Die Muschelsucher
hatte das Gefühl, diese Bewegung schon einmal bei irgend jemandem gesehen zu haben, aber diesmal war sie innerlich gewappnet, und ihr Herz setzte nicht aus. Die Geste erfüllte sie einfach mit Freude. »Sie scheinen zu schwitzen«, sagte sie. Er nickte. »Beim Umgraben bleibt das nicht aus.«
»Das Essen ist um zwölf fertig.«
»Vielen Dank. Ich komme dann rein.«
Er grub weiter. In den Zweigen des nächststehenden Baums hüpfte ein Rotkehlchen herum, sicher nicht nur, um Würmer zu suchen, sondern auch um der Gesellschaft willen, vermutete Penelope. Rotkehlchen waren wunderbar gesellige Tiere. Sie wandte sich ab und ließ ihn weiterarbeiten, und auf dem Rückweg zum Haus hielt sie inne und pflückte rasch einen kleinen Strauß Schlüsselblumen. Die Blüten waren samten und hatten einen intensiven Duft und erinnerten sie an die blassen Himmelsschlüssel, mit denen die Hecken in Cornwall an der wettergeschützten Seite gesäumt gewesen waren, wenn es für die anderen Pflanzen noch zu winterlich gewesen war. Ich muß bald hinfahren, sagte sie sich. Der Frühling in Cornwall ist eine verzauberte Zeit. Ich muß bald hinfahren, sonst wird es zu spät sein.
Sie sagte: »Danus, was machen Sie eigentlich so am Wochenende?«
Heute setzte sie ihm gekochten Schinken, gebackene Kartoffeln und Blumenkohlauflauf vor, und zum Nachtisch gab es Marmeladetörtchen und einen Eierpudding. Kein Imbiß, sondern eine richtige Mahlzeit, und während sie ihm gegenübersaß und aß, fragte sie sich, ob sie aufgehen würde wie eine Dampfnudel, wenn das so weiterginge.
»Nicht viel.«
»Ich meine, arbeiten Sie am Wochenende auch für jemanden?«
»Manchmal gehe ich sonnabends morgens zum Filialleiter der Bank in Pudley. Er spielt lieber Golf, als im Garten zu arbeiten, und seine Frau wird nicht mit dem Unkraut fertig.« Penelope lächelte. »Der Ärmste. Und sonntags?«
»Sonntags habe ich frei.«
»Würde es Ihnen etwas ausmachen, den Tag über herzukommen. zum Arbeiten, meine ich. Ich werde Sie bezahlen und nicht Autogarden. Ich finde es gerechter, weil es um etwas anderes geht als Gartenarbeit.«
Er sah sie überrascht an und fragte nach einer Weile: »Und was soll ich tun?«
Sie erzählte ihm von dem Speicher und von Noel. »Wissen Sie, der Boden steht voll von altem Gerumpel, und es muß alles nach unten gebracht und sortiert werden. Er kann es unmöglich alleine schaffen. Ich dachte, wenn Sie kommen könnten und ihm etwas zur Hand gehen, wäre es eine große Hilfe.«
»Sicher, gern. Aber nicht für Geld. Sie brauchen mir nichts zu zahlen.«
»Aber. «
»Nein«, sagte er fest. »Nicht für Geld. Wann soll ich da sein?«
»Morgens. sagen wir, gegen neun Uhr.«
» Gut.«
»Wir werden eine richtige Lunchgesellschaft haben. Noel bringt eine junge Bekannte von mir mit, die ein paar Wochen bleiben wird. Sie heißt Antonia.«
»Ich nehme an, Sie freuen sich, sie hier bei sich zu haben.«
»Ja.«
»Dann haben Sie ein wenig Gesellschaft.«
Nancy war keine große Zeitungsleserin. Wenn sie zum Einkaufen ins Dorf mußte, was fast jeden Morgen der Fall war, weil sie und Mrs. Croftway schreckliche Kommunikationsprobleme hatten und ständig etwas auszugehen schien, Butter oder Pulverkaffee oder auch Fertigsoßen, schaute sie gewöhnlich im Zeitungsladen vorbei und kaufte die Daily Mail oder die Woman’s Own, um bei einem Sandwich und Schokoladenkeksen, aus denen ihr Mittagessen bestand, darin zu blättern, aber die Times war immer erst abends da, wenn George sie in seiner Aktentasche mitbrachte. Donnerstags hatte Mrs. Croftway frei, so daß Nancy in der Küche war, als George heimkam. Es gab Fischfrikadellen, die Mrs. Croftway bereits geknetet hatte, aber Croftway hatte einen Korb mit unappetitlichem Rosenkohl auf den Tisch gestellt, der zu lange an den Strünken gehangen hatte und deshalb bitter schmecken würde, und sie stand am Spülbecken, entfernte die vielen ungenießbaren Blätter und dachte daran, daß die Kinder ihn bestimmt nicht essen würden, als sie den Wagen kommen hörte. Kurz darauf wurde die Küchentür zum Garten geöffnet, und ihr Mann, der in seiner überkorrekten Kleidung noch unscheinbarer aussah als sonst, kam herein. Sie hoffte, daß er keinen schlechten Tag gehabt hatte, denn wenn das der Fall war, ließ er es oft an ihr aus. Sie blickte auf und lächelte maskenhaft. George machte fast nie ein fröhliches Gesicht, und es war wichtig, sich nicht von seinem ewigen Mißmut anstecken zu lassen und die
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