jugend genug gewildert,
Barker, meine ich. Der könnte einen Hasen auf fünfzig Meter schießen.»
    Frances richtete sich auf. Ihr
Gesicht war ausdruckslos. «Und du hast zugestimmt? Er hat ihn erschossen?»
    «Nein», entgegnete Martha kurz und
sah, wie die Hand ihrer Herrin, die die Schaufel hielt, sich entspannte. «Wenn
man die Jungen gleich nach der Geburt, noch ehe sie die Augen aufgemacht haben,
ertränkt, ist das vielleicht in Ordnung; aber sie kaltblütig erschießen – das
ist was ganz anderes. Wenn Sie den Hund erschießen lassen wollen, müssen Sie
den Befehl schon selber geben.»
    «Wo ist er denn jetzt?»
    «Eine von den Studentinnen hat ihn
mitgenommen. Ich hab sie getroffen, als sie raufkam, um die Milch zu holen. Sie
hat gesagt, sie behält ihn bei sich. Die ganze Korona fährt heute nach
Howcroft, und ich hab mir gedacht, da Lady Plackett das Hündchen sowieso nicht
besonders mag und außerdem Besuch kommt, ist das eine gute Lösung.»
    Frances nickte. Die Rothleys und die
Stanton-Derbys wollten abends zum Cocktail kommen, um Verena kennenzulernen,
und sie war auf weitere scherzhafte Bemerkungen über das Hündchen nicht
erpicht. Als sie über den Rasen davongehen wollte, fragte Martha unvermittelt:
«Wer ist eigentlich dieser Richard Wagner? Ein Musiker?»
    «Er war ein Komponist. Ein sehr
geräuschvoller Komponist mit einem bedauerlichen Privatleben. Warum?»
    «Dieses Mädchen – die Studentin, die
das Hündchen mitgenommen hat – sie hat gesagt, er hätte eine Stieftochter mit
solchen Augen gehabt – dieser Wagner. Eines blau, das andere braun, genau wie
das Hündchen. Sie hieß Daniella.»
    «Die
Studentin?»
    «Nein, die
Stieftochter.»
    Frances hielt es für klüger, die
Sache nicht weiterzuverfolgen, und schlug den Weg zum Garten ein.
    Ruth war
mittlerweile im
Bootshaus angekommen.
    «Was ist denn das?» fragte Elke
Sonderstrom, als sie Comelys Kind der Liebe sah, das mit tolpatschigem
Enthusiasmus über ihre Füße hopste.
    «Es ist ein
Mischling», gestand Ruth.
    Das könne sie sehen, meinte Elke und
entzog dem eifrig knabbernden Hündchen ihren Schuh.
    «Aber ein richtiges kleines
Temperamentsbündel», fügte Ruth hinzu. «Wenn auch nicht gerade eine Schönheit.»
    «Nein, das
bestimmt nicht.»
    «Voltaire war auch nicht schön»,
erzählte Ruth, «aber er pflegte zu sagen, wenn man ihm eine halbe Stunde Zeit
gäbe, sein Gesicht durch Gespräche vergessen zu machen, dann könnte er selbst
die Königin von Frankreich verführen.»
    «In diesem Fall hier wäre aber mehr
als eine halbe Stunde nötig», sagte Elke und bat Ruth, ihr die Hämmer zu
reichen, die sie für die bevorstehende Exkursion auf ihre Tauglichkeit prüfen
wollte.
    Ruth kam der Aufforderung nach und
sagte nach einer kleinen Pause: «Ich habe mir gedacht, wir könnten den Kleinen
doch im Bus mitnehmen. Martha hat gesagt, er fährt gern Auto und es wird ihm
nie übel.»
    «Fragen Sie den Professor»,
antwortete Elke und verschwand im Labor.
    Da Quin gerade in diesem Moment den
Weg herunterkam, lief Ruth ihm entgegen und wiederholte ihre Bitte.
    «Er kann
uns vielleicht nützlich sein», sagte sie.
    «Ach ja?» Quin zog eine Augenbraue
hoch. «Und inwiefern, wenn ich fragen darf?»
    «Na ja, Hunde graben doch immer
irgendwelche Knochen aus. Es könnte sein, daß er einen interessanten Fund macht.
Den Oberschenkelknochen eines Torosaurus zum Beispiel.»
    «Das wäre in den Kohleflözen
wahrhaftig ein interessanter Fund», sagte Quin trocken. Doch als er Ruths
Gesicht sah, ließ er sich erweichen. «Na schön, da oben im Hochmoor kann er
nicht viel anstellen. Aber sorgen Sie dafür, daß er uns nicht in die Quere
kommt.»
    Als der Bus die Gesellschaft in
Howcroft Point absetzte, hatte das Hündchen bereits eine Gefolgschaft um sich
versammelt, um die Voltaire es beneidet hätte.
    Es war wieder ein herrlicher Tag.
Auf den

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