Die Mütter-Mafia
beschwingt und lebendig über Schirmständer zu stolpern. Alles Weitere würde sich ergeben.
Mimi guckte böse, als Anton und Emily sich zwei Stunden später verabschiedeten - »Ihr könnt doch mit zu Abend essen, Constanze kocht fantastisch! Nein, keine falschen Ausreden! Du kannst dieses blöde Wochenende in Disney-Land jederzeit nachholen!« -, aber ich winkte den beiden fröhlich hinterher.
Bloß nichts überstürzen.
Das letzte Mal, als ich verliebt gewesen war, hatte ich einen traurigen Geschwindigkeitsrekord aufgestellt: kennen lernen, Geschlechtsverkehr, schwanger werden - alles in einer Woche. Man hatte ja gesehen, wohin das führt. Nein, diesmal würde ich diese wunderbaren Schmetterlinge im Bauch so lange wie möglich auskosten.
Anne kam von ihrer Geburt zurück, als Anton bereits gefahren war. Die Frau hatte die Sache in zweieinhalb Stunden hinter sich gebracht. So hatte ich mir das beim ersten Mal auch vorgestellt, aber Nelly hatte geschlagene fünfundzwanzig Stunden gebraucht. So ungerecht ging es auf der Welt zu.
Anne wollte unbedingt noch joggen, damit sie im Urlaub in meinen schwarzen Badeanzug hineinpasste. Also wiesen wir Max und Nelly an, auf Julius und Jasper aufzupassen, solange wir weg waren.
»Und wehe, ihr lasst den Hahn aus dem Häuschen«, sagte ich, weil Hempels immer noch zeternd an ihrem Beobachtungsfenster standen und nicht begriffen, dass es weit und breit keinen Hahn gab, sondern nur ein albernes Handy.
Wir liefen unsere übliche Runde durch die Siedlung, aber weil Trudi das erste Mal mitlief liefen wir langsamer als sonst. Genauergesagt liefen wir so langsam, dass eine hundertjährige Frau mit Gehhilfe bequem neben uns her hätte schlurfen können.
»Und das soll besser sein als Sex?«, fragte Trudi auch prompt.
»Wer hat das denn behauptet?«, fragte Mimi.
»Also, ich find's besser als Sex«, sagte Anne.
Ich sagte nichts. Ich dachte an Anton.
»Also, ich muss euch etwas sagen«, sagte Mimi.
»Ich auch«, sagte Anne. »Da vorne kommen Sabine Ziegenweib-Sülzmaul und Frauke Dingenskirchen, Oberdominas der Mütter-Society, angejoggt! Ein bisschen mehr Tempo, wenn ich bitten darf Die denken ja sonst, hier kommt der Herzschrittmacher-Seniorenclub und nicht die gefürchtete Führungsriege der streng geheimen Mütter-Mafia!«
Frauke und Sabine legten ebenfalls einen Zahn zu, als sie uns sahen. Als wir voreinander abbremsten, war es ein bisschen so wie beim großen Wagenrennen in »Ben Hur«. Fehlte nur noch, dass wir schnaubten und wieherten und unsere Mähnen schüttelten.
Sabine gab Mimi die üblichen Luftküsschen. »Wie schön, dich zu sehen, Schätzchen. Frauke, das ist meine ehemalige Kommilitonin Mimi, von der ich dir erzählt habe. Du weißt schon, die so gerne schwanger werden würde, bei der es aber einfach nicht klappt.«
»Freut mich«, sagte Frauke und strahlte.
»Frauke hat drei Kinder und bekommt jetzt ein viertes«, sagte Sabine. »Sie kann einfach nicht genug davon bekommen, voll geschissene Windeln zu wechseln!«
»Das sollte aber eigentlich noch ein Geheimnis bleiben«, sagte Frauke und strahlte noch mehr.
»Vielleicht kann Frauke dir ja mal ein paar gute Tipps geben«, sagte Sabine. »Wenn jemand weiß, wie man schwanger wird, dann sie.«
»Ach, eine gesunde Lebensweise, viel Folsäure und ein paar Stunden Zeit zu zweit - mehr ist doch gar nicht nötig«, sagteFrauke bescheiden. »Ich halte allerdings schon seit einem halben Jahr eine spezielle Diät ein, die das Säuremilieu in der Scheide beeinflusst und damit das Geschlecht des Kindes bestimmt. Ich will nämlich unbedingt noch einen Jungen, Mädchen sind so schwierig!«
»Ich denke, Mimi wäre das Geschlecht völlig egal«, sagte Sabine. »Hauptsache überhaupt ein Kind, nicht wahr? Ich persönlich wollte ja immer lieber Mädchen haben. Karsta wird übrigens demnächst als Kindermodel Karriere machen.«
»Was denn? Die kleine Garsta?«, wiederholte ich fassungslos. Für welches Produkt sollte dieses abgrundtief hässliche Kind denn Werbung machen? Überdimensionale Schnuller, vielleicht? >Ist Ihr Kind auch so unansehnlich? Schämen Sie sich, mit ihm auf die Straße zu gehen? Dann kaufen Sie Tarnschnuller, und niemand wird es bemerken. Tarnschnuller - und niemand wendet sich mehr ab!<
Oder Garsta in Großaufnahme, den Rettungsbootmund weinerlich verzogen, das Doppelkinn in die Brust gedrückt, sich Rotze von der Kartoffelnase wischend. Dazu eine Stimme aus dem Off: >Der kleinen Garsta kann
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