Die Morgengabe
ihre
Kommilitonen brennend. Janet meinte, sie würde in durchsichtiger schwarzer
Spitze in ihr Etagenbett steigen.
«Für den Fall, daß der Professor um
Mitternacht mit einem Schädelabguß die Leiter heraufklettern sollte.»
Pilly hielt einen gestreiften
Schlafanzug für wahrscheinlicher, mit einer langen Schnur, die Kenneth Easton
ihr abends, vor dem Zubettgehen, immer zur Doppelschleife würde binden müssen.
Ruth hingegen, die Verena die blütenweißen Laborkittel zutiefst neidete, dachte
eher an gesmokten weißen Batist.
«Mit soviel Stärke, daß man es
nachts knistern hört», sagte sie.
Tatsächlich jedoch kam keiner von
ihnen in den Genuß, Verenas Nachtgewand zu sehen. Die Tochter des Vizekanzlers
hatte nämlich ganz andere Pläne.
Wenn Leonie jeden Abend begierig auf
Ruths Bericht vom Tage wartete, und Mrs. Weiss mit ihrem gefürchteten «Also?»
ihr Verhör im Willow begann, wartete Lady Plackett etwas beherrschter,
aber nicht weniger begierig auf Verenas Rapport.
Über die Dozenten ließ sich Verena
mit Zurückhaltung aus, über ihre Kommilitonen jedoch gestattete sie sich zu
sprechen, ohne ein Blatt vor den Mund zu nehmen. So erfuhr Lady Plackett von
dem ungehörigen, um nicht zu sagen unzüchtigen Verhalten Janet Carters auf den
Rücksitzen von Automobilen; von den gefährlich radikalen Ansichten Sam Marshs;
und von den Böcken, die Priscilla Yarrowby schoß, die wieder einmal den
Kieferknochen eines Mammuts mit dem eines Mastodons verwechselt hatte.
«Und Ruth Berger hilft ihr ständig.
Das kann man nun wirklich nicht gutheißen», erklärte Verena. «Man tut Leuten,
die nicht das Zeug zum Hochschulstudium haben, keinen Gefallen, wenn man sie
dauernd anschiebt. Es ist in ihrem eigenen Interesse, wenn sie gleich
ausgesiebt werden, damit sie das Niveau finden können, das ihnen angemessen
ist.»
Lady Plackett war ganz ihrer
Meinung, so wie jeder vernünftige Mensch ihrer Meinung sein mußte. «Sie scheint
einen sehr störenden Einfluß zu haben, diese kleine Ausländerin», sagte sie.
Sie war gar nicht erfreut gewesen,
als Professor Somerville sich entschieden hatte, das Mädchen doch zu behalten.
Diese Ruth Berger hatte etwas ... Exzessives. Selbst die Art, wie sie im Hof an
den Rosen roch, war übertrieben, dachte Lady Plackett. Nun, in einer Hinsicht
wenigstens konnte Verena ihre Mutter beruhigen: Der Professor hatte für Ruth
nichts übrig; er schien ihr bewußt aus dem Weg zu gehen; sie machte in seinen
Seminaren nie den Mund auf.
«Und sie kommt nicht mit nach
Bowmont, das steht fest», erklärte Verena, die vom Eingreifen ihrer Mutter in
dieser Frage nichts wußte.
«Ach ja, Bowmont», meinte Lady
Plackett nachdenklich. «Weißt du, Verena, irgendwie behagt es mir gar nicht,
daß du in einem Schlafsaal mit jungen Mädchen übernachten sollst, die ... von
Sitte und Anstand keine Ahnung zu haben scheinen.»
«Ja, ich muß zugeben, daß mir das
auch zu schaffen macht», sagte Verena. «Aber man möchte natürlich demokratisch
sein.»
«Das ist richtig», stimmte Lady
Plackett zu. «Trotzdem ... alles hat seine Grenzen.» Sie hielt inne und legte
ihrer Tochter beruhigend die Hand auf den Arm. «Weißt du, ich habe da eine
Idee.»
Verena hob den Kopf. «Ich bin
gespannt», erwiderte sie, «ob es die gleiche ist wie meine.»
16
«Schau ihn dir an», sagte Frances Somerville bitter und
reichte ihrem Mädchen den Feldstecher. «Wie er sich schon die Hände reibt vor
lauter Genugtuung.»
Martha nahm das Fernglas und
richtete es auf den Herrn mittleren Alters mit der hohen Stirn des
Intellektuellen, der auf dem felsigen Küstenweg dem Kap entgegenschritt.
«Er schreibt was in sein Buch»,
bemerkte sie, als sei das ein weiterer Beweis für Mr. Fergusons
Verachtenswürdigkeit.
«Also, er braucht jedenfalls nicht
zu erwarten, daß ich ihn zum Mittagessen einlade», sagte Frances. «Meinetwegen
kann er im Black B1411 essen.»
Mr. Ferguson, auf Quins Ersuchen hin
vom National Trust gesandt, um zu sehen, ob Bowmont den Trust interessieren
konnte, war kurz nach dem Frühstück eingetroffen. Obwohl er ein Mann mit
tadellosen Formen war, taktvoll und zurückhaltend, hatte Frances ihn behandelt,
als sei er soeben aus einer stinkenden Kloake emporgekrochen.
«Vielleicht wird ja gar nichts
draus», sagte Martha und reichte das Fernglas zurück. Nach vierzig Jahren in
Frances Somervilles Diensten durfte sie es sich erlauben, wie eine Freundin zu
sprechen. «Vielleicht gefällt's ihm hier
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