Die Mumie
Schreibtisch aus, der in der Ecke des Zimmers stand.
»Danke, Alex. Man vergißt doch nicht, wie wichtig es ist, daß man lügen kann. Ein kluger Mensch sollte einmal ein Hand-buch für das Lügen schreiben. Und dabei alle Gelegenheiten aufzählen, bei denen das Lügen eine barmherzige Tat ist.«
»Vater, ich lasse dich nicht alleine ausgehen.« Elliott widmete sich wieder der Arbeit, die getan werden mußte. Das Bad und die kurze Ruhepause hatten viel dazu beigetragen, daß er wieder bei Kräften war, obwohl er nicht wirklich tief geschlafen hatte. Er hatte Zeit gehabt zu überlegen, was er tun wollte. Er hatte eine Entscheidung getroffen, obwohl er kaum zu hoffen wagte, daß sein Plan gelingen würde. Dennoch mußte er es versuchen. Wenn Samir nur Ramses gefunden hatte. Aber das Verhalten des Mannes hatte darauf hingedeutet, daß er wußte, wo sich Ramses aufhielt.
Er klebte den letzten der drei Umschläge zu, die er gerade adressiert hatte, und wandte sich an seinen Sohn.
»Du wirst genau das tun, was ich dir gesagt habe«, sagte er nachdrücklich. »Wenn ich bis morgen mittag nicht zurück bin, gibst du diese Briefe auf. An deine Mutter und an Randolph.
Und verlasse Kairo so schnell du kannst. Und jetzt gib mir den Gehstock. Meinen Mantel brauche ich auch. Wenn es dunkel ist, ist es so verdammt kalt in dieser Stadt.«
Walter holte unverzüglich den Gehstock. Er trug einen Mantel über dem Arm. Diesen legte er Elliott über die Schultern.
»Vater«, flehte Alex, »beim gütigen…«
»Auf bald, Alex. Vergiß nicht, Julie braucht dich. Sie braucht dich hier.«
»Sire, es ist schon nach sechs«, sagte Samir. »Ich muß Ihnen zeigen, wie Sie diesen Club finden.«
»Ich finde ihn allein, Samir«, antwortete Ramses. »Geht ins Hotel zurück, alle beide. Ich muß mit eigenen Augen sehen, was los ist. Und dann lasse ich euch so schnell ich kann eine Nachricht zukommen.«
»Nein«, sagte Julie. »Laß mich mit dir gehen.«
»Unmöglich«, sagte Ramses. »Das ist viel zu gefährlich. Und außerdem ist das allein meine Sache.«
»Ramses, ich verlasse dich nicht«, beharrte Julie.
»Julie, wir müssen jetzt gehen«, sagte Samir. »Wir müssen im Hotel sein, bevor sie anfangen, nach uns zu suchen.«
Ramses erhob sich langsam. Er wandte sich vom flackernden Licht der Kerze ab, die mittlerweile die einzige Lichtquelle in dem dunklen Raum war. Jetzt hob er die Hände wie zum Gebet. Wie er so da stand, mit einem kleinen Lichtschein in seinen Augen, sah er aus wie ein Moslem in der Moschee.
»Julie«, sagte er, während er sich mit einem tiefen Seufzer zu ihr umdrehte. »Wenn du jetzt nach England zurückkehrst, kannst du immer noch dein altes Leben wieder aufnehmen.«
»Nein, bitte nicht, du tust mir weh, Ramses!« sagte sie. »Du kränkst mich. Liebst du sie, Ramses? Liebst du dieses Ding, das du aus dem Grab geholt hast?«
Das hatte sie nicht sagen wollen. Sie verstummte, und jetzt war sie es, die sich abwandte.
»Du weißt, daß ich dich liebe, Julie Stratford«, flüsterte er.
»Ich habe dich vom ersten Augenblick an geliebt. Ich habe riskiert entdeckt zu werden, um dich zu retten. Und ich will deine Liebe jetzt.«
»Dann sprich nicht davon, daß ich dich verlassen soll«, sagte sie mit brechender Stimme. »Ramses, wenn ich dich verlieren würde, wäre mein Leben ruiniert.«
»Bei meiner Ehre, du wirst mich wiedersehen.«
Er nahm sie in die Arme.
»Meine Geliebte, meine tapfere Geliebte«, flüsterte er und liebkoste sie. »Ich brauche euch mehr, als ich euch sagen kann.«
»Mögen die alten Götter mit Ihnen sein, Sire«, flüsterte Samir.
»Wir werden die Minuten zählen, bis wir eine Nachricht von Ihnen erhalten.«
Nur ein schwaches Licht erleuchtete Winthrops Büro. Der Bericht auf seinem Schreibtisch war niederschmetternd. Der junge Beamte, der vor ihm stand, wartete auf seine Befehle.
»Und Sie sagen, sein Kopf war zerschmettert?«
»Und das Genick gebrochen. Wie bei der Putzfrau im Museum. Sein ganzes Geld war fort, aber der Paß lag im Sand.«
»Verdoppeln Sie die Wachen im Shepheard«, sagte Winthrop.
»Und bringen Sie unverzüglich den Earl of Rutherford her. Wir wissen, daß er da ist. Es ist mir gleich, was sein Sohn sagt.
Wir haben ihn reingehen sehen.«
Elliott stahl sich rasch durch die Hintertür hinaus und machte das linke Bein steif, um das Knie zu entlasten. Er überquerte den dunklen Parkplatz und ging in Richtung Altstadt. Erst als er zwei Straßen vom Shepheard
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