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Die Mütter-Mafia

Titel: Die Mütter-Mafia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Gier
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überrumpelt.
    »Das ist mein Mann. Der besorgt auch Farbe und Zubehör. Er ist nämlich Filialleiter beim Baumarkt und bekommt alles zum Einkaufspreis«, sagte Mimi. »Hast du Baupläne von dem Haus? Heute Nacht kam mir nämlich der Gedanke, dass eine Menge Probleme gelöst wären, wenn man die Wand zwischen Küche und Esszimmer einreißen könnte. Komm, lass uns sofort loslegen, die Zeit rennt.«
    Ich folgte Mimi mit gemischten Gefühlen ins Wohnzimmer. So herrlich es war, dass sich jemand meiner Probleme annahm - irgendwie war es aber auch nicht ganz geheuer. Es sei denn, Mimi würde sich gleich als meine lange verschollene Halbschwester herausstellen, die einst in einer Gewitternacht geboren wurde und die sich nun aus verständlichen Gründen zu mir hingezogen und verpflichtet fühlte, mein Haus zu renovieren. Nur meinetwegen hatte sie sich einen Ehemann ausgesucht, der Filialleiter eines Baumarktes war - Schicksal oder Zufall?
    »Mimi?«
    »Hm? Ich denke, die Sofas werden ihre Liebhaber finden«, sagte Mimi. »Das Leder ist noch wie neu. Natürlich nur an Selbstabholer.«
    »Mimi? Warum tust du das für mich?«
    Mimi sah mich erstaunt an. »Was meinst du?«
    Ich spürte, wie ich vor Verlegenheit rot anlief aber ich musste einfach darüber reden. »Ich meine, ich kann Hilfe wirklich gebrauchen, und ich weiß auch gar nicht, wie ich es alleine schaffen sollte. Aber ich finde es ehrlich gesagt zu schön, um wahr zu sein, dass du einfach bei mir vor der Tür stehst und die Ärmel hochkrempelst. Schließlich kennen wir uns doch erst seit einem Tag, und ...« Ich verstummte, als ich Mimis bestürztes Gesicht sah.
    »Oh, das tut mir so Leid«, sagte sie. »Ich weiß, ich bin furchtbar. Ronnie hat mich gleich gewarnt, er hat gesagt, ich soll es nicht übertreiben, aber ich war so begeistert, dass ich endlich was zu tun habe, dass ich gar nicht daran gedacht habe, dass es dir unangenehm sein könnte.«
    »Oh nein!«, rief ich aus. »Es ist mir nicht unangenehm, im Gegenteil, ich bin schrecklich, schrecklich dankbar, dass du mir deine Hilfe angeboten hast und die Sache sofort in die Hand genommen hast, aber ... doch, es ist mir unangenehm, weil ich doch keine Hilfe von jemandem annehmen kann, den ich gar nicht kenne, und weil das alles hier unheimlich viel Zeit und Mühe kosten wird und ich gar nicht weiß, wie ich mich jemals revanchieren soll, und weil ich nicht verstehe, warum du das für mich tun willst, außer du wärst meine längst verschollene Halbschwester ...« Wieder verstummte ich.
    Mimi sah todunglücklich aus. »Oh Gott, du denkst, ich bin eine Psychopathin! Jemand, der bei fremden Leuten klingelt und ihnen einen Drei-Stufen-Plan aufzwingt. Das ist ja furchtbar. Ich schwöre, dass ich so was normalerweise nicht tue. Aber du warst mir gleich so sympathisch, und ich habe sofort gemerkt, dass ich hier gebraucht werde, und das tat so gut, dass ich gar nicht darüber nachgedacht habe, wie du dich dabei fühlst ... -ich bin einfach zu weit gegangen, tut mir Leid. Seit ich nicht mehr arbeiten gehe, stürze ich mich auf jede Beschäftigung wie ein Geier auf Aas, ich sollte auf Ronnie hören und mit dem Golfen anfangen. Und Antidepressiva schlucken.« Sie ließ sich auf das Ledersofa fallen. »Herrje, ich sollte dir nicht die Ohren voll jammern, dir geht es vermutlich viel schlechter wegen deiner verschollenen Halbschwester.«
    »Das habe ich mir doch nur ...« Ich fühlte mich schrecklich, weil ich nur an mich gedacht hatte. Vorsichtig setzte ich mich neben Mimi. »Seit wann bist du denn arbeitslos?«
    »Nicht wirklich arbeitslos. Beurlaubt«, sagte Mimi. »Offiziell nennen wir es ein Sabbatical, aber es ist mehr als das. Im November hatte ich einen Hörsturz. Seitdem höre ich auf dem einen Ohr schlecht, aber ich habe Glück gehabt. So ein Hörsturz ist mehr als ein Warnschuss. Ich musste mich entscheiden. Ich habe nach dem Studium siebeneinhalb Jahre hart gearbeitet und doppelt so viel Kohle verdient wie Ronnie. Und der verdient wirklich nichtschlecht. Ich bin bei einer Unternehmensberatung, und da muss man hundert Prozent geben, oder man fliegt. Ich bin nicht geflogen, weil ich gut war, sehr gut sogar, bei aller Bescheidenheit. Personalscouts aus ganz Europa rennen mir auch jetzt noch die Türen ein, so gut war ich, aber irgendwie ist dabei der Rest meines Lebens auf der Strecke geblieben. Ich meine, ich bin fünfunddreißig, und allmählich wird die Zeit knapp, wenn ich noch etwas anderes im Leben machen will

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