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Die Muschelsucher

Die Muschelsucher

Titel: Die Muschelsucher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rosamunde Pilcher
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nett, mit Ihnen zu reden. Wiedersehen.« Sie legte auf. Richard behielt den summenden Hörer noch einen Moment in der Hand, ehe er einhängte.
    Er sagte: »Eine Dame, die wenig Worte macht und rasche Entscheidungen trifft«, und dann nahm er sie in die Arme und küßte sie. Während sie dort in der engen stickigen Telefonzelle stand, glaubte sie zum erstenmal wirklich, daß es geschehen würde. Sie würden zusammen fortfahren, nicht in Urlaub, wie das schreckliche Wort lautete, das sie beim Militär benutzten, sondern in die Ferien.
    »Nichts kann dazwischenkommen, nicht wahr, Richard?
    Nichts kann schiefgehen?«
    »Nein.«
    »Wie sollen wir dorthin kommen?«
    »Wir müssen uns was einfallen lassen. Vielleicht mit der Eisenbahn bis Truro, und dann mit einem Taxi.«
    »Aber würde es nicht mehr Spaß machen, mit dem Auto zu fahren?« Ihr kam ein glänzender Einfall. »Wir nehmen einfach den Bentley. Papa wird uns den Bentley leihen.«
    »Hast du nicht etwas vergessen?«
    »Was denn?«
    »Die Kleinigkeit mit dem Benzin.«
    Sie hatte es in der Tat vergessen. Sie überlegte kurz und dann entgegnete sie: »Ich werde mit Mr. Grabney sprechen.«
    »Und was wird er tun?«
    »Er wird uns Benzin besorgen. Irgendwo. Irgendwie. Notfalls auf dem schwarzen Markt.«
    »Warum sollte er das tun?«
    »Weil er mein Freund ist und weil ich ihn mein Leben lang gekannt habe. Du hättest doch nichts dagegen, mit mir in einem geliehenen Bentley, der mit Schwarzmarktbenzin gefüllt ist, nach Roseland zu fahren?«
    »Nein. Vorausgesetzt, ich habe eine schriftliche Garantie, daß wir nicht im Gefängnis landen werden.«
    Sie lächelte. Ihre Phantasie eilte voraus. Sie sah sich schon mit Richard am Steuer und ihrem Gepäck auf dem Rücksitz zwischen den hohen Hecken gemütlich nach Süden gondeln. Sie sagte: »Weißt du was? Wenn wir losfahren, wird wieder Frühling sein.«
    Es war ein verwunschenes, schwer zu findendes Haus in einem entlegenen und unzugänglichen Winkel einer Gegend, die sich ihr Aussehen - und ihre Bräuche - seit Jahrhunderten unverändert bewahrt hatte. Durch dichte Gehölze vor Blicken geschützt, war es von der Straße aus nicht zu sehen, zumal die ausgefahrene Zufahrt auf beiden Seiten mit hohen Hortensienbüschen bewachsen war. Es war ein uraltes, schlichtes Gemäuer, und man hatte im Lauf der Zeit Anbauten, Schuppen und Ställe und eine hohe Mauer hinzugefügt, die alle von Efeu und anderen grünen Kletterpflanzen bedeckt waren. An den schattigen Stellen gab es Moos und Farne. Der Garten, der zur Hälfte naturbelassen und zur anderen Hälfte angelegt war, führte in einer Reihe von Rasenflächen und terrassenartigen Abstufungen zu einem gewundenen Flüßchen mit baumbestandenen Ufern hinunter, das dem Wechsel der Gezeiten unterworfen war. Schmale Wege lockten zwischen Büschen und Kamelien, Azaleen und kalifornischen Alpenrosen. Das wildwuchernde Gras am Wasser war gelb von wilden Narzissen, und an einem altersschwachen Steg lag ein kleines Dingi.
    Die Glyzinie an der Fassade des Hauses hatte noch nicht geblüht, aber sonst blühte es schon überall. An der Terrasse stand eine wilde Kirsche, und bei jedem Windhauch lösten sich einige weiße Blütenblätter und trieben wie Schneeflocken dahin.
    Mrs. Brick war vereinbarungsgemäß da, um sie zu empfangen. Als der alte Bentley hinten am Haus vorfuhr und mit einem dankbaren Ächzen hielt, kam sie bereits aus der Tür. Sie hatte zerzaustes weißes Haar, ein Glasauge und trug dicke Strümpfe und eine Schürze um die Taille.
    »Major Lomax und Mrs. Lomax, ja?«
    Penelope sagte nichts zu der Anrede, aber Richard schien sie ganz selbstverständlich zu finden. »Ja.« Er stieg aus dem Wagen. »Und Sie sind sicher Mrs. Brick.« Er trat mit ausgestreckter Hand zu ihr.
    Nun war Mrs. Brick außer Fassung. Sie wischte sich rasch die gerötete Hand an der Schürze ab, ehe sie seine nahm. »Ja.« Es war schwer zu entscheiden, in welche Richtung das Glasauge blickte. »Ich bin nur geblieben, um Ihnen alles zu zeigen. Mrs. Bradburys Bitte. Ich werde morgen nicht da sein. Haben Sie Ihr Gepäck?«
    Sie folgten ihr in die Diele, die mit Schieferplatten belegt war, und sahen eine geschwungene Steintreppe, die zum oberen Stock führte. Die Stufen waren abgetreten von jahrzehntelanger Benutzung, und es roch ein bißchen feucht und modrig, aber nicht unangenehm. Ein Geruch, der entfernt an Antiquitätenläden erinnerte. »Ich führ Sie nur schnell rum. Eßzimmer und Salon. mit Schonbezügen.

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