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Die Mütter-Mafia

Titel: Die Mütter-Mafia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Gier
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Fünfzigerjahrelampe an der Decke in äußerst unvorteilhaftes Licht getaucht wurde. Das war allerdings eine Katastrophe. »Wo bin ich?«
    »In deinem schlimmsten Albtraum«, sagte Nelly schrill. Sie war es gewesen, die mich wachgerüttelt hatte. »In Omi Wilmas Haus.«
    Ach ja, jetzt wusste ich es wieder. Heute war der erste Tag meines neuen Lebens. Mein erster Tag als allein erziehende Mutter und Hausbesitzerin. Er fing nicht gut an.
    »Jetzt ist es nicht mehr Omi Wilmas Haus«, sagte ich. »Jetzt ist es unser Haus.« Ich warf einen Blick auf Omi Wilmas Wecker, der schon seit zwanzig Jahren auf Omi Wilmas Nachtschränkchen stand und ein Gehäuse aus Mahagoni hatte. Das Nachtschränkchen war ebenfalls aus Mahagoni und hatte eine Glasplatte obenauf Es war kurz nach sechs. »Schätzchen, heute ist Rosenmontag, wir können ausschlafen.«
    »Aber mein Handy tut es nicht!« Nelly jaulte auf »Ich kann hier nicht schlafen. Es ist grauenhaft. Es ist furchtbar. Es ist noch viel, viel schlimmer, als ich dachte.«
    Sie hatte leider Recht. Als Lorenz sagte, das Haus sei bezugsfertig, hatte ich angenommen, er habe die Sachen seiner Mutter hinaus- und unsere Sachen hineingeräumt, wie man das ebenso macht, üblicherweise. Tatsächlich aber hatte Lorenz lediglich unsere Sachen zu den bereits vorhandenen Sachen dazugestellt. Das Ergebnis war verheerend, wie wir bei unserem ersten Rundgang durch unser neues Heim festgestellt hatten. Nelly hatte in jedem Raum Schreikrämpfe bekommen, und Julius musste sich prompt in das Klo übergeben. Lorenz hatte schon gewusst, warum er uns nur vor der Haustür abgesetzt hatte und sofort wieder abgedampft war.
    »Das ist jetzt euer Zuhause«, hatte er gesagt und allen außer mir ein herzhaftes Abschiedsküsschen gegeben. Dann war er zurückgefahren, in sein eigenes, geschmackvolles Zuhause, das jetzt ganz ihm allein gehörte.
    Hier hingegen sah alles noch genauso aus wie zu Omi Wilmas Lebzeiten, als wäre die Zeit einfach stehen geblieben. Fehlte nur, dass sie uns aus der Küche entgegenkam, mit blau getöntem Haar, einer Küchenschürze über ihrem Sonntagskostüm und einer dezenten Himbeergeistfahne.
    Omi Wilmas Geschmack war - nun, er war Mahagoni. Mahagoni massiv und Mahagoni furniert und poliert. Auf jeden Fall sehr ausladend Mahagoni. Manche Möbelstücke waren so ausladend, dass sie durch keine Tür passten. Das Haus war vermutlich um sie herum gebaut worden, eine andere Erklärung gab es nicht. Vom mahagonigetäfelten Flur mit Mahagoni-Garderobe und Mahagoni-Telefontischchen ging man rechter Hand in ein großes Wohnzimmer, wo man von einer deckenhohen Mahagoni-Schrankwand und zwei Mahagoni-Büfetts förmlich erschlagen wurde. Der Mahagoni-Couchtisch harmonierte wunderbar mit den altenglischen braunen Ledercouches auf einem überwiegend braun und blau gemusterten Perserteppich, passend zu den braunen Samtvorhängen. Die Büfetts waren so wuchtig, dass sie bequem als Kleintierställe hätten umfunktioniert werden können, wenn man die Schranktüren durch Karnickeldraht ersetzt hätte. Für Hasen oder eine Rotte Meerschweinchen oder auch kleine Ziegen wäre genug Platz daringewesen. Selbst die Heizkörperverkleidungen waren mahagonifarben gestrichen.
    Die Küche, linker Hand vom Flur, war ein winziger Schlauch, deckenhoch mit Mahagoni-Schranken versehen, dort gab es eine Durchreiche mit Mahagoni-Rollläden, hinüber zum Esszimmer, wo Lorenz neben den obligatorischen Mahagoni-Büfett-Kaninchenstall unser altes Weichholzküchenbüfett gequetscht hatte. Es gab einen großen Esstisch aus poliertem Mahagoni mit dazu passenden Mahagoni-Stühlen, braun-beige-hellblau gepolstert, mit dem gleichen psychedelischen Muster wie die Vorhänge an den Fenstern. Die Besonderheit in diesem Raum: Auch die Deckenlampe war aus Mahagoni. Vom Esszimmer ging es hinaus in den Wintergarten, der jetzt eine Art Pflanzenfriedhof darstellte, weil niemand mehr Omi Wilmas Pflanzen gegossen hatte, seit sie tot war. Immerhin war die Sitzgruppe hier aus Rattan, nicht aus Mahagoni. Dafür aber das Klavier.
    Die Kacheln des geräumigen Gästebades waren ebenso kackbraun wie die darin befindlichen Sanitärobjekte, und die Krönung des Ganzen war ein dazu passendes gehäkeltes Klorollenhütchen, das Julius sich aufsetzte, als er fertig gebrochen hatte.
    »Ich glaube, ich muss mich auch übergeben«, sagte Nelly.
    Ich auch.
    »Ich dachte, Papa hätte das Haus leer geräumt«, sagte ich und drehte die Klopapierrolle in meinen

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