Die Mütter-Mafia
du jetzt nach Hause und das alles deinen Eltern sagen«, sagte ich. »Das ist wichtig, hörst du, Laura-Kristin?«
Laura-Kristin nickte.
»Sollen wir mitkommen?«, fragte Anne.
Laura-Kristin schüttelte den Kopf. »Nein, das mache ich schon allein. Ich warte, bis Marlon und Flavia im Bett sind.«
»Gut«, sagte Anne. »Oh, ich glaube, ich sitze auf deinem >Magnum<.«
»Das macht nichts«, sagte Laura-Kristin. »Ich war sowieso satt.«
*
Als ich Julius an diesem Abend ins Bett brachte, wollte er die Geschichte von Goldlöckchen hören, der von einem bösen Jungen in den Schrank gesperrt wurde.
Ich erzählte die Geschichte von Goldlöckchen, wie er den bösen Jungen bei den Ohren packte und aus dem Zimmer schleifte.
»Denn Goldlöckchen ist viel stärker und größer als der böse Junge«, sagte ich.
»Aber der böse Junge hat Goldlöckchen in den Schrank gelockt«, sagte Julius. »Und dann hat er einfach abgeschlossen. Gut, dass Jasper mich gerettet hat. Da drinnen hat es nämlich furchtbar ekelhaft geriecht.«
»Wonach hat es denn gerochen?«, fragte ich.
»Nach Waschpulver«, sagte Julius.
»Nach Waschpulver?«
Julius nickte. »Das war so ekelhaft, dass ich brechen musste.«
Diese Neuigkeit wollte ich Anne nicht vorenthalten. Ich rief sie an, als Julius eingeschlafen war. »Na, wie fühlst du dich?«, fragte ich.
»Einfach toll«, sagte Anne. »Mein über Jahre angestauter Alltagsfrust ist wie weggeblasen. Ich habe meinen Kindern zur Feier des Tages einen Auflauf aus Biogemüse vorgesetzt, eine pädagogisch wertvolle Geschichte vorgelesen, zwei Wäschekörbe mit Herrenhemden gebügelt und eine faltenreduzierende Gesichtsmaske aufgelegt. Ich fühle mich so gut, dass ich mir sogar vorstellen kann, Sex zu haben, wenn mein Mann nachher von der Arbeit kommt. Wenn er denn kommt, es ist immerhin schon nach neun, und ich weiß nicht, wie lange dieser Adrenalinschub noch anhält.«
»Vielleicht hält er ja noch etwas länger an, wenn ich dir sage, dass Julius sich in Marlons Schrank übergeben hat«, sagte ich.
»Wirklich? Klasse«, sagte Anne. »Dass ich nicht auf die Idee gekommen bin! Sag mal, wie war das mit diesem Schutzengelfilzkurs? Hab ich da was verpasst?«
»Also, wenn du mitmachen würdest, dann müsste der Kurs nicht abgesagt werden, und Gittis guter Ruf wäre wiederhergestellt«, sagte ich. »Mimi und Trudi und ich gehen auf jeden Fall hin. Trudi ist ganz begeistert.«
»Also gut«, sagte Anne. »Dann gehe ich auch mit. Ich könnte ein paar Frauen aus meiner Beckenbodengymnastik mitbringen. Die tun alle, was ich sage.«
»Das wäre toll«, sagte ich. »Und so einen Schutzengel kann schließlich jeder gebrauchen.« Ich machte eine kurze Pause. »Anne? Tut mir Leid, dass ich dich mit zu Frauke geschleppt habe. Diese Frauen sind wirklich Hyänen. Ich weiß gar nicht, warum ich unbedingt zu dieser Mafia gehören wollte.«
»Ich wollte es ja auch«, sagte Anne. »Kann man ja nicht ahnen, dass das alles Psychopathinnen sind.«
»Meinst du, wir würden auch nicht merken, wenn unsere Kinder sexuell missbraucht würden?«
»Ich weiß nicht«, sagte Anne. »Ich bilde mir ein, ich würde es merken. Aber vielleicht ist das ja anmaßend. Wer rechnet schon mit so etwas?«
»Niemand. Dieser widerliche Klavierlehrer. Das arme Mädchen«, sagte ich. »Meinst du, sie hat es ihren Eltern schon gesagt?«
»Die sind jetzt sicher schon auf der Polizeiwache«, sagte Anne. »Und die Hyänen von der Mütter-Society suchen den Klavierlehrer heim und machen ihn fertig, wie sich das für eine schlagende Verbindung gehört. Der kann einem eigentlich Leid tun.«
»Meinst du, die kastrieren den?«, fragte ich hoffnungsvoll.
»Ich würde es jedenfalls tun. Wenn dieser Kerl deine Tochter angegrabscht hätte, würde ich ihm alles abschneiden.«
»Gut zu wissen. Ich hatte es nicht gemerkt, aber wir sind ja längst unser eigenes Mütter-Netzwerk, du und ich.«
»Genau. Wir sind unsere eigene Mütter-Mafia. Du und ich und Mimi. Die wird mal eine prima Mutter abgeben. Und deine Freundin Trudi gehört natürlich auch dazu. Gestern hat sie mir gesagt, dass sie bereits jede Menge Kinder hatte. In ihren vorigen Leben. Es müssen ein paar echte Satansbraten dabei gewesen sein, denn sie sagt, in diesem Leben muss sie das nicht nochmal haben. Wir bilden ein super Netzwerk, wir vier.«
»Ja, und wir sparen uns dieses Zickengetue, wir sind viel origineller als diese Obermamis.«
»Genau«, sagte Anne. »Wir brauchen
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