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Die Mütter-Mafia

Titel: Die Mütter-Mafia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Gier
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als Karriere. Ich dachte, ich hätte alles fest im Griff Aber letzten Sommer hatte ich eine Fehlgeburt und danach diesen Hörsturz, der Arzt sagt, der Stress mache mich kaputt. Offiziell ist das ein Sabbatical, aber inoffiziell ist es meine letzte Chance. Ich möchte endlich Kinder haben, weißt du. Kinder geben dem Leben doch erst einen Sinn, oder?«
    »Kommt wohl auf die Kinder an«, sagte ich und streichelte unbeholfen über Mimis Arm. Ob es sie trösten würde zu erfahren, dass ich sie auf höchstens Ende zwanzig geschätzt hatte?
    »Es klappt aber nicht«, seufzte Mimi. »Obwohl ich jetzt keinen Stress mehr habe, klappt es einfach nicht. Ich bin das nicht gewohnt: Normalerweise funktionieren meine Pläne immer brillant. Ich bin berühmt dafür, dass meine Pläne immer funktionieren. Aber das hier, das funktioniert nicht. Irgendwann werde ich die letzte Frau auf diesem Planeten sein, die kein Kind hat. Uberall sehe ich schwangere Frauen, Frauen mit Kinderwagen, in jeder Talkshow sitzen fünf Frauen herum, die vier Kinder von sieben verschiedenen Männern haben, und das trotz Verhütung. Jede rauchende, saufende, Pille schluckende Sozialhilfeempfängerin kann schwanger werden, nur ich nicht!«
    »Manchmal dauert es einfach ein bisschen«, sagte ich. Ich fühlte mich schuldig, weil ich mit meinen Kindern völlig ungeplant und trotz Verhütung schwanger geworden war wie eine rauchende, saufende und Pille schluckende Sozialhilfeempfängerin, bei Nelly trotz Pille, bei Julius trotz Spirale. Lorenz hatte kein zweites Kind gewollt, aber als ich schwanger war, meinte er nur, dass man damit bei mir wohl hätte rechnen müssen.
    »So ist meine Conny«, pflegte er zu sagen, auch gerne bei Tisch, wenn wir Gäste hatten. »Du kannst sie in jeder beliebigen Stadt der Welt über einen Platz schicken, und du kannst davon ausgehen, dass sie in den einzigen Hundehaufen tritt, der dort liegt.«
    Ich hatte es immer einigermaßen beleidigend gefunden, diesen Vergleich auf Julius anzuwenden, aber was die Hundehaufen anging, hatte Lorenz Recht: Ob Siena, Rom, London, Dublin oder Barcelona - überall hatte ich mir ein Paar Schuhe in der Hinterlassenschaft eines Köters ruiniert. Lorenz sagte, das sei meine Art, mit der einheimischen Bevölkerung in Kontakt zu treten.
    Während ich Mimis Hand streichelte, fiel mir aus irgendeinem Grund ein, dass ich dringend zum Frauenarzt musste. Was sollte ich noch mit der Spirale, wenn es gar nichts mehr zu verhüten gab? Ich ging überhaupt viel zu selten dorthin. Das letzte Mal hatte ich einiges Befremden ausgelöst, weil ich erst geschlagene zweidreiviertel Jahre nach Julius' Geburt wegen eines Termins angerufen hatte. Die Sprechstundenhilfe hatte offenbar im Computer gesehen, dass ich bei meinem letzten Arztbesuch kurz vor der Entbindung gestanden hatte, aber sie hatte nicht auf die Jahreszahl geachtet. Streng hatte sie gesagt: »Ja, Frau Wischnewski, endlich machen Sie mal einen Termin zur Nachsorge! Und herzlichen Glückwunsch noch. Uns fehlen hier die Angaben zu Geschlecht, Größe und Gewicht. Wie schwer ist das Baby denn?«
    »Dreizehneinhalb Kilo«, hatte ich stolz erwidert. »Aber er ist sehr groß für sein Alter.«
    Die Sprechstundenhilfe war am anderen Ende der Leitung in Ohnmacht gefallen. Na ja, vielleicht hatte Lorenz Recht, und ich war wirklich das am schlechtesten organisierte und lebensuntüchtigste Weibsstück weit und breit. Trotzdem (oder gerade deswegen?) hatte ich zwei Kinder bekommen, und wenn ich Mimi so zuhörte, wurde mir klar, was für ein Glück ich gehabt hatte. Meine Pläne, so ich denn welche machte, funktionierten nämlich nie.
    »Ich habe Idealgewicht, ich nehme Vitamine, ich treibe Sport«, sagte Mimi. »Ich mache autogenes Training, Beckenbodengymnastik und Visualisierungsübungen. Ich habe jedes verfügbare Buch zu diesem Thema gelesen. Die Kinder von Heidi Klum, Steffi Graf und Jennifer Aniston werden trotzdem längst mit der Schule fertig sein, wenn es bei mir endlich klappt. Falls es überhaupt jemals klappt. Jetzt ist sogar unsere Katze trächtig. Und die ist erst ein dreiviertel Jahr alt.«
    »Vielleicht liegt es ja nicht an dir, sondern an deinem Mann«, sagte ich.
    »Nein.« Mimi schüttelte den Kopf »Das haben wir doch längst alles geklärt. Wir sind beide völlig in Ordnung. Bei zwanzig Prozent aller ungewollt kinderlosen Paare gibt es einfach keine wissenschaftliche Erklärung. Unser Gynäkologe sagt, dass man dem Kinderkriegen als solches mit sehr

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