Die Mütter-Mafia
dreißig.
Ich lächelte sie so neidlos wie möglich an, aber ihr Blick schweifte gleichgültig über mich hinweg, um dann an Mimi hängen zu bleiben.
Sie blieb wie angewurzelt stehen und rief hocherfreut aus: »Na so was! Mimi Pfaff! Dich habe ich ja schon eine Ewigkeit nicht mehr gesehen!«
»Sabine Ziegenweidt!«, sagte Mimi.
»Ziegenweidt-Sülzermann«, verbesserte Sabine, während sie und Mimi einander mit Luftküsschen links und rechts liebkosten. »Jetzt sag aber doch mal, wie es dir geht! Stimmt das Gerücht, dass du dich aus der Arbeitswelt zurückgezogen hast?«
»Ja«, sagte Mimi. »Ein Sabbatical zwecks Neuorientierung.«
»Ja, ich hab das von deinem Hörsturz gehört, dramatisch, wirklich, und dann noch die Sache mit der Fehlgeburt, du Ärmste, und die biologische Uhr tickt, nicht wahr, tick, tack, tick, tack. Ich bin ja heilfroh, dass ich das Thema Nachwuchs für mich abgehakt habe, Karsta und Wibeke genügen mir völlig, nach dem Kaiserschnitt bei Karsta habe ich mich gleich sterilisieren lassen, alles in einem Aufwasch, damit mein Chef wieder ruhig schlafenkann. Jedes Mal, wenn ich im Erziehungsurlaub war, war er einem Herzinfarkt nahe, der Gute.«
»Ach, du hast deinen Job noch? Ich dachte, das hätte mal ganz schön auf der Kippe gestanden«, sagte Mimi.
»Ach nein, das waren nur üble Gerüchte. Wenn man seinen Beruf liebt und so viel Kohle scheffelt wie ich, dann kann man es sich einfach nicht leisten, allzu lange zu pausieren, auch nicht der Kinder wegen. Ich würde mich auch tödlich langweilen, nur zu Hause, du nicht? Oh, entschuldige, das wollte ich jetzt nicht so ausdrücken, das ist natürlich was ganz anderes, wenn man gesundheitlich dazu gezwungen ist, nicht wahr? Aber jetzt sag mir bitte, bitte, dass bei dir Nachwuchs unterwegs ist, damit ich gratulieren kann.«
»Nein, kein Nachwuchs unterwegs«, sagte Mimi. »Ich wiege immer noch die Vor- und Nachteile ab. Immer wenn ich andere Mütter sehe, denke ich, ach, lieber doch nicht, sonst wirst du am Ende noch genauso bescheuert!«
»Aber lange darfst du nicht mehr warten«, sagte Sabine. »Ab fünfunddreißig sinkt die Wahrscheinlichkeit, schwanger zu werden, rapide, wie du sicher weißt. Mich musste man ja nur mal scharf angucken, und schon war ich schwanger, aber ich habe viele Bekannte, bei denen das erst nach haufenweise Invitro-Fertilisationen geklappt hat, da bist du keine Ausnahme. Und so was kann ganz schön belastend für die Ehe sein. Bist du eigentlich immer noch mit deinem Ronnie zusammen?«
»Ja, sicher«, sagte Mimi. »Wir waren gerade zusammen für vier Wochen in Thailand, eine Expedition quer durchs Land, hochinteressant.«
»Ja, aber so ein ausländisches Kind zu adoptieren ist natürlich nicht dasselbe, glaub mir das. Du, ich muss weiter, heute jogge ich ausnahmsweise mal abends, weil ich morgen ganz früh nach München fliege, Fortbildung, du kennst das ja, ich muss noch Koffer packen, mit meinen Töchtern spielen, meinen Mann versorgen, also Küsschen, Küsschen und toi, toi, toi, dass es ganzbald klappt mit der Befruchtung. Wenn es dann so weit ist, sprich mich mal auf eine Mitgliedschaft bei der Mütter-Society an, jemand mit deinen Beziehungen würden wir da natürlich gerne sehen.« Sie lachte. »Haha, aber natürlich erst, wenn du Mutter bist.«
Und mit einem letzten Küsschen setzte sie sich wieder in Bewegung und joggte davon.
»Was war das denn?«, fragte Anne, die dem Dialog genau wie ich mit zunehmender Fassungslosigkeit gefolgt war. »Man möchte sich bekreuzigen und sich einen Kranz Knoblauch um den Hals hängen.«
»Wir haben zusammen Abitur gemacht und später im selben Semester BWL studiert«, sagte Mimi. »Sabine war immer die Nummer zwei, das muss ich bei aller Bescheidenheit einfach so sagen. Sie war wahnsinnig ehrgeizig, aber ich war trotzdem immer die Bessere von uns beiden. Außerdem bekam ich die tolleren Jungs ab. Deshalb hasst sie mich schon seit Ewigkeiten.«
»Aber ihr habt euch geküsst«, sagte ich.
»Ja, das macht man so unter richtigen Zicken«, sagte Mimi. »Außerdem hasst sie mich ja jetzt nicht mehr, weil sie sich jetzt für die Siegerin unseres nie proklamierten Wettstreites hält: Schließlich hat sie jetzt beides, Kinder und Karriere. Und ich -ich bin unfruchtbar wie die Wüste Gobi.«
»Dafür hast du die bessere Figur«, sagte ich.
»Und deine Mundwinkel hängen nicht auf deinen Schultern«, sagte Anne.
»Noch nicht«, sagte Mimi.
»Außerdem kannst du ja jederzeit
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