Die Mütter-Mafia
alles, was sie finden kann. Lass Julius vor dem Zubettgehen anrufen, damit ich ihm gute Nacht sagen kann, und erzähl ihm eine Geschichte von Goldlöckchen, in der niemand stirbt oder eine Reise macht oder sich sonst irgendwie verabschiedet, denn das regt ihn zurzeit sehr auf Bitte nutz die Gelegenheit, mit Nelly für Mathe zu lernen, sie schreibt ausgerechnet am Montag eine Arbeit. Morgen um spätestens achtzehn Uhr sollen sie deshalb wieder hier sein, damit sie früh ins Bett gehen können, und wehe, du lässt Julius ein Mittagsschläfchen machen, nur damit du und deine Neue eure Ruhe habt. Und das Wichtigste: Sag, was du willst, aber sag auf keinen Fall:
Das ist jetzt eure neue Mami, oder so etwas in der Art, denn sonst bringe ich dich um. Ist das so weit alles klar?«
»Also, wirklich, Conny, als ob ich Julius in den Schrank sperren würde!«, sagte Lorenz.
Ich wusste, dass ich vielleicht etwas übertrieben besorgt war, aber das war immerhin das erste Wochenende seit Julius' Geburt, das ich ohne meinen Sohn verbringen würde.
Es war frühlingshaft warm, und im Garten herrschte beinahe Volksfestatmosphäre.
»Was sind denn das alles für Leute?«, fragte Lorenz.
»Also, deine Kinder und Trudi kennst du ja, die beiden im Overall heißen Mimi und Ronnie und sind hier für die Innenausstattung und Renovierung zuständig, der Dicke ist ein Arbeitskollege von Ronnie, der voll auf meine Kochkünste abfahrt und mich auch sonst ganz toll findet, und der Junge mit den süßen Locken ist ein Freund von Nelly. Sie ist in ihn verliebt, aber wehe, du sprichst sie darauf an. Ja, und die Leute, die am Zaun stehen und rumschreien und mit dem Anwalt drohen, das sind die Nachbarn, die wirst du ja wohl von früher kennen.«
»Hempels, die Plage der Insektensiedlung«, sagte Lorenz. »Lieber wie bei Hempels unterm Sofa als mit Hempels auf dem Sofa, hat mein Vater immer gesagt. Dass die noch leben, bei diesem Übergewicht und dem hohen Blutdruck!«
»Ja, das Leben ist ungerecht«, sagte ich.
»Die fiese Alte wollte mich immer mit ihrer Tochter Gitti verkuppeln, so einem Mordstrumm mit Damenbart«, erinnerte sich Lorenz. »Was ist eigentlich aus der geworden?«
»Ach, die soll wahnsinnig abgenommen und als Model Karriere gemacht haben. Hat sich so einen affigen Künstlernamen zugelegt. Paris Sowieso.«
Lorenz guckte mich entgeistert an.
»War nur'n Scherz«, sagte ich.
*
Das Wochenende ging schneller vorbei, als ich gedacht hatte. Max hämmerte und sägte draußen im Garten an den Buchen, und weil Hempels ihn keine Minute aus den Augen ließen, machte ich mir weiter keine Sorgen um ihn. Falls er sich in den Finger schneiden oder vom Baum kippen würde, würden Hempels schon Alarm schlagen. Ich hoffte außerdem, dass sie uns ein paar von den vielen Fotos, die sie schossen, als Andenken überließen. Die Post brachte einen neuen Brief von Süffkens, Brüderle und Becker, in dem Herr Becker mich darüber informierte, dass ich den Forderungen seiner Mandanten bezüglich der Bäume noch immer nicht nachgekommen sei, dass das Parken auf dem Bürgersteig nach wie vor verboten sei und dass mein Hund, falls er noch einmal im Vorgarten der Hempels sein Geschäft erledige, egal ob klein oder groß, beim Ordnungsamt angezeigt würde.
»Welcher Hund denn?«, fragte ich alarmiert.
Ronnie und Mimi beruhigten mich. »Mach dir nichts draus, der gute Herr Becker ist schon ein bisschen senil, und Hempels beschweren sich über so viele Leute, da kommt er ab und an mal ein bisschen durcheinander.«
»Anton wird Herrn Becker auseinander nehmen, das macht er immer«, sagte Ronnie. »Wann hast du denn nun endlich deinen Termin bei ihm?«
»Am Dienstag«, sagte ich.
»Er wird dir gefallen«, sagte Ronnie. »Er sieht nicht nur gut aus, er ist auch richtig nett, stimmt's, Mimi?«
»Ja, und er ist Single«, sagte Mimi. »Genau wie du.«
Ich begann mich allmählich richtig auf meinen Anwalt zu freuen.
Weil wir schon am Samstagabend mit der Küche und dem Esszimmer fertig wurden, schlug Ronnie vor, schon am nächsten Tag mit den Fußböden in den Kinderzimmern zu beginnen. Das Klick-Parkett aus Ahorn war im Baumarkt vorrätig und konnte dank Ronnie auch sonntags dort abgeholt werden. Zuerst wollte ich ablehnen und Ronnie und Mimi einen gemütlichen Sonntagzu zweit vorschlagen, nach der vielen Arbeit hatten sie sich den doch wirklich verdient. Doch dann fiel mir ein, dass ich die beiden in ihrem eigenen Interesse von jeglicher
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