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Die Morgengabe

Die Morgengabe

Titel: Die Morgengabe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Ibbotson
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übertreibe. Sie verwalten ihre Ländereien gut,
und die Familie reicht zurück bis zu Wilhelm dem Eroberer. Das Mädchen weiß
sich sicher zu benehmen.»
    «Du meinst also, ich sollte sie
einladen?»
    «Ja. Und nicht nur das. Ich finde,
wir sollten uns ein bißchen anstrengen, damit das Mädchen sich hier wohlfühlt.
Wenn ihr Geburtstag gerade in die Zeit ihres Aufenthalts hier fällt, warum
veranstaltest du dann nicht ein kleines Fest ihr zu Ehren? Ich weiß, daß dir so
etwas nicht liegt, aber wir können dir ja helfen. Rollo kommt nächste Woche mit
einem Freund aus Sandhurst herauf, und Helens Töchter sind zu Hause. Nichts
Förmliches natürlich, aber es ist doch Jahre her, seit Quin in seinem Haus ein
Fest gegeben hat – und wenn die Studenten hier sind, kann er nicht einfach
flüchten, wie er das manchmal tut.»
    Frances, der bei der Vorstellung von
soviel Geselligkeit ganz schwummerig wurde, kam ein erschreckender Gedanke. «Du
glaubst doch nicht, daß er die Studenten einladen wollen wird? Die, die unten
im Bootshaus kampieren, meine ich?»
    «Nein, das glaube ich nicht. Quin
mag ein Demokrat sein, aber er kennt doch die Formen.» Sie trat zu ihrer
Freundin und legte ihr mit einer Herzlichkeit, die sie selten zeigte, den Arm
um die Schultern. Vielleicht ist dies genau
die Gelegenheit, auf die wir gewartet haben, Frances. Geben wir doch dem
Mädchen eine Chance.»
    Als Frau mit einer Mission kehrte Frances Somerville nach Bowmont
zurück. Der Brief, den sie an Lady Plackett schrieb, war überaus herzlich, und
die Instruktionen, die sie Turton gab, waren klar und entschieden.
    «Wir bekommen nächste Woche Gäste –
eine Miss Plackett, eine Studentin des Professors. Lassen Sie das Gobelinzimmer
für sie richten und das Blaue Zimmer für ihre Mutter. Am 28., das ist Miss
Placketts Geburtstag, geben wir hier ein kleines Fest.»
    Turton war vielleicht diskret, die
Mädchen, die das Gobelinzimmer herrichteten, und die Köchin, der gesagt wurde,
man erwarte etwa zwanzig junge Leute zu der geplanten Feier, waren es nicht.
Wie ein Lauffeuer verbreitete es sich unter den Dienstboten der besseren
Familien Northumberlands, daß Quinton Somerville eine ganz besondere junge Dame
erwartete und nun wohl endlich die Hochzeitsglocken läuten würden.
    Und was der Dienerschaft recht war,
das war der Herrschaft nur billig. Ann Rothley hielt Wort. Sie rief Helen
Stanton-Derby an, die noch immer unter dem geigenden Chauffeur litt, den Quin
ihr aufgehalst hatte, und Christine Packham drüben in Hexham und Bobo
Bainbridge unten in Newcastle – und alle, selbst die, deren heiratsfähige
Töchter sich als Herrinnen auf Bowmont gut gemacht hätten, versprachen, Verena
Plackett freundlich aufzunehmen, deren Mutter eine Croft-Ellis war und die,
wenn der gute liebe Quin sie heiraten sollte, diese unsinnige Idee, Bowmont
wegzugeben, im Keim ersticken würde. Ohne zu zögern, boten sie ihre Sprößlinge
für Verenas Geburtstagsfeier an, so erfreut waren sie alle darüber, daß Quin
Somerville endlich sah, wo seine Pflicht lag.
    Als Lady Plackett auf ihr Schreiben
eine Antwort von so unerwarteter Herzlichkeit erhielt, beschloß sie, Verena
selbst zu begleiten und einige Tage in Bowmont zu bleiben, um später zu
Verenas Geburtstagsfeier noch einmal zurückzukehren.
    «Aber ich halte es für das beste,
liebes Kind», sagte sie zu ihrer hochbefriedigten Tochter, «wenn wir
von der Einladung erst kurz vor der Abreise etwas sagen. Sonst kommt es unter
den Studenten vielleicht zu Eifersucht und Mißgunst – und du weißt ja, wie
stark der gute Quinton darauf bedacht ist, jeden Anschein von Bevorzugung zu
vermeiden.»
    Verena fand das vernünftig.
«Überlassen wir es Miss Somerville, ihn von der Einladung in Kenntnis zu
setzen», sagte sie und wandte sich wieder ihren Büchern zu.
    Und natürlich schrieb Frances an
Quin einen Brief, um ihn zu unterrichten, aber in der Woche vor der Abreise
nach Northumberland grub in Yorkshire ein Kiesgrubenarbeiter einen Beinknochen
aus, dessen Größe und Gewicht bei den örtlichen Altertumsforschern ungeheures
Aufsehen erregte. Auf ihre Bitte hin, den Fund zu begutachten und dafür zu
sorgen, daß die Arbeiten in der Kiesgrube eingestellt wurden, strich Quin seine
Vorlesungen und fuhr nach Norden. Von der Bedeutung des Funds – der Knochen
entpuppte sich als Oberschenkelknochen eines ungewöhnlich vollständigen
Mammutskeletts – und einer erbitterten Auseinandersetzung mit einem
habgierigen

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