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Die Mumie

Die Mumie

Titel: Die Mumie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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Cousin. Er und sein Vater sind meine einzige Familie. Und wenn etwas getan wird, dann vor einem ordentlichen Gericht.«
    »Du schwebst in Gefahr, Julie Stratford«, sagte er zu ihr.
    »Ramses, ich bin hier keine Königin. Ich kann nicht ohne die anderen entscheiden.«
    »Aber ich bin ein König und werde es immer sein. Mein Gewissen kann diese Last ertragen. Laß mich handeln, wenn ich es für richtig halte.«
    »Nein!« flüsterte sie. Sie sah flehend zu ihm auf. Er drückte sanft den Arm an sie, als wollte er sie umarmen. Sie hielt still.
    »Versprich mir, daß du nichts unternehmen wirst. Wenn du etwas tust, wird es auch mein Gewissen belasten.«
    »Er hat deinen Vater getötet.«
    »Wenn du ihn tötest, tötest du auch die Tochter meines Vaters«, sagte sie.
    Es herrschte einen Augenblick Stille, während er sie lediglich verwundert ansah, so schien es ihr. Sie spürte seinen Arm auf dem ihren. Dann zog er sie dicht an sich, ihre Brüste berührten seine Brust, und küßte sie. Eine alles verzehrende Hitzewelle erfaßte sie. Sie hob die Hände, um ihn wegzustoßen, und stellte fest, daß sich ihre Finger in seinem Haar vergraben hatten. Zärtlich liebkoste sie seinen Kopf. Fassungslos wich sie zurück.
    Einen Augenblick lang konnte sie nicht sprechen. Ihr Gesicht war gerötet, ihr Körper weich und verletzlich. Sie machte die Augen zu. Sie wußte, wenn er sie wieder anfaßte, war sie in seiner Hand. Wenn sie nichts unternahm… würde sie hier in der Droschke mit ihm schlafen.
    »Was hast du gedacht, was ich bin, Julie?« fragte er. »Ein Geist? Ich bin ein unsterblicher Mann.«
    Als er sie wieder küssen wollte, wich sie zurück und hob die Hand.
    »Sollen wir wieder von Henry sprechen?« fragte er. Er nahm ihre Hand, hielt sie fest, küßte ihre Finger. »Henry weiß, was ich bin. Er hat gesehen, wie ich mich bewegt habe, weil ich dir das Leben retten wollte, Julie. Er hat mich gesehen. Und es besteht kein Grund, ihn mit diesem Wissen leben zu lassen. Er ist böse und hat den Tod verdient.«
    Er wußte, daß sie sich kaum auf die Worte konzentrieren konnte, die er sprach. Plötzlich machte es sie wütend – seine Lippen, die über ihre Finger strichen, seine blauen Augen, die wie Lichter in der düsteren Droschke blitzten.
    »Henry hat sich mit dieser Geschichte zum Narren gemacht«, sagte sie. »Und er wird nicht noch einmal versuchen, mir etwas anzutun.« Sie entzog ihm die Hand und sah zum Fenster hinaus. Sie ließen das traurige, elende Armenviertel hinter sich. Gott sei Dank.
    Langsam und nachdenklich hob er die Schultern.
    »Henry ist ein Feigling«, sagte sie. Sie hatte sich wieder unter Kontrolle. »Ein schrecklicher Feigling. Wie er Vater ermordet hat, so ein Feigling.«
    »Feiglinge können gefährlicher sein als tapfere Männer, Julie«, sagte er.
    »Tu ihm nichts!« flüsterte sie. Sie drehte sich um und sah ihn an. »Um meinetwillen, überlaß ihn Gott. Ich kann nicht sein Richter und Henker sein!«
    »Wie eine Königin«, sagte er. »Und weiser als die meisten Königinnen.«
    Er senkte langsam den Kopf, um sie wieder zu küssen. Sie wußte, daß sie sich hätte abwenden sollen, aber sie tat es nicht. Wieder strömte die Wärme durch sie hindurch und machte sie vollkommen hilflos. Als sie sich abwandte, wollte er sie festhalten, aber ihr Widerstand siegte.
    »Ein Gast an deinem Hofe«, sagte er mit einer knappen Ge-bärde des Verstehens, »meine Königin.«

    Es bereitete Elliott keine großen Schwierigkeiten, Rita zu überreden. Noch während sie ihn anflehte, doch zu verstehen, daß ihre Herrin nicht zu Hause war und er ein andermal wiederkommen mußte, ging er an ihr vorbei ins Ägyptische Zimmer.
    »Ja, diese wunderbaren Schätze. Alle Zeit der Welt würde nicht ausreichen, sie zu bewundern. Bringen Sie mir ein Glas Sherry, Rita. Ich bin müde, habe ich festgestellt. Ich werde mich einen Moment ausruhen, bevor ich wieder nach Hause fahre.«
    »Ja, Sir, aber…«
    »Sherry, Rita.«
    »Ja, Sir.«
    Wie ängstlich und blaß sie aussah. Und welch ein Durcheinander die Bibliothek bot. Überall lagen Bücher verstreut. Er betrachtete den Tisch im Wintergarten. Von hier aus konnte er sehen, daß Wörterbücher auf dem Korbtisch gestapelt waren und Zeitungen und Zeitschriften um die Stühle herum.
    Lawrences Tagebuch lag, wie er gehofft hatte, hier auf dem Schreibtisch. Er schlug es auf, um sich zu vergewissern, daß er das richtige in Händen hielt, und schob es unter den Mantel.
    Er betrachtete den

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