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Die Mumie

Die Mumie

Titel: Die Mumie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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Mumie‹ gemacht hat?«
    »Welche Behauptungen?« fragte Julie argwöhnisch. »Ich weiß nicht, was du meinst.«
    »Du weißt es. Du hast es mir selbst erzählt«, antwortete Elliott.
    »Und dann war da das Tagebuch deines Vaters, das ich auf deine Bitte hin gelesen habe. Die Behauptung der Mumie, unsterblich zu sein und Kleopatra geliebt zu haben.«
    Ramses sah auf seinen Teller hinab. Er brach ein Hühnerbein ab und verschlang die Hälfte davon mit zwei gezierten Bissen.
    »Das Museum wird diese Texte untersuchen müssen«, sagte Samir. »Es ist zu früh, Schlüsse zu ziehen.«
    »Ist das Museum einverstanden damit, daß du die ganze Sammlung in Mayfair eingeschlossen hast?« fragte Elliott.
    »Offen gesagt«, meinte Alex, »für mich hat sich die ganze Sache völlig absurd angehört. Romantischer Quatsch. Ein unsterbliches Wesen, das tausend Jahre lebt und sich dann unglücklich in Kleopatra verliebt. Kleopatra!«
    »Ich bitte um Vergebung«, sagte Ramses. Er verschlang den Rest des Huhns und wischte sich wieder die Finger ab. »In Ihrem berühmten Oxford haben sie auch Negatives über Kleopatra gesagt.«
    Alex lachte unverblümt und fröhlich.
    »Man muß nicht nach Oxford gehen, um Negatives über Kleopatra zu hören. Herrje, sie war die Hure der Antike, eine Ver-schwenderin, Verführerin und eine hysterische Frau.«
    »Alex, ich will nichts mehr von diesem Pennälergeschichtswis-sen hören!« sagte Julie.
    »Sie sind sehr vielseitig, junger Mann«, sagte Ramses mit einem kalten Lächeln. »Wofür interessieren Sie sich jetzt?«
    Es herrschte Schweigen. Julie kam nicht umhin, Elliotts eigentümlichen Gesichtsausdruck zu bemerken.
    »Nun«, sagte Alex, »wenn Sie ein Unsterblicher wären – ein Unsterblicher und ehemals ein großer König, hätten Sie sich dann in eine Frau wie Kleopatra verliebt?«
    »Beantworte die Frage, Alex«, sagte Julie. »Was interessiert dich? Sicherlich nicht Geschichte, auch nicht Ägyptologie und nicht Politik. Warum glaubst du, möchtest du morgens aufwachen?« Sie konnte spüren, wie ihr das Blut ins Gesicht stieg.
    »Ja, ich hätte mich in Kleopatra verliebt«, sagte Ramses. »Sie hätte einen Gott bezaubern können. Lesen Sie zwischen den Zeilen Ihres Plutarch. Dort steht die Wahrheit.«
    »Und was ist die Wahrheit?« fragte Elliott.
    »Daß sie eine brillante Denkerin war. Sie besaß eine Begabung für Sprachen und für das Regieren, das jeglicher Vernunft trotzte. Die größten Männer der Zeit erwiesen ihr die Ehre. Sie war in jedem Sinne des Wortes eine königliche Seele. Was glauben Sie, weshalb Ihr Shakespeare über sie geschrieben hat? Warum nennen Ihre Schulkinder ihren Namen?«
    »Ach, jetzt machen Sie aber halblang. Göttliches Recht?« sagte Alex. »Sie machen eine viel bessere Figur, wenn Sie sich über die marxistische Theorie auslassen.«
    »Und die wäre?«
    »Alex«, sagte Julie schneidend. »Du würdest einen Marxisten nicht erkennen, wenn er dir ins Gesicht schlagen würde.« »Sie müssen verstehen, Mylord«, sagte Samir zu Alex, »daß wir Ägypter unsere Geschichte sehr ernst nehmen. Kleopatra war in jeder Hinsicht eine bemerkenswerte Königin.«
    »Ja, gut gesprochen«, sagte Ramses. »Und Ägypten könnte jetzt wieder eine Kleopatra brauchen, um die britische Herrschaft abzuschütteln. Sie würde Ihre Soldaten davonjagen, dessen können Sie sicher sein.«
    »Aha, sieh an, ein Revolutionär. Und was ist mit dem Suezkanal? Ich nehme an, dazu würde sie ›Nein, danke‹ sagen? Sie wissen doch, was der Suezkanal ist, oder nicht! Nun, britisches Geld hat dieses kleine Wunder ermöglicht, mein Freund. Ich hoffe, Sie begreifen das.«
    »O ja, der kleine Graben, den Sie zwischen dem Roten Meer und dem Mittelmeer gegraben haben. Haben Sie die Sklaven in der heißen Sonne ausgepeitscht, um diesen Graben auszu-heben? Sagen Sie es mir?«
    »Touché, alter Junge, touché. Ich muß gestehen, ich habe nicht die leiseste Ahnung.« Alex lehnte sich zurück und lächelte Henry zu. »Das war ein überaus anstrengendes Dinner.«

    Henry starrte ihn mit denselben ausdruckslosen glasigen Augen an, mit denen er alles um sich herum betrachtete.
    »Sagen Sie mir, Mr. Ramsey«, sagte Elliott. »Ganz ehrlich. Ist diese Mumie wirklich Ramses der Große? Ein Unsterblicher, der bis zu Kleopatras Zeit gelebt hat?«
    Alex lachte leise. Wieder sah er zu Henry, und dieses Mal schockierte ihn Henrys Zustand. Er wollte gerade etwas sagen, als Ramses antwortete.
    »Und was glauben Sie, Lord

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